Entscheidungsstichwort (Thema)

Begrenzung prozessualer Möglichkeiten nach einem durch angenommenem Anerkenntnis abgeschlossenem Verfahren

 

Orientierungssatz

1. Für einen Antrag auf Fortführung des Verfahrens wegen eines vermeintlich unwirksamen Teilanerkenntnisses fehlt es an dem erforderlichen Rechtschutzbedürfnis, wenn das Landessozialgericht im anschließenden Berufungsverfahren die Klage in vollem Umfang abgewiesen hat.

2. Ein Anerkenntnis ist wegen der Unzuständigkeit des Leistungsträgers, der das Anerkenntnis abgegeben hat, regelmäßig nur dann unwirksam, wenn ein entsprechender Verwaltungsakt nichtig wäre.

3. Die Unwirksamkeit eines angenommenen Anerkenntnisses kann sich aus einer Anfechtung nicht ergeben, weil die Annahme des Anerkenntnisses wie dessen Abgabe als reine Prozesshandlung nicht anfechtbar ist (BSG Urteil vom 8. 9. 2015, B 1 KR 1/15 R).

4. Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann nach § 179 Abs. 1 SGG entsprechend den Vorschriften des 4. Buches der ZPO wieder aufgenommen werden. Kann der Kläger einen Restitutionsgrund nicht schlüssig behaupten, so ist die Klage unzulässig.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 15.01.2020; Aktenzeichen B 4 AS 16/20 BH)

 

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass das Verfahren vor dem Senat mit dem Aktenzeichen L 6 AS 8/08 vollständig beendet ist.

Die hilfsweise erhobene Restitutionsklage wird abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander Kosten nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger zielt auf die Fortführung eines Verfahrens, das zunächst vor dem Sozialgericht Marburg unter dem Aktenzeichen S 5 AS 82/05, dann vor dem Senat unter dem Aktenzeichen L 6 AS 8/08 und schließlich vor dem Bundessozialgericht unter dem Aktenzeichen B 4 AS 18/12 B geführt wurde. In der Sache geht es ihm - jedenfalls im Kern und wie in anderen von ihm angestrengten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nicht nur im Verhältnis zum hiesigen Beklagten - um die Förderung einer Ausbildung, die jedenfalls bei der ursprünglichen Antragstellung als Ausbildung zum Diplom-Betriebswirt (FH) im Berufsförderungswerk (BfW) D-Stadt angeboten wurde.

Nach Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende beantragte der Kläger mit Schreiben vom 20. Januar 2005 eine entsprechende Förderung als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben bei dem Beklagten, von dem er seit dem 1. Januar 2005 laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) erhielt. Dieser verwies auf ein nicht abgeschlossenes Verfahren wegen der Ablehnung entsprechender Leistungen durch die Bundesagentur für Arbeit, die weiterhin zuständig sei; demgegenüber hielt der Kläger an der Zuständigkeit (auch) des Beklagten fest.

Mit Bescheid vom 7. Juni 2005 bewilligte dieser dem Kläger im Übrigen Arbeitslosengeld II für die Zeit von Juni bis einschließlich November 2005, ohne dabei einen vom Kläger begehrten Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung zu berücksichtigen. Hiergegen legte dieser Widerspruch ein, wobei er auch in diesem Zusammenhang wiederum die Eingliederungsproblematik thematisierte.

Der Kläger hat sodann mit Schreiben vom 2. September 2005 „Untätigkeits- und Verpflichtungsklage“ zum Sozialgericht Marburg erhoben, wobei er beantragt hat,

1.

den Beklagten zu verpflichten, ihm „die beantragte Ausbildung zum Dipl. Betriebswirt (FH) im BfW D-Stadt vollumfänglich zu gewähren“,

2.

den Beklagten zu verpflichten, ihn „unverzüglich im BfW D-Stadt für die Ausbildung zum Dipl. Betriebswirt (FH) anzumelden“,

3.

den Beklagten zu verpflichten, „den Zustand im Wege des Herstellungs- und Folgenbeseitigungsanspruchs herbeizuführen, der bei sach- und rechtmäßiger Beratung und Leistungserbringung seit 1996 eingetreten wäre“, und

4.

festzustellen, dass „der Beklagte auch Träger für Leistungen zur Teilhabe i.S.d. § 6 Abs. 1 SGB IX ist, und verpflichtet ist umfassend Leistungen zur Teilhabe behinderter Menschen zu erbringen“.

Nachdem der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 7. Juni 2005 durch Widerspruchsbescheid vom 7. November 2005 zurückgewiesen hatte, hat der Kläger seine Klage durch Schreiben vom 9. Dezember 2005 erweitert und zusätzlich beantragt,

5.

den Bescheid über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 7. Juni 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2005, zugestellt am 10. November 2005, aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, antragsgemäß Leistungen zu erbringen,

6.

den Beklagten zu verpflichten, es „künftig zu unterlassen, geschützte Sozialdaten widerrechtlich an Dritte zu leiten“,

7.

den Beklagten zu verpflichten, ihm „denjenigen Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, zu ersetzen“,

8.

festzustellen, dass „der Beklagte widerrechtlich geschützte Daten an die Staatsanwaltschaft am LG Marburg, und an das Gesundheitsamt des Landkreises Marburg-Biedenkopf [weitergeleitet hat]“ und

9.

festzustellen, dass „die Einholung eines Gutachtens durch das Kreisgesundheitsamt des Beklagten rechtswidrig ist, und jenes Guta...

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