Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsverlangen eines Versicherten gegen Krankenkasse hinsichtlich der ordnungsgemäßen Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen
Orientierungssatz
Ein Versicherter kann in begründeten Fällen von seiner gesetzlichen Krankenversicherung Auskunft darüber verlangen, ob sein Arbeitgeber für ihn die Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß entrichtet hat.
Normenkette
SGB IV § 28a Abs. 5, § 28e Abs. 1; SGB X § 25 Abs. 2, § 67 Abs. 1, § 83 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; GG Art. 2 Abs. 1
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Wiesbaden vom 8. April 2014 aufgehoben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. April 2012 verurteilt, der Klägerin Auskunft über die seitens der Firma D. GmbH in der Zeit vom 13. Mai 2008 bis 10. Dezember 2010 für die Klägerin entrichteten Sozialversicherungsbeiträge zu erteilen.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Auskunft über die Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen an die Beklagte.
Die Klägerin war in der Zeit vom 13. Mai 2008 bis 10. Dezember 2010 bei der Firma D. GmbH, D-Stadt, beschäftigt. Mit Schreiben vom 22. Februar 2011 wandte sich der Bevollmächtigte der Klägerin an die Beklagte als Einzugsstelle für die Gesamtsozialversicherungsbeiträge und führte aus, er führe ein Verfahren gegen die vormalige Arbeitgeberin wegen rückständiger Vergütung. In Parallelverfahren hätten frühere Arbeitskollegen mitgeteilt, dass offensichtlich die Monatsbeiträge nicht gezahlt worden seien. Der Bevollmächtigte bat um Auskunft, ob dies auch im Fall der Klägerin so sei. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. November 2011 ab und wies den Widerspruch der Klägerin vom 28. März 2011 mit Widerspruchsbescheid vom 26. April 2012 zurück. Die Erteilung von Auskünften aus dem Beitragskonto der ehemaligen Arbeitgeberin komme nicht in Betracht. Es handele sich um Sozialdaten des Arbeitgebers, die nicht ohne entsprechende Rechtsvorschrift oder Einwilligung des Arbeitgebers übermittelt werden dürften.
Die Klägerin hat am 7. Mai 2012 Klage zum Sozialgericht (SG) Wiesbaden erhoben und geltend gemacht, sie habe ein grundsätzliches Interesse an der Erteilung einer Auskunft über die ordnungsgemäße Zahlung der Sozialabgaben durch den früheren Arbeitgeber. Dies betreffe ihr eigenes Arbeitsverhältnis. Die Beklagte könne sich nicht auf den Schutz der Sozialdaten berufen, wenn es um Zahlungen aus dem Gehalt der Klägerin handele.
Mit Gerichtsbescheid vom 8. April 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da ein Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte Auskunft von der Klägerin auch auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts nicht dargelegt worden sei. Sofern Beiträge zur Sozialversicherung nicht entrichtet worden seien, so wären dies Beitragsschulden des Arbeitgebers und nicht der Klägerin. Für den betroffenen Arbeitnehmer habe dies keine Nachteile, da sein Versicherungsschutz zu allen Zweigen der Sozialversicherung bestehen bleibe, solange die Beschäftigung gegen Entgelt fortbestehe. Die Klägerin habe somit Versicherungsschutz und sei keinen Forderungen der Beklagten ausgesetzt, weshalb nicht ersichtlich sei, inwieweit die begehrte Auskunft die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung der Klägerin verbessern könne. Im Übrigen sei auch keine Anspruchsgrundlage für die begehrte Auskunft erkennbar.
Gegen den am 14. April 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 8. Mai 2014 Berufung eingelegt.
Sie führt aus, es gehe nicht um die Frage, ob sie in einem laufenden Arbeitsverhältnis Versicherungsschutz habe, sondern ausschließlich darum, ob der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge gezahlt habe. Auf entsprechende Auskünfte seitens der Beklagten als Einzugsstelle für die Sozialversicherungsbeiträge habe sie einen Anspruch.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des SG Wiesbaden vom 8. April 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. April 2014 zu verurteilen, ihr Auskunft über die seitens der Firma D. GmbH in der Zeit vom 13. Mai 2008 bis 10. Dezember 2010 für ihre Person entrichteten Sozialversicherungsbeiträge zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und hält hieran auch unter Berücksichtigung eines rechtlichen Hinweises des Senats auf § 83 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) und § 1 Abs. 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG) fest.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Senat einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung war, Bezug genommen...