Entscheidungsstichwort (Thema)
Neuberechnung einer Renten wegen § 307d SGB 6. Entscheidung über die Anerkennung oder Ablehnung von Kindererziehungszeiten nach § 56 SGB 6. wesentliche Änderung iS von § 48 Abs 1 SGB 10. Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 307d SGB 6
Leitsatz (amtlich)
1. Soweit die Rente im Rahmen der Überprüfung der Voraussetzungen der sog Mütterrente (§ 307d SGB VI) ausschließlich neu berechnet wird, ist damit keine Entscheidung über die Anerkennung oder Ablehnung von Kindererziehungszeiten nach § 56 SGB VI verbunden.
2. Die Einfügung von § 307d SGB VI bedeutet iS von § 48 Abs 1 SGB X zwar eine Änderung in den rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des ursprünglichen Rentenbescheides vorgelegen haben. Diese Änderung ist jedoch nur wesentlich, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen von § 307d SGB VI auch erfüllt sind.
3. Die Vorschriften über die sog Mütterrente sind auch in dem Bestandsrentnerinnen betreffenden Regelungsgehalt verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Wiesbaden vom 10. August 2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erhöhung des Wertes der Regelaltersrente der Klägerin durch Anerkennung zusätzlicher Kindererziehungszeiten sowie durch Erhöhung um einen Entgeltpunkt im Rahmen der sog. Mütterrente im Überprüfungsverfahren.
Die Klägerin, geboren 1940, bezieht von der Beklagten eine Altersrente. Sie ist Mutter der 1968 geborenen C. A. sowie des 1965 in Australien geborenen D. A. Nach der Rückkehr aus Australien war die Klägerin mit ihren Kindern ab dem 9. Dezember 1966 wieder mit Hauptwohnsitz in Deutschland gemeldet.
Mit Rentenbescheid vom 9. September 2014 berechnete die Beklagte beginnend am 1. Juli 2014 die Regelaltersrente der Klägerin neu und berücksichtigte dabei einen zusätzlichen Entgeltpunkt für die Tochter C., jedoch nicht für den Sohn D. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 2. Oktober 2014 Widerspruch ein, den sie damit begründete, dass ihr Sohn bei Rückkehr aus Australien 1 Jahr und 8 Monate alt gewesen sei. Sie begehre die Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten im Rahmen der sog. Mütterrente.
Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 29. Oktober 2014 der Klägerin die Rechtslage erläutert hatte, nahm diese anlässlich eines Beratungstermins bei der Rentenberatung in Frankfurt am Main am 20. November 2014 ihren Widerspruch zurück.
Einen Tag später, am 21. November 2014, erklärte sie, den Widerspruch doch aufrechterhalten zu wollen. Dieses Anliegen bewertete die Beklagte als Überprüfungsantrag nach § 44 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X).
Mit Bescheid vom 13. Januar 2015 lehnte sie sodann die Rücknahme des Bescheides vom 9. September 2014 ab. Nach dem Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) erhielten Personen, die am 30. Juni 2014 bereits Anspruch auf eine Rente hatten (Bestandsrentner), ab dem 1. Juli 2014 zu ihrer Rente ein Zuschlag in Höhe eines persönlichen Entgeltpunkts für jedes vor dem 1. Januar 1992 geborene Kind. Voraussetzung für diesen Zuschlag sei, dass in der Rente eine Kindererziehungszeit für den 12. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt angerechnet worden sei. Für das Kind D. liege für den 12. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt jedoch eine Ablehnung vor, so dass die Anerkennung von Kindererziehungszeiten bis zum 24. Kalendermonat ausgeschlossen sei. Eine darüber hinausgehende rentenrechtliche Bewertung der Erziehungsleistung für vor 1992 geborene Kinder sehe das RV-Leistungsverbesserungsgesetz nicht vor. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits die bis zum 30. Juni 2014 geltende Regelung zu Beitragszeiten für Kindererziehung bei Geburten vor dem 1. Januar 1992 im Umfang von lediglich 12 Kalendermonaten (§ 249 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch ≪SGB VI≫) als mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar erklärt (1 BvL 51/86). Es habe außerdem alle Beschwerden, die die ungleiche Bewertung der Erziehungsleistung im Rahmen der Stichtagsregelung betrafen, wegen Unzulässigkeit nicht zur Entscheidung angenommen.
Ihren am 5. Februar 2015 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass sie sich gegenüber Müttern, die ihre Kinder nicht teilweise im Ausland erzogen hätten, benachteiligt fühle.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2015 zurück und wiederholte darin die Gründe des Ausgangsbescheides.
Zur Begründung ihrer am 7. Juli 2015 beim Sozialgericht Wiesbaden erhobenen Klage nahm die Klägerin darauf Bezug, dass sie noch vor Vollendung des 2. Lebensjahres ihres Sohnes nach Deutschland übergesiedelt sei, so dass sie ihren Sohn ganz überwiegend im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erzogen habe. Nach Art. 6 Abs. 1 GG stünden E...