Tenor

I. Die Berufungen des Klägers gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 21. Januar 2022 werden als unzulässig verworfen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für die Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten u.a. um Grundsicherungsleistungen ab August 2019, die Höhe der Leistungen vom 28. Januar bis 31. Juli 2020, die Mitteilung über den Nachweis von Zeiten des Leistungsbezugs an die gesetzliche Rentenversicherung, Kosten für den Erwerb von Corona-Schutzmasken, die Aufforderung zur Vorlage von Kontoauszügen sowie um Leistungen aus dem Vermittlungsbudget.

Die vom Kläger deshalb vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhobenen und unter den Aktenzeichen S 19 AS 1048/19, S 19 AS 265/20, S 19 AS 308/20, S 19 AS 551/20, S 19 AS 633/20, S 19 AS 1409/20 und S 19 AS 1411/20 geführten Klagen wies das Sozialgericht Frankfurt am Main jeweils durch Gerichtsbescheide vom 21. Januar 2022 vollständig bzw. im Verfahren S 19 AS 308/20 nach teilweiser Stattgabe im Übrigen ab.

Gegen diese Gerichtsbescheide hat der Kläger jeweils Berufung erhoben und als Adresse im Briefkopf „A-Stadt“ angegeben.

Durch Schreiben vom 7. März 2022 und ergänzend vom 5. Mai 2022 hat das Gericht den Kläger jeweils darauf hingewiesen, dass sein Rechtsschutzbegehren neben seinem Namen auch seine aktuelle Wohnanschrift, unter der er geladen werden könne, enthalten müsse. Er werde daher aufgefordert, bis zum 22. April bzw. bis zum 1. Juni 2022 eine aktuelle Wohnanschrift, unter der er geladen werden könne, mitzuteilen. Dies sei eine Frist mit ausschließender Wirkung. Würden die Angaben nicht bis zu dieser Frist gemacht, werde sein Rechtsschutzbegehren als unzulässig verworfen werden. Diese Hinweise sowie die jeweilige Anhörung zur Übertragung der Rechtsstreite auf den Berichterstatter wurden dem Kläger jeweils mit Postzustellungsurkunde an die Adresse seines Vaters in der B-Straße in B-Stadt sowie (Hinweise vom 7. März 2022) auch öffentlich zugestellt.

Mit - dem Kläger öffentlich zugestellten - Beschlüssen vom 13. Juni 2022 hat der Senat die Rechtsstreite jeweils auf den Berichterstatter übertragen.

Mit Beschluss vom 16. September 2022 hat der Senat die Verfahren L 7 AS 51/22, L 7 AS 54/22, L 7 AS 55/22, L 7 AS 59/22, L 7 AS 60/22, L 7 AS 65/22 und L 7 AS 66/22 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und das Verfahren mit dem Aktenzeichen L 7 AS 51/22 als führendes Aktenzeichen bestimmt.

Der Kläger beantragt,

die Verfahren jeweils an das Sozialgericht Frankfurt am Main zurückzuverweisen und verweist im Übrigen auf seine bisherigen Eingaben und Anträge.

Der Beklagte beantragt,

die Berufungen des Klägers gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 21. Januar 2022 als unzulässig zu verwerfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte(n), der jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte trotz Abwesenheit des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 16. September 2022 entscheiden, da dieser bei der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Der Senat konnte in der Besetzung mit nur einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern entscheiden, da das Sozialgericht Frankfurt am Main jeweils durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG entschieden hatte und die Berufungen mit Beschlüssen des Senats vom 13. Juni 2022 auf den Berichterstatter übertragen wurden (vgl. § 153 Abs. 5 SGG).

Die Berufungen gegen die Gerichtsbescheide vom 21. Januar 2022 sind unzulässig.

Es fehlt bereits an einem formal-ordnungsgemäßen prozessualen Begehren, da der Kläger in seiner Korrespondenz mit dem Senat bewusst keine Wohnanschrift nennt. An dieser im Wesentlichen ungeschriebenen weiteren Sachurteilsvoraussetzung fehlt es in dem vorliegenden Fall.

Ein zulässiges Rechtsschutzbegehren setzt im Regelfall mindestens voraus, dass im Verfahren auch die Anschrift des Rechtsuchenden (Klägers, Antragstellers, usw.) genannt wird (Bundessozialgericht, Beschluss vom 18. November 2003, B 1 KR 1/02 S, Juris, Rdnr. 4 m.w.N. aus Rechtsprechung und Literatur, so auch Landessozialgericht Berlin-Brandenbrg, Beschluss vom 25. November 2019, L 31 AS 2127/18, Juris, Rdnr. 11; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 2. August 2017, L 9 AL 212/14, Juris, Rdnrn. 43 ff.; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Juni 2016, L 7 SO 4619/15, Juris, Rdnr. 20; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 24. April 2012, L 8 SO 182/11, Juris, Rdnr. 27).

Auch in dem sich allgemein durch Bürgerfreundlichkeit und fehlende Formenstrenge auszeichnenden sozialgerichtlichen Verfahren ist es in mehrfacher Hinsicht geboten, §§ 90, 92 SGG nach ihrem Sinn und Zweck so auszulegen, dass sie den Rechtsuchenden zumindest dazu verpflichten, eine Ans...

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