Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilferecht: Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Gewährung zusätzlicher Leistungen wegen eines ernährungsbedingten Sonderbedarfs. Bestellung eines besonderen Vertreters bei partieller Prozessunfähigkeit
Orientierungssatz
1. Bei Erkrankung an einer Hypertonie und Diabetes mellitus Typ 1 kommt die Zuerkennung eines Mehrbedarfs für kostenintensive Ernährung im Rahmen der Sozialhilfeleistungen nicht in Betracht, da eine Ernährung durch gesunde Vollkost erfolgen kann, die durch den Regelsatz gedeckt ist.
2. Einzelfall zur Bestellung eines besonderen Vertreters einer Partei wegen partieller Prozessunfähigkeit bei einer paranoiden Persönlichkeitsstörung.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 14. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Tatbestand
Der 1958 geborene, nicht unter Betreuung stehende Kläger ist voll erwerbsgemindert und bezieht eine Rente wegen Erwerbsminderung und seit Jahren Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII. Er leidet an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung (Querulantenwahn bzw. querulatorische Entwicklung) sowie mehreren internistischen Erkrankungen (Diabetes mellitus Typ 2, arteriellen Hypertonie, koronaren Herzkrankheit, periphere arteriellen Verschlusskrankheit, diabetischen periphere Polyneuropathie, Fettstoffwechselstörung).
Mit Schreiben vom 20. April 2011 beantragte er die zusätzliche Gewährung von laufenden Leistungen in Höhe von 120,53 € monatlich für spezielle natriumverminderte Diabetikermenüs von Essen auf Rädern im Rahmen der Grundsicherung nach dem dritten Kapitel des SGB XII.
Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13. Februar 2012 mit dem Hinweis ab, der Kläger habe mit Bescheid vom 19. Februar 2010 die Kosten einer besonderen Pflegekraft für hauswirtschaftliche Versorgung bis zu 51 Minuten täglich (zuzüglich der entsprechenden Hausbesuchspauschalen) zuerkannt bekommen. Die geleistete Hilfe zur Pflege entspreche damit im Umfang dem Bedarf des Klägers im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung laut Pflegegutachten des medizinischen Dienstes der Krankenkassen Hessen vom 14. Dezember 2009. Hiernach sei der Bedarf für hauswirtschaftliche Versorgung mit einem Zeitaufwand von sechs Wochenstunden beziffert inklusive der einmal täglichen Zubereitung eines warmen Essens. Die Mithilfe des Klägers werde hierbei als möglich erachtet. Bei der gewährten Hilfe durch eine besondere Pflegekraft bestehe kein weitergehender Bedarf im Bereich der Zubereitung von Mahlzeiten, der zu einer Übernahme der Kosten für Essen auf Rädern führen könnte. Unter Verweis auf § Abs. 5 SGB XII sei festzustellen, dass ein ernährungsbedingter Mehrbedarf nur gewährt werde, wenn er aus medizinischen Gründen nachgewiesen werde. Ein solcher Mehrbedarf bestehe auch nach den aktualisierten Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 1. Oktober 2008 weder für die geltend gemachte Erkrankung Hypertonie (Bluthochdruck), noch für die Erkrankung Diabetes mellitus Typ 1.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers vom 23. März 2012 hat der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 5. November 2012 unter Hinweis auf die Begründung des ablehnenden Bescheids zurückgewiesen.
Die hiergegen rechtzeitig erhobene Klage hat das Sozialgericht Gießen durch Urteil vom 14. Juni 2013 wegen der Prozessunfähigkeit des Klägers als unzulässig verworfen.
Gegen dieses dem Kläger am 28. Juni 2013 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 29. Juli 2013 (einem Montag) eingegangene Berufung, mit der er sein Anliegen weiter verfolgt.
Mit Beschluss vom 5. Oktober 2015 hat der Senatsvorsitzende für das weitere Verfahren Herrn Justizinspektor B. als besonderen Vertreter des Klägers bestellt. Dieser hat die bisherigen Verfahrenshandlungen des Klägers genehmigt und in Übereinstimmung mit dem Beklagten sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Senatsvorsitzenden bzw. Berichterstatter erklärt.
Der Kläger beantragt sinngemäß
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 14. Juni 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 13. Februar 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm höhere laufende Leistungen der Grundsicherung in Höhe von 120,53 € monatlich zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet die angegriffenen Bescheide rechtmäßig und verweist zusätzlich auf das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 12. September 2012 (S 18 SO 11/10 VR).
Entscheidungsgründe
Der Vorsitzende konnte ohne mündliche Verhandlung anstelle des Senats entscheiden, nachdem sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Berufung ist in der Sache unbegründet, die angegriffenen Bescheide si...