Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenzahlung nach dem Tod des Leistungsberechtigten. absolute Haftungsbeschränkung bei Verfügenden iS des § 118 Abs 4 S 1 SGB 6, denen gegenüber mehrere Leistungsträger Ansprüche auf Erstattung geltend machen
Orientierungssatz
Die Haftung eines Verfügenden iS des § 118 Abs 4 S 1 SGB 6 ist für den Fall, dass mehrere Leistungsträger Ansprüche auf Erstattung aus dieser Vorschrift gegen ihn geltend machen, absolut auf die Höhe des Betrages, über den verfügt wurde, beschränkt.
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 8. April 2015 abgeändert und der Bescheid vom 15. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. September 2013 vollumfänglich aufgehoben.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren auf 1.121,06 € und für das Berufungsverfahren auf 900,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erstattung überzahlter Rentenzahlungen nach Versterben der Rentenberechtigten.
Die im Jahr 1947 geborene Klägerin ist die Tochter der 2012 verstorbenen D. (Versicherte). Die Versicherte bezog von der Beklagten zuletzt monatlich eine Altersrente in Höhe von 890,72 € sowie eine Witwenrente in Höhe von 230,34 €. Die laufende Rentenzahlung an die Versicherte wurde erst zum 31. Juli 2012 eingestellt. Für den Zeitraum Juli 2012 überwies die Beklagte noch 1.121,06 € auf das Konto der Versicherten bei der Sparkasse E-Stadt. Zudem bezog die Versicherte Witwengeld von der Beigeladenen, bei dem es ebenfalls zu einer Überzahlung kam. Die Klägerin war bevollmächtigt, über das Konto der Versicherten zu verfügen.
Mit Mitteilungen vom 9. Juli 2012 wurden die Beklagte sowie die Sparkasse E-Stadt vom Renten Service über den Tod der Versicherten informiert. Nach Auskunft der Sparkasse E-Stadt erfolgten am 2. Juli 2012 vom Konto der Versicherten mehrere Abhebungen und Abbuchungen, u.a. zwei Barabhebungen am Geldautomat in Höhe von 500,00 € und 400,00 € sowie Überweisungen an den „F. Versand“ in Höhe von 106,00 €, an „G.“ in Höhe von 34,35 € und 69,99 € sowie an „H-Mail Order GmbH“ in Höhe von 62,97 €. Der Kontostand vor Eingang der Renten habe 6.046,78 € Soll betragen, nach Gutschrift der Renten 4.969,29 € Soll.
Die Klägerin traf in der Folge eine Vereinbarung mit der Beigeladenen über die Rückführung überzahlter Witwengeldbezüge der Versicherten für den Monat Juli 2012 in Höhe von 900,00 €, zahlbar in monatlichen Raten zu 25,00 €.
Mit Schreiben vom 5. Dezember 2012 hörte die Beklagte die Klägerin zu einer Erstattung der überzahlten Rentenzahlung in Höhe von 1.121,06 € an. In ihrem Antwortschreiben vom 17. Dezember 2012 teilte die Klägerin mit, sie habe sich an der geforderten Überzahlung in keinster Weise bereichert. Ihre Mutter habe ihre Geldangelegenheiten immer selbst erledigt. Sie habe zwar über eine Vollmacht verfügt, diese habe jedoch nur für den Fall gegolten, dass die Versicherte selbst kein Geld habe holen können. Die 900,00 € habe sie für Beerdigungskosten und Räumung der Wohnung benötigt. Das Erbe habe sie gegenüber dem Amtsgericht Bad Homburg am 5. August 2012 ausgeschlagen.
Mit Bescheid vom 15. Januar 2013 forderte die Beklagte von der Klägerin als Verfügende einen Betrag in Höhe von 1.121,06 € nach § 118 Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) zurück. Die Forderung setze sich zusammen aus Beträgen vom 2. Juli 2012 in Höhe von 500,00 € und 400,00 € sowie den ebenfalls am 2. Juli 2012 zugelassenen Abbuchungen in Höhe von 106,00 €, 34,35 € und 60,99 €. Die Klägerin habe als Verfügungsberechtigte über die entsprechenden Beträge bankübliche Zahlungsgeschäfte zu Lasten des Kontos vorgenommen beziehungsweise zugelassen. Da sich die Forderung an die Klägerin selbst richte, sei die Ausschlagung des Erbes unerheblich.
Hiergegen legte die Klägerin am 12. Februar 2012 Widerspruch ein und trug unter Vorlage eines Schreibens der Beigeladenen vom 28. November 2012 vor, sie führe bereits überzahlte Versorgungsbezüge wegen § 52 Abs. 4 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) i.V.m. § 118 Abs. 3 bis 5 SGB VI für die Versicherte in Höhe von 900,00 € zurück.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. September 2013 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, eine vorrangige Inanspruchnahme des Geldinstituts sei nach § 118 Abs. 3 SGB VI ausgeschlossen, da kein ausreichendes Guthaben auf dem Konto vorhanden gewesen sei und über Beträge, die über den geforderten Rückforderungsbetrag hinausgehen, verfügt worden sei. Die Klägerin habe mit den veranlassten oder zugelassenen Verfügungen in den Schutzbetrag eingegriffen. Einem Verzicht auf die Rückforderung der Überzahlung könne nicht entsprochen werden. Es sei unbeachtlich, dass die Klägerin das Erbe ausgeschlagen habe.
Gegen den am 3. September 2013 zugestellten Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 4. Oktober 2013 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main...