Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeldrecht. Einkommensermittlung. nichtselbstständige Erwerbstätigkeit. Berücksichtigung von Überstundenvergütung. Auszahlung von Gleitzeitguthaben. laufender Arbeitslohn. sonstige Bezüge. Auslegung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG in der Fassung vom 10.9.2012. kein modifiziertes Zuflussprinzip bei nur einmaliger Auszahlung im Bemessungszeitraum. Verfassungsrecht. Gleichheitssatz. Lohnsteuerabzugsverfahren. Intertemporales Recht. Ungleichbehandlung
Orientierungssatz
1. Der Senat folgt - zumindest im Hinblick auf die bis zum 31.12.2014 geltende Rechtslage - der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl BSG vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R = BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25), wonach das modifizierte Zuflussprinzip bzw ein von den lohnsteuerlichen Vorgaben abweichender elterngeldrechtlicher Einkommensbegriff insbesondere im Fall von leistungsbezogenen Umsatzbeteiligungen und Mehrarbeitsvergütungen mit zumindest zwei Zahlungen im Bemessungszeitraum zugrunde zu legen ist.
2. Gleiches gilt für Nachzahlungen aufgrund vorenthaltenen Arbeitslohns, der im Bemessungszeitraum erarbeitet und der für Lohnzahlungszeiträume innerhalb des Bemessungszeitraumes tatsächlich gezahlt wird.
3. Eine im Bemessungszeitraum nur einmalig ausgezahlte Mehrarbeitsvergütung (hier: Auszahlung eines Gleitzeitguthabens) hat deshalb bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes unberücksichtigt zu bleiben.
4. Dem stehen die Lohnsteuerrichtlinien nicht entgegen, wonach zwar zum laufenden Arbeitslohn in R 39b.2 Abs 1 Nr 3 LStR 2013 auch Mehrarbeitsvergütungen genannt werden, die Qualifikation als laufender Arbeitslohn jedoch von vornherein voraussetzt, dass er regelmäßig fortlaufend zufließt.
5. Eine solche Auslegung des § 2c Abs 1 S 2 BEEG in der Fassung vom 10.9.2012 widerspricht weder Sinn und Zweck des Elterngelds noch begegnet sie unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten verfassungsrechtlichen Bedenken.
Normenkette
BEEG § 2c Abs. 1, § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1-2, § 2b Abs. 1, § 27 Abs. 1; EStG § 38a Abs. 1 S. 3; GG Art. 3 Abs. 1
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 25. Februar 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander in beiden Instanzen keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des für die Zeit vom x.. August 2013 bis x.. August 2014 zu zahlenden Elterngeldes nach den Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) streitig. Dabei ist insbesondere die Berücksichtigung einer Überstundenvergütung (Auszahlung eines Gleitzeitguthabens) im Bemessungszeitraum streitig.
Die 1971 geborene Klägerin und ihr 1969 geborener Ehemann, C., sind Eltern des am x.. August 2013 geborenen Kindes D. A. Sie stellten am 6. September 2013 Antrag auf Elterngeld und legten für die Klägerin als Bezugszeitraum den 1. bis 12. Lebensmonat des Kindes fest. Aus einem Schreiben der AOK Hessen (X.) vom 19. August 2013 geht hervor, dass die Klägerin für die Zeit vom 25. Juni 2013 bis 1. Oktober 2013 Mutterschaftsgeld in Höhe von 13,00 € kalendertäglich (1.287,00 € gesamt) bezogen hat. Ergänzend legte die Klägerin Gehaltsabrechnungen für die Monate Juli 2012 bis Juli 2013 vor. Die Abrechnungen für März und Mai 2013 weisen einen Betrag von 3.596,60 € aus mit dem Hinweis, es handele sich um die Auszahlung von Zeitguthaben im Umfang von 140 Stunden bzw. um die entsprechende Nachverrechnung. Hierzu bescheinigte die Arbeitgeberin, die Firma BR. GmbH, mit Schreiben vom 29. August 2013, der Klägerin seien mit der Abrechnung Mai 2013 140 Gleitzeitstunden ausgezahlt worden, wobei die Auszahlung rückwirkend für März 2013 mit einem Betrag von 3.596,60 € brutto erfolgt sei. In der ebenfalls vorgelegten Verdienstbescheinigung der Arbeitgeberin der Klägerin vom 20. August 2013 hat dieser den nachverrechneten Betrag nicht aufgeführt.
Durch Bescheid vom 11. September 2013 bewilligte der Beklagte Elterngeld für die beantragten Lebensmonate und damit für die Zeit vom x.. August 2013 bis x.. August 2014 unter Berücksichtigung des Bezugs von Mutterschaftsgeld. Für den 1. Lebensmonat stellte der Beklagte einen Anspruch in Höhe von 0,00 €, für den 2. Lebensmonat in Höhe von 161,00 € und für den 3. bis 12. Lebensmonat in Höhe von jeweils 1.207,39 € fest. Dabei berücksichtigte der Beklagte als Bemessungszeitraum die Monate Juni 2012 bis Mai 2013 und führte zur Höhe aus, das der Klägerin zustehende Elterngeld belaufe sich angesichts eines durchschnittlichen monatlichen Nettoerwerbseinkommens im Bemessungszeitraum von 1.857,52 € auf den Betrag von 1.207,39 € (65 %) monatlich.
Die Klägerin erhob Widerspruch am 7. Oktober 2013 und machte geltend, ihr stehe höheres Elterngeld unter Berücksichtigung der ausgezahlten Mehrarbeit in Höhe von 3.596,60 € zu. Gemäß den Lohnsteuerrichtlinien des Bundesfinanzministeriums und der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Hinweis auf die Urteile vom 16. Dezember 2010, VI R 27/10 u...