Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückerstattung einer zu Unrecht geleisteten Kostenerstattung des überörtlichen an den örtlichen Sozialhilfeträger wegen Sozialhilfebezug nach Einreise bzw Übertritt
Leitsatz (amtlich)
§ 108 BSHG und die Nachfolgeregelung des § 108 SGB 12 schützen nur den ersten Ort des Grenzübertritts. Jeder Aufenthaltswechsel nach einem Sozialhilfebezug von einem wegen des tatsächlichen Aufenthalts örtlich zuständigen Träger lässt den Schutz entfallen.
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 8. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt als überörtlicher Sozialhilfeträger die Erstattung von Aufwendungen, die er seinerseits als vermeintlich erstattungspflichtiger Leistungsträger dem Beklagten als örtlichem Sozialhilfeträger für von diesem erbrachte Sozialhilfeleistungen vom 1. Januar 1998 bis 31. Juli 2004 zahlte.
Der 1929 in Spanien geborene OZ., seine in Deutschland 1941 geborene Ehefrau IZ. sowie die ebenfalls in Deutschland 1981 geborene Tochter MZ. kehrten am 8. August 1989 mit einem weiteren Familienmitglied nach Deutschland zurück, nachdem sie ca. 7 Jahre in R./Spanien gelebt hatten. Dort bezogen Sie Unterstützungsleistungen durch das Deutsche Konsulat in A-Stadt i.H.v. 800,-- DM monatlich. Vor ihrem Aufenthalt in Spanien hatten sie in G-Stadt im OX.Kreis gelebt. Nach ihrer Rückkehr hielten sie sich zunächst vom 8. bis 10. August 1989 in einer Pension in N-Stadt (OX.Kreis) auf. Danach begaben sie sich in die Wohnung des Schwiegersohnes der Frau IZ., Herrn RZ., in C-Stadt (OX.Kreis) und planten, sich dort so lange aufzuhalten, bis die Familie eine geeignete Wohnung gefunden habe. Ausweislich eines Vermerks des Kreissozialamtes des OX.Kreises vom 22. August 1989 sprach Frau IZ. am 9. August 1989 vor und beantragte Sozialhilfe. Es wurde eine Barzahlung in Höhe von 1.039,50 DM gewährt. Vom 11. bis 15. August 1989 fanden Gespräche zwischen dem Kreissozialamt und dem Schwiegersohn über die Wohnungssuche und die beengten Wohnverhältnisse statt. Eine polizeiliche Meldung im OX.Kreis erfolgte bis dahin nicht. Am 16. August 1989 teilte der Schwiegersohn mit, dass die Familie eine Wohnung in D-Stadt (Landkreis DX.) angemietet habe und dort bereits eingezogen sei. Mit Schreiben vom 15. September 1989 entsprach der Kläger dem Antrag des OX.Kreises, die Kosten in Höhe von 1.039,50 DM nach § 108 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) zu erstatten.
Ab dem 21. August 1989 erhielt die Familie Sozialhilfeleistungen vom Beklagten.
Mit Kostenerstattungszusage vom 6. April 1990 erkannte der Kläger als überörtlicher Sozialhilfeträger in Hessen gegenüber dem Beklagten unter Bezugnahme auf § 108 BSHG für die Zeit ab 21. August 1989 seine Erstattungspflicht hinsichtlich der Sozialhilfeaufwendungen an, auf Anforderung des Beklagten erfolgten die Erstattungen in den Folgejahren auch tatsächlich.
Für den Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis 31. Juli 2004 überwies der Kläger Erstattungszahlungen i.H.v. insgesamt 38.192,25 €. Ausweislich der Verwaltungsakten der Beteiligten erstattete er am 14. Oktober 2003 für den Zeitraum des Jahres 2002 4.217,88 €, am 22. September 2004 für den Zeitraum von Januar 2003 bis Juli 2004 7.406,48 €. Nach einer im Rechtsstreit vorgelegten Aufstellung des Klägers überwies der Kläger am 8. Januar 2003 für den vorausgegangenen Zeitraum von Januar 1998 bis Dezember 2001 26.567,89 €.
Mit Schreiben vom 4. Juli 2006 lehnte der Kläger gegenüber dem Beklagten für die Zeit ab 1. August 2004 die weitere Kostenerstattung ab. Unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 2005 - xxxxx - begründete er die Ablehnung damit, dass allein der erste Grenzübertrittsort durch die Kostenerstattungsregelung geschützt sei, nicht aber die folgenden Aufenthaltsorte, wobei mit dem Umzug nach D-Stadt ein Aufenthaltswechsel über die örtliche Zuständigkeitsgrenze des zunächst zuständigen, ersten Sozialhilfeträgers hinweg stattgefunden habe. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 108 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) sei nur bis zum 16. August 1989 gegeben gewesen. Der Kläger behalte sich einen Rückerstattungsanspruch vor.
Nach weiterem Schriftwechsel zwischen den Beteiligten nahm der Kläger die Kostenerstattungszusage vom 6. April 1990 zurück und machte zunächst einen Erstattungsanspruch für den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis 31. Juli 2004 geltend.
Der Kläger hat am 27. Dezember 2006 Klage vor dem Sozialgericht in Kassel erhoben, mit der er erstmals insgesamt die Erstattung der vom 1. Januar 1998 bis 31. Juli 2004 erbrachten Leistungen verlangte. Der Beklagte hat sich gegen die Klage mit der Begründung gewandt, dass nach der Wiedereinreise am 8. August 1989 zunächst nur ein vorübergehender Aufenthalt im OX.Kreis begründet worden sei. Ihren gewöhnlichen Aufenthalt habe die Familie erst im Anschluss daran erstmals im Zuständigke...