Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Mutter-Kind-Kur. Anspruch eines Pflegekindes ohne eigenen Therapiebedarf als Begleitkind in Form der Nebenleistung setzt Leistungspflicht der Krankenkasse für Hauptleistung voraus. privat krankenversicherte Pflegemutter gehört nicht zum berechtigten Personenkreis. keine richterliche Rechtsfortbildung

 

Orientierungssatz

1. Ein Anspruch eines gesetzlich krankenversicherten Pflegekindes ohne eigenen Therapiebedarf als Begleitkind in Form der Nebenleistung einer Mutter-Kind-Kur nach § 24 SGB 5 scheidet aus, wenn die Hauptleistung der Vorsorgemaßnahme für die PKV-versicherte Pflegemutter nicht von der gesetzlichen Krankenkasse zu gewähren ist.

2. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 24 SGB 5 die Leistungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenkassen auf die Gewährung der Hauptleistung beschränkt. Allein im Rahmen dieser Verpflichtung ist es gerechtfertigt, sie auch zur Gewährung von Nebenleistungen - wie die Tragung der Kosten eines Begleitkindes - zu verpflichten. Es ist den Gerichten verwehrt, den fehlenden Rechtsanspruch im Rahmen der richterlichen Rechtsfortbildung in Form der Auslegung vorhandener gesetzlicher Regelung, der Schließung einer Regelungslücke durch Analogie oder teleologischer Interpretation des geltenden Rechts zu schaffen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.05.2019; Aktenzeichen B 1 KR 14/18 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 19. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Kostenübernahme des Aufenthalts des Klägers streitig, die im Rahmen einer Mutter-Kind-Maßnahme seiner Pflegemutter, C. A. (frühere Klägerin zu 1), zu Lasten ihrer privaten Krankenversicherung und der Beihilfestelle des Landes Hessen im Jahr 2014 entstanden sind.

Die frühere Klägerin zu 1) (im Weiteren: Pflegemutter) und ihr Ehemann sind die Pflegeeltern des 2013 geborenen Klägers. Der Kläger ist der Beklagten familienversichert. Er wurde von den Pflegeeltern im Alter von drei Monaten aufgenommen; dort befand sich bereits ein im Jahr 2010 aufgenommenes Pflegekind, F.F. geb. 2010, das ebenfalls bei der Beklagten familienversichert ist. Die Pflegemutter ist über ihren Ehemann beihilfeberechtigt und privat krankenversichert (G. Krankenversicherung).

Am 15. September 2014 ging bei der Beklagten der Antrag des Pflegevaters, gestellt für den Kläger und das weitere Pflegekind, ein, vorab die Kostenübernahme der Teilnahme des Klägers und des weiteren Pflegekindes an der stationären Mutter-Kind-Kur ihrer Pflegemutter in H-Stadt vom 26. November bis zum 17. Dezember 2014 zu erklären. Zur Begründung der Notwendigkeit wurde für den Kläger ein Attest des behandelnden Arztes J. (Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin) vom 19. Juli 2014 vorgelegt. Danach bedürfe der Kläger als Kind einer stationären Mutter-Kind-Maßnahme nach § 24 SGB V mit Angabe folgender Diagnosen: rez. obstruktive Bronchitis (J44.89.G) und Dystrophie (R63). Seit dem 6. Lebensmonat bestünden rez. obstruktive Bronchitiden und es seien bereits fünf stationäre Aufenthalte aus diesem Grunde durchgeführt worden. Aufgrund der rezidivierenden Atemwegsinfekte sei ein entsprechender Aufenthalt an der See oder in den Bergen sinnvoll.

Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen (MDK) vom 19. September 2014 zum Kläger ein. Danach sei seine Teilnahme des Klägers als Begleitkind medizinisch nachvollziehbar.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 26. September 2014 den Antrag ab. Es handele sich bei dem Kläger um ein Begleitkind. Eine medizinische Notwendigkeit für ein Indikationskind sei nach den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich. Es sei bei der Krankenkasse der Pflegemutter ein Antrag auf Kostenübernahme zu stellen.

Dagegen erhob der Pflegevater für den Kläger Widerspruch. Der Kläger solle nicht als Begleitkind an der Kur teilnehmen. Es bestehe für ihn eine medizinische Notwendigkeit für diese Kur. Trotz der Krankenhausaufenthalte sei er weiterhin auf Medikamente angewiesen (2mal täglich Salbutamol und 2mal täglich Budiair ).

Die Beklagte holte erneut eine Stellungnahme des MDK ein, die am 1. Oktober 2014 erstellt wurde. Danach sei der Kläger, wie das weitere Pflegekind, ein Begleitkind, solle aber mit aufgenommen werden.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2014 zurück. Krankenkassen gewährten Leistungen zur Verhütung von Krankheiten; die medizinische Vorsorgeleistung umfasse neben der ärztlichen Behandlung u.a. auch die Gewährung von Mutter-Kind-Kuren (§ 24 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V). Es handele sich bei dem Kläger um ein Begleitkind ohne eigenständigen Therapiebedarf im Rahmen einer Mutter-Kind-Kur. Nachvollziehbar sei, dass der Kläger aufgrund seines Alters während der Dauer der Maßnahme nicht von der Pflegemutter zu trennen sei. Es sei festzustellen, da...

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