Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. vermögenswirksame Leistungen. Arbeitgeberanteil bzw -zuschuss als zweckbestimmte Einnahme. keine Absetzung der Eigenleistungen vom Einkommen
Orientierungssatz
1. Der Arbeitgeberanteil bzw -zuschuss zu den vermögenswirksamen Leistungen ist eine zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2 und nicht gem § 11 Abs 1 SGB 2 als Einkommen zu berücksichtigen.
2. Die von erwerbstätigen Hilfebedürftigen monatlich erbrachten Eigenleistungen im Rahmen der vermögenswirksamen Leistungen können nicht gem § 11 Abs 2 SGB 2 vom Einkommen abgesetzt werden, denn diese Eigenleistungen sind in den dort aufgezählten Privilegierungstatbeständen nicht genannt.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 14. Mai 2009 sowie die Bescheide des Beklagten vom 23.Juli 2008 und 17. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.Oktober 2008 insoweit abgeändert, als der Beklagte verpflichtet ist, bei der Berücksichtigung des Einkommens der Klägerin den Anteil des Arbeitgebers zu den vermögenswirksamen Leistungen abzuziehen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat ein Zehntel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch- Zweites Buch: Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) ab 1. Juni 2008 bis 30. November 2008 und dabei besonders die Frage im Streit, in welcher Höhe Einkommen der Klägerin bei der Berechnung anzusetzen ist.
Die 1968 geborene Klägerin stand bis zum 31. Mai 2008 im Bezug von Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch: Arbeitsförderung (SGB III). Am 16. Mai 2008 beantragte sie für sich und ihren bei ihr lebenden, 1997 geborenen Sohn IO. Leistungen nach dem SGB II mit Wirkung zum 1. Juni 2008 unter Hinweis darauf, dass sie ab diesem Zeitpunkt an fünf Tagen pro Woche eine Halbtagsbeschäftigung bei der EG.-AG als Sekretärin mit einem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von 1066,00 €, netto 829,98 €, ausübe, bei der monatliche Fahrtkosten in Höhe von 120,- € (0,30 € x 20 Tage x 20 km) anfielen. Die entsprechenden Kosten für TÜV, AU, Inspektionen, Reparaturen und die Kfz- Steuer seien im Übrigen ebenfalls einkommensmindernd zu berücksichtigen. Für ihre Kfz-Versicherung zahle sie jährlich 94,- €, ihre Kfz-Haftpflichtversicherung koste monatlich 15,90 €. Anstelle der Arbeitsmittelpauschale mache sie konkrete Arbeitsmittel geltend. Sie habe häufig mit Kunden Kontakt und Repräsentationsverpflichtungen, weshalb sie sich entsprechend der Kleiderordnung an ihrem Arbeitsplatz geschäftsmäßig kleiden und zurechtmachen müsse, was monatliche Kosten von ca. 110,- € verursache (Friseur und Kosmetik 50,- €; Kleidung 60,- €). Für ihren Sohn erhalte sie 258,- € an Kindesunterhalt und 154,- € an Kindergeld. Die Miete belaufe sich auf 375,- € zuzüglich Neben- und Heizkosten von insgesamt 125,- €. Für Juni 2008 benötige sie volle Leistungen nach dem SGB II und zusätzlich einen Zuschuss in Höhe von 200,- € zum Kauf der Grundausstattung an Arbeitskleidung. Auf den Antragsschriftsatz ihres Bevollmächtigten im Einzelnen wird Bezug genommen (Blatt 1 ff. der Verwaltungsakte - VerwA).
Ein bereits am 25. Mai 2008 beim SG Marburg beantragtes Eilverfahren gegen den Beklagten in Bezug auf die Gewährung vorläufiger Leistungen nach dem SGB II und einer Eingliederungshilfe in Höhe von 200,00 € in Bezug auf die von ihr anzuschaffenden Kleidungsstücke endete mit gerichtlichem Vergleich vom 11. Juni 2008 damit, dass sich der Beklagte verpflichtete, der Klägerin bis August 2008 Leistungen nach dem SGB II vorläufig und darlehensweise in gesetzlicher Höhe zu erbringen (Blatt 188 ff. VerwA).
Mit Bescheid vom 18. Juni 2008 gewährte der Beklagte der Klägerin sodann Leistungen nach dem SGB II für Juni 2008 in Höhe von 674,75 € in Form eines Darlehens nach § 23 Abs. 5 SGB II; auf Blatt 198 ff. der Verwaltungsakte wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 23. Juli 2008 wurden der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum Juni 2008 in Höhe von 675,89 € bzw. für den Zeitraum Juli und August 2008 in Höhe von jeweils 107,28 € darlehensweise gemäß § 23 Abs. 5 SGB II gewährt. Dabei wurde das Einkommen der Klägerin entsprechend der vorgelegten Gehaltsabrechnung mit 866,66 € netto und Fahrtkosten in Höhe von 59,22 € (0,20 € x 21 Werktage x 14,1 km) berücksichtigt, die Arbeitsmittelpauschale in Höhe von 15,33 €, der Erwerbsfreibetrag in Höhe von 170,60 € und daneben noch Ausgaben für die Haftpflichtversicherung in Höhe von 15,90 € nebst Versicherungspauschale in Höhe von 30,- € abgezogen. Ein in der Gehaltsbescheinigung ausgewiesener Abzug für Vermögensbildung in Höhe von 40,- Euro wurde dem Nettoeinkommen zugerechnet. Auf Blat...