Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. vorläufige Leistungsbewilligung. Erledigung auf sonstige Weise mit Erlass des endgültigen Elterngeldbescheids. keine Bindung der Elterngeldbehörde im Hinblick auf einzelne Berechnungselemente des vorläufigen Elterngeldbescheids. kein Vertrauensschutz
Orientierungssatz
1. Ein Bescheid, in dem Elterngeld - unter dem Vorbehalt der Rückforderung - als Vorschuss vorläufig gem § 8 Abs 3 BEEG aF festgesetzt wird, erledigt sich mit der Entscheidung über die endgültige Leistungsbewilligung auf sonstige Weise.
2. Der Vorschussbescheid ist ein selbstständiger Verwaltungsakt, der eine eigenständige vorläufige Leistung bewilligt und somit nicht einen Teil der letztlich beanspruchten Leistung. Die spätere endgültige Entscheidung wird hierdurch nicht präjudiziert. Bei der endgültigen Leistungsgewährung handelt die Elterngeldbehörde wie bei einer Erstfeststellung. Der Vorschussbescheid entfaltet demnach nur für einen begrenzten Zeitraum Bindungswirkung. Eine Bindungswirkung im Hinblick auf einzelne Berechnungselemente (hier in Gestalt des fehlenden Abzugs der Beitragssatzpauschale für die Rentenversicherung) kommt dem vorläufigen Bescheid hingegen nicht zu. Ein Vertrauensschutz besteht nicht.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 16. Juni 2016 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die endgültige Gewährung von Elterngeld nach den Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) streitig.
Die 1977 geborene Klägerin beantragte am 17. August 2013 die Gewährung von Elterngeld für ihre 2013 geborenen Kinder, C und D. A., bei dem Beklagten. In dem formularmäßigen Antrag führte sie aus, Einkommen vor der Geburt der Kinder aus ihrer selbstständigen Tätigkeit als Musikerin und einem Gewerbebetrieb erzielt zu haben. Zum 1. Januar 2013 habe sie das Gewerbe ruhend gemeldet und seither keine Einkünfte daraus erzielt. Bis zum Beginn der gesetzlichen Mutterschutzfrist war sie freiwilliges Mitglied in der Künstlersozialkasse. Sie legte eine Bescheinigung der Techniker Krankenkasse vom 27. August 2013 vor, wonach ihr Mutterschaftsgeld vom 22. Juni bis 26. Oktober 2013 i.H.v. 31,49 € täglich gezahlt wurde. In dem Begleitschreiben zu ihrem Antrag gab die Klägerin an, dass es insbesondere im Konzertbereich möglich sei, dass sie kurzfristig angefragt werde. Auch würde sie in geringem Umfang unterrichten, sofern es sich zeitlich mit den Kindern vereinbaren ließe. Da diese Einkunftsarten weder terminlich noch in finanzieller Höhe planbar seien, habe sie keine Einkünfte angegeben. Ihr sei die wöchentlich zugelassene Arbeitszeit von 30 Stunden bewusst. Ergänzend legte die Klägerin ihre Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2012 bei dem Beklagten vor.
Mit Bescheid vom 7. November 2013 gewährte der Beklagte der Klägerin für das Kind C A. Elterngeld unter dem Vorbehalt der Rückforderung gemäß § 8 Abs. 3 BEEG und in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Erstes Buch (SGB I) als Vorschuss wie folgt:
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- 1. Lebensmonat (xx. August 2013 bis xx. September 2013) i.H.v. 105,36 €, |
- 2. Lebensmonat (xx. September 2013 bis xx. Oktober 2013) i.H.v. 136,85 €, |
- 3. Lebensmonat (xx. Oktober 2013 bis xx. November 2013) i.H.v. 325,83 €, |
- 4. bis 12. Lebensmonat (xx. November 2013 bis xx. August 2014) i.H.v. 1.081,55 € monatlich. |
Die Anspruchsvoraussetzungen seien gemäß § 1 BEEG ab dem Tag der Geburt des Kindes erfüllt. Das Mutterschaftsgeld sei auf das zustehende Elterngeld nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BEEG anzurechnen. Für die Ermittlung des Einkommens aus Gewinneinkünften sei regelmäßig das Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes maßgeblich. Unter Berücksichtigung des von der Klägerin beantragten Verschiebetatbestandes ergebe sich ein elterngeldbestimmendes Nettoeinkommen aus Erwerbstätigkeit i.H.v. 1.166,49 € und damit Elterngeld i.H.v. 781,55 € monatlich (67 %). Bei Mehrlingsgeburten erhöhe sich das zustehende Elterngeld um je 300,00 € für das zweite und jedes weitere Kind. Da die Klägerin im Bezugszeitraum Einkommen aus Erwerbstätigkeit habe, verringere sich der zu erstattende Einkommensausfall. In den Lebensmonaten mit Erwerbseinkommen berechne sich das Elterngeld aus der Differenz des vor der Geburt errechneten durchschnittlichen Nettoerwerbseinkommens und des im Bezugszeitraum des Elterngeldes errechneten Nettoerwerbseinkommens. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in dem nach § 2b BEEG maßgeblichen Zeitraum könne nicht abschließend ermittelt werden. Bis zum Nachweis des tatsächlichen Einkommens erfolge die Zahlung des Elterngeldes vorläufig unter Berücksichtigung des glaubhaft gemachten Einkommens. Das Einkommen sei nach Ablauf des Bezugszeitraumes nachzuweisen. Eventuell zu viel gezahltes Elterngeld werde - ohne dass es weitere...