Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Abrechnungsprüfung. Absetzung aller vertragsärztlich abgerechneter Leistungen bei Verstoß gegen das Splittingverbot. einheitlicher Behandlungsfall bei Doppelzulassung als Zahnarzt zur vertragszahnärztlichen Versorgung in einer Berufsausübungsgemeinschaft und als MKG-Chirurg zur vertragsärztlichen Versorgung in einer Einzelpraxis. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Das Verbot für doppelt zugelassene Vertragsärzte, einheitliche Behandlungsfälle aufzuspalten und jeweils teilweise bei der Kassenärztlichen Vereinigung oder der Kassenzahnärztlichen Vereinigung abzurechnen, ist in der Sache gerechtfertigt wenn nicht gar geboten, weil ohne dieses zum Einen Abrechnungskontrollen (wie die sachlich-rechnerische Richtigstellung oder die Wirtschaftlichkeitsprüfung) erschwert oder gar unmöglich gemacht würden (vgl LSG Stuttgart vom 18.10.1995 - L 5 KA 262/95), und honorarbegrenzende Maßnahmen umgangen werden könnten, darüber hinaus aber auch rechtswidrige Doppelabrechnungen erleichtert würden, und wegen der unterschiedlichen Abrechnungssystematik einerseits des vertragsärztlichen und andererseits des vertragszahnärztlichen Leistungsbereichs, gesplittete Abrechnungen es ermöglichen würden, die Honoraransprüche insgesamt ungerechtfertigt zu steigern, etwa dadurch, dass eine chirurgische Hauptleistung oder pauschalierte Leistungen vertragsärztlich und daneben zusätzlich Begleitleistungen vertragszahnärztlich (mit den hier vorgesehenen Einzelvergütungen) abgerechnet werden.
2. Soweit eine Berufsausübungsgemeinschaft den gleichen Patienten bzw Versicherten im gleichen Quartal wie ihr als Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung in Einzelpraxis zugelassenes Mitglied (ambulant zu Lasten derselben Krankenkasse) behandelt, handelt es sich rechtlich um einen einheitlichen Behandlungsfall im Sinne der Splittingverbote und der Definitionen in den Mantelverträgen.
3. Bedenken gegen die Zulässigkeit dieser Auslegung im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art 12 Abs 1 GG) bestehen nicht.
Nachgehend
Tenor
Die Berufungen der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 7. Mai 2014 werden zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der zahnärztlichen Abrechnung in 9 Behandlungsfällen für das Quartal III/09 und in 37 Behandlungsfällen für das Quartal IV/09 wegen des sog. Splittingverbots in Höhe von insgesamt 3.517,55 Euro und 2.034,37 Euro zusammen 5.551,92 Euro.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in A-Stadt mit zwei zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Zahnärzten und mit Dr. Dr. med. dent. A., Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und Zahnarzt, der zur vertragszahnärztlichen und zugleich zur vertragsärztlichen Versorgung in Einzelpraxis zugelassen ist.
Im Rahmen eines elektronischen Datenabgleichs nach § 285 Abs. 3 S. 5 i.V.m. § 106a SGB V hat die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZVH) von der beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) einen elektronischen Datenträger mit den Abrechnungsdaten für die Abrechnungszeiträume IIl/09 bis II/10 erhalten. Bei diesem Routineabgleich wurde festgestellt, dass es im Abrechnungszeitraum III/09 in 310 Behandlungsfällen zur beidseitigen Abrechnungen gekommen ist, und damit gegen das bundesmantelvertraglich vereinbarte Splittingverbot verstoßen wurde, wonach ein einheitlicher Behandlungsfall nur über die Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) oder nur über die Kassenärztliche Vereinigung (KV) abgerechnet werden darf und die Aufteilung eines einheitlichen Behandlungsfalles in zwei Abrechnungsfälle nicht zulässig ist. Beklagte und Beigeladene waren sich einig, dass Berichtigungen alternativ in beider Zuständigkeiten notwendig waren, dabei jedoch nicht allein nach dem Abrechnungseingang verfahren werden konnte. Die Berichtigungen wurden sodann nach dem Leistungsschwerpunkt des Behandlungsfalles, konkret nach der Höhe der vorgenommenen Abrechnungen, vorgenommen. In 292 Behandlungsfällen wurde der Schwerpunkt im Bereich der zahnärztlichen Abrechnung und in 9 Behandlungsfällen des Quartals III/09 sowie in 37 Behandlungsfällen im Quartal IV/09 im Bereich der ärztlichen Abrechnung gesehen, mit der Folge, dass in den zuletzt genannten Fällen sachlich-rechnerische Berichtigungen durch die Beklagte vorzunehmen waren, in 9 Behandlungsfällen waren keine Datenübereinstimmungen festgestellt worden. Die Fälle mit zahnärztlichem Schwerpunkt wurden der Beigeladenen zur Korrektur der vertragsärztlichen Leistungen überlassen.
Die Beigeladene (KVH) nahm mit Bescheid vom 24.05.2013 gegenüber Herrn Dr. Dr. A. eine sachlich-rechnerische Berichtigung für die Quartale III und IV/09 in Höhe von 35.344,76 Euro bz...