nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftlichkeitsprüfung anhand elektronischer Verordnungsdaten. Amtsermittlungspflichten durch Prüfgremien. Beschränkung des Gerichts auf Bescheidungsurteil. Streitwertfestsetzung
Orientierungssatz
1. Eine konkrete Überprüfung der zugrunde liegenden elektronischen Verordnungsdaten anhand der eigenen Verordnungsunterlagen des geprüften Arztes ist nur möglich, wenn dem Arzt wie auch den Prüfgremien selbst sämtliche von den Krankenkassen an die kassenärztliche Vereinigung zu meldenden Verordnungsdaten zur Verfügung stehen. Erst diese elektronisch erfassten und gemeldeten Einzeldaten zum Verordnungsvolumen im Prüfzeitraum ermöglichen es dem Arzt, die "Plausibilität" der ihm zugeordneten Verordnungen detailliert zu prüfen und mit seinen eigenen Unterlagen abzugleichen. Lediglich je Kassenarzt zusammengefasste Arznei- und Heilmittelausgaben genügen hierfür nicht. Vielmehr müssen die von jeder Krankenkasse geführten erweiterten Heilmitteldateien vorgelegt werden, welche unter anderen sowohl die Zahl als auch die Brutto- und Nettowerte der je Versichertengruppe von dem Arzt verordneten Heilmittel getrennt nach Verordnungsgruppen ausweisen (vgl BSG vom 2.11.2005 - B 6 KA 63/04 R = BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11).
2. Die erweiterten Arznei- und Heilmitteldateien der Krankenkassen sind nicht erst auf Antrag, sondern von Amts wegen beizuziehen und von den Prüfgremien selbst auf ihre Schlüssigkeit hin zu überprüfen (vgl BSG vom 2.11.2005 - B 6 KA 63/04 R aaO), um insoweit ihren Amtsermittlungspflichten zu genügen.
3. Ein Gericht kann sich auch im Bereich der gebundenen Verwaltung auf ein Bescheidungsurteil beschränken, wenn dies beantragt wurde oder wenn noch weitere Ermittlungen oder Berechnungen notwendig sind, insbesondere wenn die Gefahr besteht, dass das Verfahren sonst unangemessen verzögert wird oder Unstimmigkeiten entstehen.
4. Hat ein Vertragsarzt entsprechend seinem Antrag ein Bescheidungsurteil erwirkt, so ist bei der Streitwertfestsetzung der Regressbetrag zu halbieren, denn es ist ungewiss ob und in welcher Höhe die Prüfgremien nach Beiziehung der erweiterten Heilmitteldateien der Krankenkassen einen Regress gegen ihn festsetzen werden( vgl ua LSG Darmstadt vom 10.10.2005 - L 7 B 70/05 KA).
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Regresse wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise physikalisch-therapeutischer Maßnahmen (PTM) im Wege der statistischen Vergleichsprüfung nach Durchschnittswerten für die Quartale I - III/98 in Höhe von noch ca. 11.919,17 €.
Der Kläger ist als Arzt seit 5. September 1989 zur vertragsärztlichen Versorgung in Hessen zugelassen. In allen Quartalen blieb die Fallzahl seiner Praxis im Durchschnitt der Praxen der Vergleichsgruppe der Ärzte für Allgemeinmedizin / Praktischen Ärzte in Hessen. Der Anteil der versicherten Rentner lag leicht unter dem Durchschnitt, ebenso die Honoraranforderungen je Fall. Bei physikalisch-therapeutischen Maßnahmen wurde der Durchschnitt (insgesamt gewichtet - Mitglieder/Familienangehörige/Rentner - M/F/R) I/98 um 176 %, II/98 um 155 % und III/98 um 188 % überschritten, wobei die Überschreitung II/98 bei Familienangehörigen (F) nur 9 % betrug. Physikalisch-medizinische Leistungen (LG 9) rechnete der Kläger in den streitigen Quartalen nicht ab. Die Durchschnittswerte der Vergleichsgruppe lagen insoweit I/98 bei 0,83 DM, II/98 bei 0,75 DM und III/98 bei 0,77 DM. Unterschreitungen gab es bei Krankenhauseinweisungen (Primärkassen - PK), außer III/98 bei Familienangehörigen.
Auf Antrag der Verbände der Krankenkassen in Hessen setzte der Prüfungsausschuss (PA) für das Quartal III/97 einen Arzneikostenregress gegen den Kläger fest, den der Beklagte mit Beschluss vom 28. November 2001 im Wesentlichen bestätigte.
Die Verbände der Krankenkassen in Hessen beantragten außerdem mit am 27. April 1999 bezüglich des Quartals I/98, am 22. Juni 1999 bezüglich des Quartals II/98 und am 9. September 1999 bezüglich des Quartals III/98 beim PA eingegangenen Schreiben die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise von PTM nach Durchschnittswerten.
Dem PA lagen für die Vergleichsprüfungen jeweils Verordnungsübersichten über die beim Kläger pro Fall und Quartal durchschnittlich entstandenen Kosten für entsprechende Verordnungen vor, aus denen sich allerdings nicht die vollständigen Angaben gemäß Abschnitt 5 § 3 Abs. 1 Nr. 3 - 6 des Vertrages über Datenaustausch auf Datenträgern (in der Fassung der 1. Änderung vom 30. August 1996 - siehe Heinemann/Liebold, Kassenarztrecht, Bd. II, 34. Lief. 5. Aufl., G 101) ergaben. Ferner lagen dem PA Übersichten über die statistischen Daten der Ärzte für Allgemeinmedizin in Hessen sowie die Anzahl- und Summenstatistik der Beigeladenen zu 1. bezüglich der klägerischen Praxis für die geprüften Quartale vor. Außerdem wurden teilweise Originalverordnungsblätter in nicht bekanntem Umfang beigezogen.
Mit Beschluss vom 27. Ok...