Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Berufung. Unzulässigkeit. zulässiges Rechtsschutzbegehren. Angabe einer Anschrift des Rechtsuchenden. Sachurteilsvoraussetzung auch im Berufungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Ein zulässiges prozessuales Begehren setzt als im Wesentlichen ungeschriebene Sachurteilsvoraussetzung voraus, dass im Verfahren die Anschrift des Rechtsuchenden genannt wird. Dies gilt nicht nur für das Klageverfahren, sondern auch für das Berufungsverfahren.
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 18. Dezember 2023 wird als unzulässig verworfen.
2. Der Antrag des Klägers nach § 72 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wird als unzulässig verworfen.
3. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
4. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Beteiligten streiten um Mahnungen und Zahlungserinnerungen wegen Forderungen der Beklagten.
Die deshalb vom Kläger erhobene Klage wies das Sozialgericht Frankfurt am Main mit Gerichtsbescheid vom 18. Dezember 2023 ab. Dieser Gerichtsbescheid wurde dem Kläger am 19. Dezember 2023 an seine damalige Wohnadresse „A-Straße, A-Stadt“ zugestellt.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger am selben Tag beim Hessischen Landessozialgericht Berufung erhoben und dabei keine Wohnadresse, sondern nur sein elektronisches Bürgerpostfach („Safe-ID: DE.Justiz.XXX1“) angegeben. Zwischenzeitlich war der Kläger in ein Hotel nach B-Stadt gezogen (Hotel „C.“, B-Straße, B-Stadt). Eine Nachfrage bei diesem Hotel am 23. April 2024 hat ergeben, dass der Kläger dort bis zum 20. März 2024 ein Zimmer gemietet und dort gewohnt hat, aber seit dem 21. März 2024 dort kein Zimmer mehr gemietet hat und auch dort nicht mehr wohnt und beim Auszug aus dem Hotel auch keine neue Adresse hinterlassen hat und sein derzeitiger Aufenthalt dem Hotel nicht bekannt ist (Vermerk des Vorsitzenden vom 23. April 2024). Eine Einwohnermeldeabfrage vom gleichen Tag hat ebenfalls keine aktuelle Wohnadresse für den Kläger ergeben.
Durch Schreiben vom 23. April 2024 hat das Gericht den Kläger deshalb darauf hingewiesen, dass sein Rechtsschutzbegehren neben seinem Namen auch seine aktuelle Anschrift, unter der er geladen werden könne, enthalten müsse. Er werde daher aufgefordert, bis zum 15. Mai 2024 eine aktuelle Anschrift, unter der er geladen werden könne, mitzuteilen. Dies sei eine Frist mit ausschließender Wirkung. Nenne er nicht bis zum Ablauf dieser Frist seine Wohnadresse, werde sein Rechtsschutzbegehren als unzulässig verworfen. Dieser Hinweis sowie die Anhörung zur Übertragung des Rechtsstreits auf den Berichterstatter wurden dem Kläger über sein elektronisches Bürgerpostfach zugestellt.
Daraufhin hat der Kläger mit Schreiben vom 29. April 2024 den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Prof. Dr. XY. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
Mit Beschluss vom 17. Mai 2024 hat der Senat den Rechtsstreit auf den Berichterstatter übertragen. Darin hat der Senat auch begründet, warum der Senat in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung (unter Mitwirkung des vom Kläger in seinen Schreiben vom 29. April 2024 abgelehnten Vorsitzenden Richters am Landessozialgericht Prof. Dr. XY.) entscheiden konnte und dabei darauf verwiesen, dass das Befangenheitsgesuch des Klägers offensichtlich rechtsmissbräuchlich ist. Dieser Beschluss wurde dem Kläger an sein elektronisches Bürgerpostfach zugestellt.
Mit Schreiben vom 22. Mai 2024 hat der Kläger u.a. den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Prof. Dr. XY. erneut wegen Besorgnis der Befangenheit für das weitere Verfahren abgelehnt und im Zusammenhang mit der Ablehnung von Terminverlegungsanträgen und der Ablehnung der Übersendung einer Fahrkarte zum Termin durch den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Prof. Dr. XY. diesen mit Schreiben vom 1., 3., 4. und 8. Juli 2024 mehrmals erneut wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
In der Sache verweist der Kläger zum einen darauf, dass er obdachlos sei und deshalb keine Wohnadresse angeben könne, und zum anderen darauf, dass er eine Morddrohung an seine letzte Wohnadresse erhalten habe und nur Mitarbeiter des Gerichts oder der Behörden seine Wohnadresse weitergegeben haben könnten und es ihm daher nicht zumutbar wäre, seine Wohnadresse im Verfahren anzugeben. Im Übrigen sei die Angabe seiner SAFE ID bzw. ein elektronisches Bürger- und Organisationspostfach (eBO) ausreichend. Außerdem weist der Kläger auf zivilgerichtliche Rechtsprechung, nach der eine Klage nicht allein deshalb als unzulässig abgewiesen werden dürfe, weil die ladungsfähige Anschrift im Laufe des Prozesses unrichtig werde und der anwaltlich vertretene Kläger eine neue ladungsfähige Anschrift nicht beibringt, und auf verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, nach der in der Berufungsschrift eine ladungsfähige Anschrift überhaupt nicht genannt werden müsse, hin. Im Übrigen führt der Klä...