Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung Hessen. Erweiterte Honorarverteilung. Beitragsbemessung. Vorwegabzug des EHV-Anteils am Honorar zugunsten von angestellten Ärzten eines MVZ. Verfassungsmäßigkeit. Unangemessenheit von § 3 Abs 1 S 1 GEHV, soweit die Regelung keine Sachkostenabzüge vorsieht
Orientierungssatz
1. Die Einbeziehung der in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) angestellten Ärzte in die Erweiterte Honorarverteilung (EHV) mit der Folge, dass die Träger der MVZ im Wege des Vorwegabzugs eine Minderung ihrer Honorarforderung hinnehmen müssen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl BSG vom 19.2.2014 - B 6 KA 8/13 R = SozR 4-2500 § 85 Nr 80). Es liegt keine Verletzung des aus Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG abzuleitenden Grundsatzes auf gleichmäßige Teilhabe an der Verteilung der Gesamtvergütung noch des Äquivalenzprinzips vor.
2. § 3 Abs 1 S 1 der Grundsätze der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen - GEHV (juris: ErwHVGrs HE) in der ab 1.7.2012 geltenden Fassung verstößt gegen Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG, soweit die Regelung keine Sachkostenabzüge vorsieht und damit in unangemessener Weise das weitgehend ungekürzte Honorar der Beitragsbemessung zu Grunde legt, ohne die mit der allein umsatzbezogenen Betrachtung einhergehende ungleiche Belastung in anderer Weise zu berücksichtigen (vgl LSG Darmstadt vom 11.4.2018 - L 4 KA 2/15 und L 4 KA 11/15).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 5. November 2014 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2012, abgeändert durch Bescheid vom 26. Juli 2013, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2014 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.508,00 Euro zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 5. November 2014 aufgehoben, soweit damit die Beklagte verpflichtet wird, über die Eingruppierung der Frau C. C. und die Festsetzung des Quartalsbeitrags zur EHV neu zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Festsetzung der EHV-Beitragsklasse 1 und des EHV- Beitrags in Höhe von 637,00 Euro im Quartal für die bei der Klägerin angestellte Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie C. C. nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Beklagten (GEHV) für das Beitragsjahr 2012/2013 und über die Feststellung, dass die Klägerin nicht zur Teilnahme an der EHV zugunsten von Frau C. im Zeitraum 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013 verpflichtet ist.
Die Klägerin ist eine GmbH und Trägerin eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) mit Praxissitz in A-Stadt. Seit dem 1. Oktober 2011 beschäftigte sie die Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie C. C. als angestellte Ärztin mit der LANR x.1.
Die Beklagte setzte in den Quartalen IV/11 bis II/13 das Honorar der Klägerin und Frau C. durch Honorarbescheide wie folgt fest:
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Quartal |
IV/11 |
I/12 |
II/12 |
III/12 |
Honorarbescheid vom |
02.04.2012 |
03.07.2012 |
29.09.2012 |
06.01.2013 |
Nettohonorar gesamt in € |
36.717,46 |
47.546,17 |
42.578,20 |
38.740,17 |
Bruttohonorar PK + EK in € |
36.162,61 |
46.861,85 |
41.930,06 |
38.339,70 |
Fallzahl PK + EK |
264 |
296 |
298 |
324 |
Frau C. C. |
|
|
|
|
Bruttohonorar PK + EK in € |
5.166,82 |
5.753,44 |
6.876,17 |
10.376,79 |
EHV-Einbehalt Sonderverträge in € |
|
|
1.322,75 |
|
Fallzahl PK + EK |
38 |
44 |
57 |
55 |
EHV-Einbehalt in € |
287,61 |
321,42 |
460,60 |
2.508,00 |
|
Quartal |
IV/12 |
I/13 |
II/13 |
Honorarbescheid vom |
08.04.2013 |
15.07.2013 |
20.09.2013 |
Nettohonorar gesamt in € |
42.463,97 |
37.831,27 |
45.728,26 |
Bruttohonorar PK + EK in € |
42.960,19 |
38.687,17 |
46.818,92 |
Fallzahl PK + EK |
334 |
346 |
349 |
Frau C. C. |
|
|
|
Bruttohonorar PK + EK in € |
11.166,06 |
10.565,19 |
12.134,54 |
Fallzahl PK + EK |
59 |
59 |
54 |
EHV-Einbehalt in € |
2.508,00 |
2.508,00 |
627,00 |
Die Beklagte stufte mit Bescheid vom 31. August 2012 für den Zeitraum 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013 die angestellte Ärztin der Klägerin in die Beitragsklasse 4 ein und setzte danach den Beitrag je Quartal auf 2.508,00 Euro, was einem Jahresbetrag von 10.032,00 Euro entspricht, fest. Hierbei ging sie von folgenden Eckdaten aus:
|
Gesamthonorar 2010 |
-- |
Durchschnittshonorar 2010 |
205.389,02 € |
Anteil am Durchschnittshonorar |
0,00 |
Ermittelte Beitragsklasse |
4 |
Die Festsetzung begründete sie mit der Neuaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 1. Oktober 2012 Widerspruch ein. Zur Begründung legte sie dar, dass es an einer Rechtsgrundlage für die GEHV fehle und sie in ihren Grundrechten verletzt werde. Die einzig grundgesetzkonforme Möglichkeit der Bestimmung der Beitragshöhe für “E...