Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. keine überwiegende Erziehung. keine gemeinsame Erklärung. Zuordnung zur Mutter. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Es stellt keinen Verstoß gegen Verfassungsrecht dar, dass die Kindererziehungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung trotz gemeinsamer Erziehung des Kindes der Kindsmutter zugeordnet wird (vgl BSG vom 17.4.2008 - B 13 R 131/07 R = SozR 4-2600 § 56 Nr 5).
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 29. März 2020 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt im Wege des Überprüfungsverfahrens die Feststellung einer höheren Altersrente für langjährig Versicherte unter Berücksichtigung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten.
Der 1953 geborene Kläger und die 1963 geborene Beigeladene sind die Eltern des am 1990 geborenen D. C. und der 1995 geborenen Zwillinge E. C. und F. C. Der Kläger und die Beigeladene heirateten im Jahr 2002. Das auf Antrag der Beigeladenen vor dem Amtsgericht Kassel - Familiengericht - eingeleitete Scheidungsverfahren ist inzwischen rechtskräftig beendet und im Zuge dessen auch der Versorgungsausgleich zwischen dem Kläger und der Beigeladenen durchgeführt (Az.: 524 F 3001/18 VA).
Der Kläger bezieht von der Beklagten seit dem 1. Juli 2017 Altersrente für langjährig Versicherte, anfänglich auf der Grundlage von 44,0678 persönlichen Entgeltpunkten (pEP), wobei keine Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten in Ansatz gebracht wurden (Rentenbescheid vom 23. Mai 2017).
Mit Schreiben vom 14. Januar 2019 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm die Erziehungszeiten für seine beiden Kinder E. und F. zuzuordnen. Durch die Kindererziehung habe er Renteneinbußen hinnehmen müssen.
Mit Bescheid vom 25. Januar 2019 lehnte die Beklagte die Rücknahme ihres Bescheides vom 23. Mai 2017 ab. Eine Prüfung habe ergeben, dass bei Erlass dieses Bescheides weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Rente des Klägers sei in zutreffender Höhe festgestellt worden. Es sei davon auszugehen, dass die Beigeladene die Kinder überwiegend erzogen habe. Eine gemeinsame Erklärung über die Zuordnung der Erziehungszeiten hätten der Kläger und die Beigeladene nicht abgegeben.
Hiergegen erhob der Kläger am 4. Februar 2019 Widerspruch, zu dessen Begründung er geltend machte, seine Arbeitszeit nach der Geburt seines Sohnes D. ab dem xx. xxx 1991 für 8 1/2 Jahre halbiert und anschließend auf 30 Stunden/Woche reduziert zu haben, um die Kinder gleichberechtigt mit der Beigeladenen zu betreuen und ihr Gelegenheit zu geben, berufstätig zu sein. Die Beigeladene sei freiberuflich tätig gewesen und habe als solche nicht der Rentenversicherungspflicht unterlegen. Durch die Zuordnung der Erziehungszeiten allein an sie werde sein Anteil an der Kindererziehung ignoriert. Dies sei unverhältnismäßig und diskriminierend.
Durch Widerspruchsbescheid vom 25. April 2019 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine überwiegende Erziehung der Kinder durch einen Elternteil sei nicht feststellbar. Daher seien die Kindererziehungszeiten zu Recht der Kindsmutter zugeordnet worden. Der Rentenversicherungsträger prüfe nicht, ob ein Gesetz verfassungswidrig sei.
Zur Begründung seiner am 22. Mai 2019 vor dem Sozialgericht Kassel erhobenen Klage nahm der Kläger Bezug auf sein bisheriges Vorbringen und trug weiter vor, dass ein Automatismus, wonach von vornherein einem Elternteil die Kindererziehungszeiten zugeordnet würden, dem Gleichheitssatz und außerdem dem Gebot widerspreche, dass niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden dürfe. Er habe seinerzeit seine Arbeitszeit deutlich herabgesetzt und sich mit der Beigeladenen in der Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit abgewechselt. Zumindest die Zwillinge E. und F. habe er in gleichem Umfang betreut wie die Beigeladene und habe bei Krankheit der Kinder meist allein für sie gesorgt. Er werde ungleich behandelt.
Die mit Beschluss vom 1. Oktober 2019 zum Verfahren beigeladene Kindsmutter C. C. hat sich nicht zur Sache geäußert.
Durch Gerichtsbescheid vom 29. März 2020 wies das Sozialgericht die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Änderung des Bescheides vom 23. Mai 2017 und Berücksichtigung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten. Die Beigeladene und er hätten nicht fristgerecht eine Erklärung über die Zuordnung der Kindererziehungszeiten zum Kläger abgegeben. Demnach bleibe es bei dem Grundsatz, dass die Kindererziehungszeiten demjenigen zuzuordnen seien, der das Kind - nach objektiven Gesichtspunkten - überwiegend erzogen habe. Eine alleinige oder überwiegende Erziehung nehme aber selbst der Kläger nicht für sich in Anspruch. Soweit die ...