Entscheidungsstichwort (Thema)
Private Pflegeversicherung. Pflegehilfsmittel. Ausschluss der Erstattung eines Adaptivrollstuhls
Orientierungssatz
1. Von der Erstattung aus der Pflegeversicherung ausgeschlossen sind Pflegehilfsmittel, die nicht alleine oder jedenfalls schwerpunktmäßig der Pflege, sondern vorwiegend dem Behinderungsausgleich dienen (vgl BSG vom 10.11.2005 - B 3 P 10/04 R = SozR 4-3300 § 40 Nr 2 RdNr 16).
2. Bei dem streitgegenständlichen Adaptivrollstuhl handelt es sich nicht um einen Rollstuhl zur Erleichterung der Pflege laut Pflegehilfsmittelverzeichnis, sondern um ein Kranken-/Behindertenfahrzeug als Hilfsmittel der Krankenversicherung. Ein Anspruch auf Ausstattung mit einem Adaptivrollstuhl besteht hiernach nicht.
3. Auch die Regelung des § 23 Abs 1 S 2 SGB 11 begründet keine andere Entscheidung.
4. Nach § 13 SGB 11 und § 40 Abs 1 SGB 11 besteht zwischen der Krankenversicherung und der Pflegeversicherung kein Vorrang-Nachrang-Verhältnis in der Weise, dass ein Überschneidungsbereich bestünde, in dem grundsätzlich beide Leistungsträger für Hilfsmittel zuständig sind, wobei die Leistungspflicht der Pflegekasse vergleichbar der Sozialhilfe subsidiär eintritt, wenn im Einzelfall kein vorrangiger Versicherungsschutz besteht. Es kommt nur die Zuständigkeit des einen oder des anderen Leistungsträgers in Betracht.
5. § 23 SGB 11 verlangt nicht, dass privat pflegeversicherte Personen im Ergebnis gesetzlich Krankenversicherten gleichzustellen sind. Es wird lediglich eine Gleichwertigkeit der Vertragsleistungen der privaten Pflegeversicherung mit denen der sozialen Pflegeversicherung vorgeschrieben.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 2. Juni 2017 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht die Kostenerstattung für eine Hilfsmittelversorgung der Klägerin innerhalb der Privaten Pflegepflichtversicherung in Höhe von EUR 1.131‚69 im Streit.
Die 1952 geborene Klägerin ist beim Beklagten neben der Privaten Krankenversicherung (PKV) in der Privaten Pflegeversicherung (PPV) beilhilfekonform zu einem Prozentsatz von 30 v.H. pflichtversichert. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegeversicherung (Bedingungsteil MB/PPV) in Verbindung mit dem Tarif PV mit der Tarifstufe PVB zugrunde. Die Klägerin bezog zunächst seit September 2008 Leistungen nach der Pflegestufe II und dann auf der Grundlage eines Pflegegutachtens vom 30. Dezember 2013 seit Dezember 2013 Leistungen nach der Pflegestufe Ill. Im Rahmen der Begutachtung war eine Versorgung der Klägerin mit einem individuell nach Maß angepassten Rollstuhl für den Innen- und Außenbereich empfohlen worden; jedoch ausdrücklich nicht als Leistung der PPV. Bereits im Juli 2013 war die Klägerin mit einem Standardrollstuhl versorgt worden.
Unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung des Chefarztes der Neurologischen Abteilung der Klinik Hoher Meißner, Fachklinik für Physikalisch-Rehabilitative Medizin und Schmerzbehandlung, Bad Sooden-Allendorf, Dr. C. vom 20. September 2013 und eines Kostenvoranschlages des Sanitätshauses D. GmbH & Co. KG, D-Stadt vom 8. Oktober 2013 über EUR 4.961,34 beantragte die Klägerin am 9. Oktober 2013 die Übernahme der Kosten für einen Adaptivrollstuhl Easy 300.
Mit Schreiben vom 25. Oktober 2013 teilte der Beklagte der Klägerin mit, entsprechende Aufwendungen allein bis zu einem Rechnungsbetrag von EUR 620,00 mit dem (50 v.H. umfassenden) tariflichen Prozentsatz (ihrer Krankenversicherung) zu erstatten. Diese Begrenzung sei im Abschnitt II.E. des Tarifes für Krankenfahrstühle ausdrücklich festgelegt. Sie ergebe sich aus § 1 Abs. 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (MB/KK), wonach Aufwendungen, die sich im notwendigen Rahmen bewegten, erstattungsfähig seien, wenn keine medizinischen Gründe die höheren Aufwendungen erforderlich machten. In diesem Tarif sei auch erläutert, dass Aufwendungen für Hilfsmittel aus derselben Gruppe - bei Vorliegen der medizinischen Notwendigkeit - nur einmal im Kalenderjahr erstattet würden.
Mit Schreiben vom 29. Oktober 2013 bat Dr. C. um Kostenübernahme und führte aus, dass der Adaptivrollstuhl mit angepasstem Sitzkissen zur pflegerischen Versorgung im häuslichen Umfeld erforderlich sei. Die Klägerin benötige ihn, um von einem Zimmer zum anderen transferiert zu werden, beispielsweise vom Schlafzimmer ins Bad oder vom Bad in den Wohnraum. Im Zimmer könne sie sich damit fortbewegen, so dass eine selbstständige Lebensführung im direkten häuslichen Bereich realisiert werde. Ohne dieses Hilfsmittel wäre sie auf die komplette Versorgung im Pflegebett angewiesen. Eine im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbstständige Lebensführung wäre damit verhindert.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2013 bat die Klägerin den Beklagten um erneute Prü...