Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Versicherten auf eine hautstraffende Operation im Wege der Genehmigungsfiktion
Orientierungssatz
1. Der Versicherte hat Anspruch auf die von ihm beantragte Leistung gegenüber der Krankenkasse im Wege der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB 5, wenn er davon ausgehen durfte, dass die beantragte Leistung, welche nicht außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegt, erforderlich ist und die Krankenkasse nicht innerhalb der Fünf-Wochen-Frist des § 13a Abs. 3 S. 1 SGB 5 entschieden hat.
2. Die Genehmigungsfiktion erfasst nicht nur einen Kostenerstattungsanspruch, sondern auch den Sachleistungsanspruch (BSG Urteil vom 8. 3. 2016, B 1 KR 25/15 R).
3. Eine hautstraffende Operation im Bereich des Bauches, der Oberarme, der Oberschenkel und der Brust ist bei Vorliegen medizinischer Indikationen vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung erfasst.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. Februar 2017 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch der Klägerin auf eine hautstraffende Operation im Bereich des Bauchs, der Oberarme, der Oberschenkel und der Brust streitig.
Die Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Infolge einer am 20. November 2012 durchgeführten laparoskopischen Schlauchmagenbildung zu Lasten der Beklagten nahm sie ca. 70 kg an Körpergewicht ab.
Am 7. April 2014 beantragte die Klägerin die begehrte Maßnahme und legte eine ärztliche Stellungnahme von Prof. Dr. med. C. (Klinikum Hanau) vom 1. April 2014 vor. Durch überschüssiges Gewebe seien rezidivierende Entzündungen aufgetreten.
Am 16. April 2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, es sei eine körperliche Untersuchung durch den Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen (MDK) notwendig, die am 29. April 2014 erfolgen solle.
Der MDK führte in seinem Gutachten vom 29. April 2014 aus, bei der körperlichen Untersuchung der Klägerin habe man keine Funktionsstörungen oder Bewegungseinschränkungen, Hautirritationen oder Entzündungserscheinungen gesehen. Eine medizinische Indikation für eine mehrfache Straffungsoperation (Oberschenkel, Oberarme, Brüste und Fettschürze) sei aus den vorliegenden Unterlagen und nach der heutigen Untersuchung nicht abzuleiten. Es bestehe keine Erkrankung im Sinne des SGB V.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 14. Mai 2014 den Antrag der Klägerin ab. Es liege keine Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung (im Weiteren: GKV) vor. Es bestehe keine medizinische Notwendigkeit zur Durchführung der körperformenden Operation.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch. In den Hautfalten am Bauch, Armen und Beinen bildeten sich immer wieder nässende Stellen und Ekzeme sowie abszessähnliche Geschwüre unter der Brust und im Bereich des Gesäßes. Zudem sei sie im Alltag und beim Sport stark eingeschränkt, die Hautüberschüsse verursachten Schmerzen. Zur weiteren Begründung reichte sie ein ärztliches Attest von Dr. D. vom 3. Juni 2014 ein, der die beantragte Operation befürwortete.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine aktenmäßige Stellungnahme des MDK, die am 16. Juli 2014 erstellt wurde. Danach seien die Hautfalten funktionell nicht beeinträchtigend oder entstellend. Die beantragte Operation könne nicht übernommen werden.
Die Klägerin legte daraufhin ein ärztliches Attest des Markus Krankenhaus vom 18. September 2014 vor.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 2014 zurück. Sie stützt ihre Entscheidung auf die eingeholten Gutachten. Es stünden für die Operationen ästhetische Gründe im Vordergrund.
Dagegen hat die Klägerin am 30. Dezember 2014 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die beantragte Leistung sei gemäß der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V genehmigt, da die Beklagte nicht innerhalb der gesetzlichen Fünf-Wochen-Fristen entschieden habe.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, auch wenn die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eingetreten sei, könne die Frage der medizinischen Notwendigkeit nicht dahingestellt bleiben. Von der Genehmigungsfiktion würden nur solche Leistungen erfasst, die notwendig, geeignet und ausreichend seinen sowie dem Qualität- und Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen. Würde die Genehmigungsfunktion jegliche Leistung umfassen, so müsse die Krankenkasse den Versicherten auch mit nicht ausreichend erprobten Behandlungsmethoden versorgen. Zudem greife die Genehmigungsfiktion nur im Falle der Kostenerstattung selbst beschaffter Leistungen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 23. Februar 2017 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide die Beklagte verurteilt, der Klägerin die hautstraffende Operation im Bereich des Bauchs, der Oberarme, der Oberschenkel und der Brust als Sachleistung zu gewä...