Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Hilfsmittel. Leistungspflicht der Krankenkasse für eine dauerhafte Zweitversorgung mit einem Elektrorollstuhl
Leitsatz (amtlich)
Besondere Gründe, die einen Anspruch auf eine dauerhafte Zweitversorgung mit einem Elektrorollstuhl auslösen können, setzen zunächst voraus, dass der Erstrollstuhl des Versicherten über mehrere Jahre hinweg regelmäßig mehrere Wochen im Jahr (zB mehr als 6 Wochen) durchgehend wegen langwieriger Reparaturarbeiten (zB infolge der Notwendigkeit einer Einsendung des Rollstuhls an den Hersteller) nicht verfügbar ist und dem Versicherten wegen der notwendigen aufwendigen Anpassung eines Elektrorollstuhls an seine Behinderungssituation kurzfristig kein passender Ersatzrollstuhl zur Verfügung gestellt werden kann. Hinzukommen muss dann aber noch, dass der Versicherte ohne den anatomisch besonders angepassten Erstrollstuhl den überwiegenden Teil des Tags im Bett verbringen muss und auch nicht mit anderen Hilfsmitteln und mit fremder Hilfe mobilisierbar ist.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 8. Oktober 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander in beiden Instanzen keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Übernahme von Kosten für Instandsetzungen und Reparaturen an einem in seinem Besitz befindlichen zweiten Elektrorollstuhl.
Der im Jahre 1973 geborene Kläger leidet unter einer spastischen Tetraplegie, weshalb er nicht gehfähig ist und den Kopf ohne Stütze nur schwer halten kann. Die Arme sind in spastischer Haltung verkrampft. Der Kläger lebt in einem Pflegeheim (X-haus). Er ist im Lebensalltag auf die dauernde Benutzung eines Rollstuhls angewiesen.
Ihm war am 03.08.1999 von der beklagten Krankenkasse ein Elektrorollstuhl TYP1, der sich noch in seinem Besitz befindet, bewilligt worden. Weiter hatte er zum Ersatz dieses nicht mehr voll seine krankheitsbedingten Versorgungsbedürfnisse erfüllenden Rollstuhls am 21.12.2001 einen neuen Elektrorollstuhl des Typs TYP2 mit integrierter Aufstehvorrichtung und Joystick-Steuerung und individueller Anpassung der Sitzschale bewilligt bekommen. Diesen benutzt der Kläger üblicherweise. Im Falle eines Defektes und der Verbringung dieses Rollstuhls zur Reparatur verwendet er übergangsweise den älteren Elektrorollstuhl vom Typ TYP1. Ferner ist der Kläger von der Beklagten mit einem Faltrollstuhl mit Greifrädern ausgestattet worden, der keinen motorischen Antrieb besitzt und von einer Hilfsperson geschoben werden muss, da der Kläger seine Hände zum Vorwärtsbewegen dieses manuellen Rollstuhls nicht einsetzen kann. Den Faltrollstuhl setzt der Kläger regelmäßig bei Ausflügen und zu Besuchen außerhalb des Heimes ein, wenn der Transport oder der Einsatz des Elektrorollstuhls zu schwerfällig ist.
Im Jahre 2006 hatte der Kläger bei der Beklagten die Ausstattung mit einem Leichtgewichtrollstuhl mit besonderer Sitzschale als Ersatz für den Faltrollstuhl beantragt. Diesen Antrag hatte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 20.04.2006 abgelehnt. Auf den Widerspruch des Klägers hatte die Beklagte ein erneutes Gutachten beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Hessen (MDK) eingeholt. Unter dem 01.09.2006 wurde von dort festgestellt, dass der Kläger derzeit über drei Rollstühle verfüge, nämlich die beiden Elektrorollstühle und den Greifenrollstuhl, bewilligt im Jahre 1995. Letzterer sei so defekt, dass aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr zu einer Instandsetzung geraten werden könne. Zu empfehlen sei daher eine Versorgung mit einem neuen manuellen Standard-Greifenrollstuhl mit anatomischer Sitzanpassung. Dabei könne der bisherige individuell angepasste Sitz noch verwendet werden. Hinsichtlich des Elektrorollstuhls TYP1 aus dem Jahre 1999 bleibe festzustellen, dass ein Wiedereinsatz nicht empfohlen werden könne. Es obliege der leistungsrechtlichen Entscheidung, ob dieser Rollstuhl dem Kläger belassen bleibe. Reparaturkosten könnten für die Zukunft indessen nicht mehr übernommen werden.
Mit Bescheid vom 15.09.2006 bewilligte die Beklagte daraufhin einen neuen Leichtgewichtrollstuhl, lehnte indes eine zweite Versorgung mit einem weiteren Elektrorollstuhl ab. Der alte Rollstuhl TYP1 könne zwar beim Kläger belassen bleiben. Weitere Reparaturkosten würden dagegen nicht mehr übernommen. Mit weiterem Bescheid vom 27.09.2006 lehnte die Beklagte ausdrücklich die Übernahme zukünftiger Reparaturkosten für den zweiten Elektrorollstuhl ab. Dem widersprach der Kläger am 25.10.2006 mit der Begründung, ihm sei eine eigenständige Mobilität zu gewährleisten. Er könne den Leichtgewichtrollstuhl nur mit fremder Hilfe fortbewegen. Der neue Elektrorollstuhl sei hingegen des Öfteren defekt, so dass er einen zweiten Elektrorollstuhl benötige. Der Kläger legte eine Repara...