Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage

 

Orientierungssatz

1. Zur Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage ist nach § 131 Abs. 1 S. 3 SGG ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Feststellung erforderlich, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Ein solches Interesse ist bei Wiederholungsgefahr, bei einem Rehabilitationsinteresse oder bei Präjudizialität gegeben.

2. Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht dann, wenn sich aus dem angegriffenen Verwaltungsakt eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern.

3. Die Gewährung von Leistungen nach §§ 16 ff. SGB 2 steht im Ermessen des Grundsicherungsträgers. Das Sozialgericht hat damit im Hinblick auf eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nur eine eingeschränkte Kontrolle auf Ermessensfehler. Sind solche nicht erkennbar, so besteht kein Anlass für eine Beweisaufnahme.

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Wiesbaden vom 5. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides der Beklagten vom 14. März 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2010.

Die 1953 geborene Klägerin bezog ab dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) von der Beklagten. Von Juli 2004 bis September 2005 nahm sie an einer Arbeitsgelegenheit im Stadtarchiv Wiesbaden teil, die ab Januar 2005 von der Beklagten nach § 16 SGB II gefördert wurde.

Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 16. Februar 2006 die Gewährung einer Integrationsmaßnahme zur Eingliederung in den 1. Arbeitsmarkt in Form einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, hilfsweise die Gewährung eines SAP-Kurses oder einer Arbeitsgelegenheit nach der Entgeltvariante.

Die Beklagte lehnte die Gewährung von Eingliederungsleistungen nach den §§ 16 ff. SGB II mit Bescheid vom 14. März 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2010 ab. Bei der Ausübung des zustehenden Ermessens seien die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme und das zur Verfügung stehende Eingliederungsbudget zu berücksichtigen. Die Beklagte habe sich entschieden, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach § 260 ff. SGB III nicht anzubieten, da die gleichen Ziele im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten erreicht werden könnten, die im öffentlichen Interesse lägen. Eine solche Tätigkeit habe die Klägerin beim Wiesbadener Stadtarchiv ausgeübt. Die mit der Maßnahme verbundenen Ziele, wie persönliche Stabilisierung, Erhalt der Leistungsfähigkeit und berufliche Qualifikation seien dadurch bereits erfüllt worden.

Am 14. April 2010 hat die Klägerin gegen den ihr am 18. März 2010 zugestellten Widerspruchsbescheid Klage zum Sozialgericht Wiesbaden erhoben (Az. S 11 AS 319/10). Sie erhebe Verpflichtungsklage und richte sich gegen die Benachteiligung ihrer Integrationschancen auf dem 1. Arbeitsmarkt mit Minderung der Vermittlungsfähigkeit und Verlust von Rentenbeitragszahlungen zum Schaden ihrer persönlichen wie wirtschaftlichen Situation in Folge einer 47monatigen Nichtbescheidung des Widerspruchs. Die Beklagte habe die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten. Einen Klageantrag hat die Klägerin trotz Aufforderung des Sozialgerichts nicht gestellt.

Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 5. Mai 2014 (S 5 AS 319/10) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, die von der Klägerin begehrten Maßnahmen stünden im Ermessen der Beklagten. Diese habe ihr Ermessen ausgeübt, ohne dass Ermessensfehler ersichtlich seien. Die Klägerin habe im Jahr 2005 für sechs Monate an einer Arbeitsgelegenheit im Stadtarchiv Wiesbaden, im Jahr 2007 für drei Monate an einer Fördermaßnahme Wirtschaftsenglisch und für zwei Monate an einer Projektassistenz und im Jahr 2008 an einer Weiterbildung im kaufmännischen Bereich teilgenommen. Die Beklagte habe damit bereits mehrere Eingliederungsmaßnahmen unterstützt.

Am 10. Juni 2014, dem Dienstag nach Pfingsten, hat die Klägerin Berufung gegen den ihr am 8. Mai 2014 zugestellten Gerichtsbescheid eingelegt.

In Kenntnis der Tatsache, dass die Klägerin seit Mai 2014 in A-Stadt wohnt, hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Beiladung des Main-Taunus-Kreises - Kommunales Jobcenter - in Betracht komme. Eine Verurteilung der Beklagten komme nicht mehr in Betracht, da diese nicht mehr zuständig sei. Die Klägerin hat einer Beiladung widersprochen und erklärt, dass es ihr nicht um eine Verurteilung der Beklagten, sondern um ihr Rehabilitationsinteresse in diesem Ver...

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