Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des LSG Darmstadt vom 27.6.2012 - L 4 KA 47/11, das vollständig dokumentiert ist.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 24. Februar 2010 sowie die Bescheide der Beklagten vom 10. Juli 2007 und vom 12. Juli 2007, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. April 2009, abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Quartale III/06 und IV/06 Leistungen aus der EHV ohne Quotierung aufgrund des Nachhaltigkeitsfaktors gemäß § 8 Abs. 1 GEHV 2006 zu erbringen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 24. Februar 2010 abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit die Beklagte zur Neubescheidung des EHV-Anspruchs des Klägers hinsichtlich der Kürzungen wegen technischer Leistungen gemäß § 5 GEHV verurteilt worden ist.
Im Übrigen werden sowohl die Berufung des Klägers als auch der Beklagten zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt ¾ der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Klägers. Der Kläger trägt ¼ der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Berechnung seines Honorars aus der erweiterten Honorarverteilung (EHV) für die Quartale III/06 und IV/06; er erstrebt ein höheres Honorar. Im Streit steht dabei eine grundsätzliche Neuausrichtung der EHV ab dem dritten Quartal 2006 insbesondere durch die Einführung eines sog. Nachhaltigkeitsfaktors.
Der 1934 geborene Kläger war seit 1970 als Vertragsarzt mit Praxissitz in Hessen zugelassen. Seine Zulassung endete aus Altersgründen zum 30. November 1999. Seit dem 1. Dezember 1999 bezieht der Kläger Leistungen aus der EHV auf der Grundlage eines Bescheids der Beklagten vom 17. August 2000, mit dem der Anspruch des Klägers auf Teilnahme an der EHV mit einem Prozentsatz von 18 % anerkannt worden ist. Die Bezüge des Klägers aus der EHV in den Quartalen von I/00 bis II/06 betrugen zwischen knapp 7.000,00 Euro und rund 8.100,00 Euro.
Mit Wirkung zum Quartal IV/2001 hatte die Vertreterversammlung der Beklagten die Grundsätze der EHV wesentlich geändert mit dem Ziel, vor dem Hintergrund veränderter versicherungsmathematischer und demographischer Bedingungen durch ein "solidarisch ausgerichtetes Maßnahmenbündel" die EHV langfristig zu sichern (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16. Juli 2008, B 6 KA 38/07 R, juris Rdnr. 4; Gerlich, HessÄBl 10/2001, S 527). Zu den Maßnahmen gehörten die Begrenzung des erreichbaren Höchstprozentsatzes von 18 % auf 15 %, die Ausrichtung der "Normalstaffel" auf eine 30jährige statt bisher eine 35jährige vertragsärztliche Tätigkeit und eine verstärkte Berücksichtigung von besonderen Kosten der Praxistätigkeit. Die aktiven Ärzte wurden schließlich durch die Schaffung eines zweckgebundenen Ausgleichsfonds, der aus einer Erhöhung der EHV-Quote auf die Honorare der aktiven Ärzte gespeist wurde, belastet. Die Umlagequote lag zwischen 2001 und 2006 bei 5,7 % bzw. 5,5 %.
Im Jahr 2006 beschloss die Vertreterversammlung der Beklagten eine Neuausrichtung der EHV. Die hier maßgeblichen Vorschriften in der Fassung 2006 lauten:
§ 1
Teilnahme an der EHV
(1) Jedes zugelassene ärztliche Mitglied der KV Hessen nimmt auch im Falle der Anerkennung seiner Berufsunfähigkeit und/oder nach Verzicht auf die vertragsärztliche Zulassung (inaktiver Vertragsarzt) weiterhin an der Honorarverteilung im Rahmen dieser Bestimmungen der EHV teil.
§ 3
Höhe des Anspruches
Die Feststellung des Anspruches auf Teilnahme an der EHV …erfolgt nach folgenden Vorgaben:
a) Für jedes Quartal wird nach Berücksichtigung der besonderen Kosten nach § 5 das Prozentverhältnis der anerkannten Honorarforderung aus der Abrechnung der Primär- und Ersatzkassen des einzelnen Vertragsarztes zur Durchschnittshonorarforderung aller Vertragsärzte im Bereich der KV Hessen im gleichen Quartal festgestellt. Dabei sind auch von Versicherten direkt an den Vertragsarzt geleistete Zahlungen (honoraräquivalente Zahlungen, z. B. Zuzahlungen nach § 28 Abs. 4 SGB V) mit einzubeziehen.
Jedem Vertragsarzt wird vierteljährlich dieser Prozentsatz in gleicher Höhe als Punktzahl auf einem Sonderkonto gutgeschrieben.
b) 400 Punkte stellen den Wert eines jährlichen Durchschnittshonorars eines Vertragsarztes aus der Behandlung von Versicherten der Primärkassen und Ersatzkassen dar, 100 Punkte den Wert des Durchschnittshonorars im Quartal.
Die als Anlage zu § 3 Abs. 1 b) beigefügte “Normalstaffel" bestimmt den Prozentsatz, mit dem ein inaktiver Vertragsarzt an der EHV weiter teilnimmt, dessen Punktzahl jährlich um 400 Punkte angewachsen ist.
…
§ 5
Berücksichtigung von Praxiskosten
(1) Bei der Ermittlung der Honorarforderung des Vertragsarztes oder einer Gemeinschaftspraxis von Vertragsärzten, die Grundlage für die Punktzahlgutschrift nach § 3 Absätze 1 a) und 1 b) wird, sind zunächst die für ausgewählte Leistungsbereiche festgelegten besonde...