Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe. Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung. keine rückwirkende Anwendung der ab 1.1.2003 verkürzten Sperrzeitdauer. Rechtsanwendung nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts
Leitsatz (amtlich)
Nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts ist für die Beurteilung des Eintritts einer Sperrzeit, seiner Wirkungen und Folgen das Recht maßgeblich, das zum Zeitpunkt des sperrzeitbegründenden Ereignisses gegolten hat (Aufgabe von LSG Darmstadt vom 14.12.2007 - L 7 AL 183/06).
Orientierungssatz
Eine Verhinderung der Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses iS des § 144 Abs 1 Nr 2 SGB 3 aF liegt vor, wenn ein Bewerber im Vorstellungsgespräch darauf hinweist, dass er erst noch den Ausgang anderer Bewerbungsgespräche abwarten wolle und daher erst mehr als drei Wochen nach dem Vorstellungsgespräch zur Verfügung stehe, und darüber hinaus Lohnvorstellungen äußert, die 50 Prozent über dem angegebenen und auch iS des § 121 SGB 3 zumutbaren Lohn liegen.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Dezember 2006 abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander in beiden Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um das Ruhen des Anspruchs der Klägerin auf Arbeitslosenhilfe wegen des Eintritts einer Sperrzeit von 12 Wochen, um die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe um 84 Tage und um die Aufhebung der Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum der Sperrzeit sowie um die Erstattung geleisteter Arbeitslosenhilfe und den Ersatz geleisteter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge.
Die Klägerin war seit 1. August 2001 arbeitslos und erhielt bis zum 26. Juli 2002 Arbeitslosengeld. Für die Zeit vom 27. Juli 2002 bis 26. Juli 2003 wurde ihr Arbeitslosenhilfe in Höhe von 19,27 Euro täglich bewilligt. Am 10. Oktober 2002 erhielt die Klägerin von der Beklagten ein Stellenangebot als Produktionshelferin bei der Firma C. GmbH in A-Stadt. Der Stundenlohn sollte hiernach 5,37 Euro betragen. Das Arbeitsplatzangebot enthielt die an die Klägerin gerichtete Bitte, mit dem genannten Arbeitgeber einen Vorstellungstermin zu vereinbaren. Die Klägerin stellte sich dort am 24. Oktober 2002 vor. Nach der von der Firma C. noch am selben Tag an das Arbeitsamt A-Stadt übersandten formularmäßigen Erklärung wurde die Klägerin nicht eingestellt; der ihr angebotene Lohn habe 6 Euro pro Stunde betragen, die von der Klägerin geltend gemachte Lohnforderung habe sich jedoch auf 8 bis 9 Euro pro Stunde belaufen. In der von ihr eingeholten "Erklärung über das Nichtzustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses" gab die Klägerin an, sie habe auf die ihr bei dem Vorstellungsgespräch gestellte Frage nach ihren Lohnvorstellungen circa 8 bis 9 Euro pro Stunde genannt. Auf die weitere Frage, ab wann sie anfangen könne zu arbeiten, habe sie angegeben, dass sie die Antwort auf zwei weitere laufende Bewerbungen noch abwarten wolle und daher erst ab dem 18. November 2002 anfangen könne. Abgelehnt habe sie das Arbeitsplatzangebot nicht. Hierauf wurde mit Bescheid des Arbeitsamtes A-Stadt vom 12. Dezember 2002 für den Zeitraum vom 25. Oktober 2002 bis 16. Januar 2003 der Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit festgestellt. Der Klägerin wurde mitgeteilt, dass während dieser Zeit ihr Anspruch auf Arbeitslosenhilfe ruhe. Die Sperrzeit mindere ihren Anspruch auf Arbeitslosenhilfe um 84 Tage. Die Entscheidung über die Bewilligung der Leistung wurde für die Dauer der Sperrzeit unter Bezugnahme auf § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Verbindung mit § 330 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) rückwirkend ab 25. Oktober 2002 aufgehoben. Die im Aufhebungszeitraum für die Zeit vom 25. Oktober 2002 bis 30. November 2002 gezahlte Arbeitslosenhilfe in Höhe von 712,99 Euro sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 112,46 Euro wurden von der Klägerin zurückgefordert. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses vereitelt. Das Arbeitsangebot habe den Grundsätzen einer sachgerechten Arbeitsvermittlung entsprochen. Die Arbeit sei der Klägerin zuzumuten gewesen. Sie habe voraussehen müssen, dass sie infolge ihres Verhaltens arbeitslos bleiben würde. Die Klägerin sei bei der Unterbreitung des Arbeitsangebotes darüber belehrt worden, dass sie Anlass zum Eintritt einer Sperrzeit nach § 144 SGB III gebe, sofern ein Beschäftigungsverhältnis durch ihr Verschulden nicht zustande komme und sie für ihr Verhalten keinen wichtigen Grund habe. Die von der Klägerin gemachten Angaben könnten bei Abwägung ihrer Interessen mit denen der Allgemeinheit den Eintritt einer Sperrzeit nicht abwenden. Der angebotene Lohn in Höhe von 6 Euro pro Stunde sei nach § 121 Abs. 3 Satz 3 SGB III zumutbar gew...