Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Versorgung mit häuslicher Krankenpflege. Schiedsspruch einer Schiedsperson. Maßstab der Beurteilung der Unbilligkeit eines Schiedsspruchs zur Anhebung der Vergütung der Leistungen. Geltung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität. Zulässigkeit der Begründung des Schiedsspruchs auf im Verfahren vorgebrachte Angaben
Orientierungssatz
1. Maßstab der Beurteilung der Unbilligkeit eines Schiedsspruchs ist ausschließlich dessen wirtschaftliches Gesamtergebnis. Die Anforderungen in Bezug auf die Ermittlung des Vorliegens bzw Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 71 Abs 1 S 1 SGB 5 durch die Schiedsperson dürfen im Hinblick auf dessen Stellung und Funktion nicht überspannt werden.
2. Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität gemäß § 71 Abs 1 S 1 SGB 5 gilt auch für die Leistungen der häuslichen Krankenpflege (vgl BSG vom 25.11.2010 - B 3 KR 1/10 R = BSGE 107, 123 = SozR 4-2500 § 132a Nr 5).
3. Eine durch die Schiedsperson vorgenommene Steigerung der Vergütung ist solange nicht unbillig, als die Schiedsperson aufgrund der ihr zustehenden Einschätzung davon ausgehen darf, dass die festgesetzte Vergütungssteigerung erforderlich ist, um die Leistungserbringer bei Ausschöpfung vorhandener Wirtschaftlichkeitsreserven in die Lage zu versetzen, die notwendige medizinische Versorgung der Versicherten zu gewährleisten.
4. Es ist nicht zu beanstanden, wenn sich die Begründung des Schiedsspruchs auf die im Verfahren vorgebrachten Angaben der Beteiligten und die wesentlichen Erwägungen der Schiedsperson beschränkt.
5. Eine Unbilligkeit des Schiedsspruchs kann nicht darauf gegründet werden, dass die festgesetzte Vergütung nicht dem Marktpreis entspricht.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 15. März 2013 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten sind die Regelungen eines Schiedsspruchs einer Schiedsperson zur Anhebung der Vergütung der Leistungen häuslicher Krankenpflege nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) betreffend das Leistungserbringungsjahr 2009 streitig.
Die Kläger schlossen im Jahr 1996 mit den Beklagten - den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege - einen Rahmenvertrag über die häusliche Krankenpflege in Hessen (Rahmenvertrag 1996). Dieser Vertrag wurde zum 31. Dezember 2001 gekündigt, in Ermangelung einer Neuregelung aber bis zum 31. Dezember 2004 weiter angewendet. Zum 1. Januar 2005 wurde der Vertrag durch den “Rahmenvertrag über die häusliche Krankenpflege nach § 132a SGB V in Hessen" vom 8. Dezember 2004 (Rahmenvertrag 2005) ersetzt, der bis heute anwendbar ist. Er bindet die beteiligten Krankenkassenverbände und Ersatzkassen auf der einen und die den Beklagten angeschlossenen ambulanten Pflegedienste, soweit diese dem Vertrag beigetreten sind, auf der anderen Seite. Der Rahmenvertrag 2005 enthält unter anderem allgemeine Grundsätze sowie Regelungen zum Inhalt und zur Abgrenzung der häuslichen Krankenpflege, zur Eignung der Leistungserbringer, zu Maßnahmen der Qualitätssicherung, zum Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den an der Versorgung der Versicherten Beteiligten und zu den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung einschließlich deren Prüfung. Die Vergütung der erbrachten Leistungen erfolgt nach der jeweils gültigen Vergütungsvereinbarung. Teil der vertraglichen Vereinbarung ist außerdem eine Schiedsperson-Regelung. Sie enthält Regelungen über die Bestellung, die Aufgaben, die Amtsführung und die Abberufung der Schiedsperson, Bestimmungen über das Schiedsverfahren und seine Einleitung sowie über die Entscheidung der Schiedsperson und über die Kündigung der Vereinbarung.
Über die Beschreibung der Leistungen der häuslichen Krankenpflege und deren Vergütung konnten die Beteiligten bei den Vertragsverhandlungen zum Rahmenvertrag 2005 keine Einigung erzielen. Da sich die Beteiligten auch auf eine Schiedsperson nicht verständigen konnten, bestimmte das Hessische Sozialministerium mit Schreiben vom 31. August 2006 eine Schiedsperson, die am 2. Mai 2007 einen ersten und später auch den im hiesigen Verfahren streitigen Schiedsspruch erließ. Auf die Bestimmung einer weiteren Schiedsperson wurde von den Beteiligten verzichtet.
Im November 2006 leiteten die Beteiligten zur Herbeiführung einer Einigung betreffend die offenen Vergütungsfragen ein Schiedsverfahren ein, das mit Schiedsspruch der Schiedsperson K. vom 2. Mai 2007 endete. Dieser erhöhte die bis dahin geltende Vergütung der Leistungen der häuslichen Krankenpflege ebenso wie die Hausbesuchspauschale für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2008 jeweils pauschal um 5,98 %. In der Begründung des Schiedsspruchs ist angeführt, dass die Vergütung für Leistungen der häuslichen Krankenpflege zuletzt im Jahr 1998 für das Jahr 1999 erhöht...