Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe. arbeitsvertragswidriges Verhalten. Entzug der Fahrerlaubnis eines Berufskraftfahrers. mehrere leichte Verkehrsordnungswidrigkeiten im Privatbereich. Überziehung des Punktekontos beim Verkehrszentralregister
Leitsatz (amtlich)
Zur Abschichtung verhaltensbedingter und personenbedingter Gründe für die Kündigung eines LKW-Fahrers nach einer Verkehrsordnungswidrigkeit während einer Privatfahrt und den Folgen für den Eintritt einer Sperrzeit.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 3. April 2009 wird zurückgewiesen; dabei wird dessen Tenor wie folgt gefasst: Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Februar 2005 und Abänderung des Bescheides vom 9. Februar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2005 verurteilt, ihm Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 6. Januar 2005 bis zum 30. März 2005 zu gewähren.
II. Die Beklagte hat dem Kläger auch im Berufungsrechtszug die zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe und die leistungsrechtlichen Konsequenzen hieraus.
Der 1963 geborene Kläger war - nachdem er zuvor Arbeitslosenhilfe bezogen hatte, weil vorangegangene Beschäftigungen vom 27. März 2003 bis 2. April 2003 und vom 30. Juni 2003 bis 22. August 2003 nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit für einen Anspruch von Arbeitslosengeld geführt hatten - vom 5. Januar 2004 bis zum 5. Januar 2005 als Lkw-Fahrer bei der Firma C., D., beschäftigt. Er hatte bereits vor dem Beginn des Beschäftigungsverhältnisses wiederholt Verkehrsverstöße begangen, die zu Eintragungen in das Verkehrszentralregister geführt hatten. Auf Grund von fünf selbstständigen Handlungen in der Zeit vom 7. Januar 2000 bis zum 15. Oktober 2003 (Geschwindigkeitsübertretung von 30 km/h am 7. Januar 2000; Geschwindigkeitsübertretung von 61 km/h am 15. Juli 2001; Benutzung des Seitenstreifens am 29. Mai 2002; unerlaubtes Entfernen vom Unfallort am 1. September 2003; Verstoß gegen ein Überholverbot in Tateinheit mit Geschwindigkeitsüberschreitung von 16 km/h in Tateinheit mit Geschwindigkeitsüberschreitung in mehr als zwei Fällen am 15. Oktober 2003) wies sein Punktekonto eine Gesamtpunktzahl von 17 Punkten aus. Mit Schreiben vom 6. Juli 2004 wurde er über seinen Punktestand informiert und verwarnt.
Am 10. Juli 2004, also während des Beschäftigungsverhältnisses, benutzte der Kläger während einer Privatfahrt verbotswidrig ein Mobiltelefon. Der Verkehrsverstoß führte zu einem Bußgeldbescheid vom 26. August 2004 und zur Eintragung eines weiteren Punktes im Verkehrszentralregister. Die Oberbürgermeisterin der Stadt E. entzog dem Kläger deswegen durch Bescheid vom 22. Dezember 2004 die Fahrerlaubnis mit einer Sperrfrist von sechs Monaten. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 3. Januar 2005 zum 5. Januar 2005, da er nur Arbeitsplätze für Fahrer habe.
Am 6. Januar 2005 meldete der Kläger sich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Diese stellte mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. Februar 2005 den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe vom 6. Januar 2005 bis zum 30. März 2005 fest. Während dieser Zeit ruhe der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld. Die Sperrzeit mindere den Anspruch um 84 Tage. Durch Leistungsbescheid vom 9. Februar 2005 bewilligte sie dem Kläger dementsprechend Arbeitslosengeld mit einem Leistungsbetrag von 34,20 Euro täglich für [nur] 96 Tage [erst] ab dem 31. März 2005.
Der Kläger legte durch Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 7. März 2005 Widerspruch gegen den Sperrzeitbescheid ein. Er habe weder vorsätzlich noch grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Er habe lediglich über einen längeren Zeitraum hinweg Bußgeldbescheide wegen fahrlässig begangener Verkehrsordnungswidrigkeiten “kassiert„, ohne dass es ihm gelungen sei, über die entsprechenden Verjährungsvorschriften von diesem Punktestand “wieder nach unten zu kommen„. Als er nun einen Punktestand von 18 erreicht gehabt habe, sei ihm automatisch der Führerschein entzogen worden. Allein dieser Umstand habe zur Kündigung seines Arbeitsverhältnisses geführt. Der Arbeitgeber habe ihm bereits signalisiert, dass er ihn wahrscheinlich wieder einstellen werde, sobald er seinen Führerschein wiederbekomme. Ergänzend reichte der Kläger Unterlagen zu den Verkehrsverstößen zu den Akten; diesbezüglich wird wegen der Einzelheiten auf Bl. 117 ff. der Leistungsakte Bezug genommen.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Bescheid vom 29. September 2005 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie insbesondere aus, das vertragswidrige Verhalten des Klägers sei darin zu sehen, dass ihm sein Führerschein für sechs Monate entzogen worden sei. Das rechtfertige die ...