Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Arzneimittel. Gewährung von Arzneimittelherstellerrabatt durch Hersteller des Fertigarzneimittels “Pamidronat XY". Verfassungsmäßigkeit des Herstellerrabatts. Rechtmäßigkeit der vorläufigen Belastung der Apotheken mit der Rabattverpflichtung. Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs eines Apothekers gegen den Hersteller. Herstellerabschläge gelten nur für Fertigarzneimittel mit einheitlich festgesetztem Herstellerabgabepreis. Verpflichtung des pharmazeutischen Unternehmens zur ordnungsgemäßen Übermittlung der für die Publikation in der Lauertaxe bestimmten Daten
Orientierungssatz
1. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Gesetzeskraft entschieden, dass das Beitragssatzsicherungsgesetz einschließlich des mit ihm eingeführten § 130a SGB 5 mit dem Grundgesetz vereinbar ist (vgl BVerfG vom 13.9.2005 - 2 BvF 2/03 = BVerfGE 114, 196ff = SozR 4-2500 § 266 Nr 9).
2. Die vorläufige Belastung der Apotheken mit der Rabattverpflichtung kann als sozialrechtliche Verpflichtung bei der Versorgung gesetzlich Krankenversicherter und als skontoähnlicher Ausgleich für prompte Zahlung angesehen werden (vgl BVerfG vom 13.9.2005, 2 BvF 2/03 aaO). Sie ist verfassungsrechtlich aber nur dann akzeptabel, wenn die Apotheken zuverlässig, vollständig und zügig wieder entlastet werden. Dies soll durch § 130a Abs 1 S 2 bis 4 SGB 5 sichergestellt werden
3. Der Erstattungsanspruch eines Apothekers gegen den Hersteller setzt voraus, dass der Krankenkasse zu Recht der Herstellerrabatt nach § 130a SGB 5 gewährt worden ist. Der Hersteller kann dabei zur Abwehr des Erstattungsanspruchs nach § 130a Abs 1 S 2 und 4 SGB 5 alle in Betracht kommenden Einwände tatsächlicher und rechtlicher Art geltend machen, also auch jene Einwände, die sich auf den Anspruch der Krankenkasse gegen den Apotheker auf den Preisabschlag nach § 130a Abs 1 S 1 SGB 5 beziehen. Dies beruht darauf, dass der Hersteller an dem Abrechnungsverfahren zwischen Apotheker und Krankenkasse nicht selbst beteiligt ist (vgl BSG vom 29.4.2010 - B 3 KR 3/09 R = SozR 4-2500 § 130a Nr 6).
4. Die Herstellerabschläge gelten nur für Fertigarzneimittel, deren Apothekenabgabepreise aufgrund der Preisvorschriften nach dem AMG (juris: AMG 1976) oder aufgrund des § 129 Abs 5a SGB 5 bestimmt sind (vgl BSG vom 28.7.2008 - B 1 KR 4/08 R = BSGE 101, 161 = SozR 4-2500 § 130a Nr 3).
5. Die Festsetzung des Herstellerabgabepreises unterliegt der Höhe nach zwar der freien Entscheidung durch den Hersteller. Seine Festsetzung hat jedoch einheitlich zu erfolgen. Für rezeptpflichtige und sonstige zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähige Arzneimittel gibt es damit zwar eine Preisbindung, aber keine Kontrolle der Preise auf ihre Angemessenheit hin. Welcher Preis zu einem bestimmten Zeitpunkt als Herstellerabgabepreis maßgebend ist, lässt sich der sog Lauer-Taxe entnehmen, bei der es sich um eine auf privater Initiative beruhende Aufstellung von Arzneimitteln und sonstigen apothekenüblichen Waren mit Preisen handelt.
6. Einem pharmazeutischen Unternehmen obliegt es, für eine ordnungsgemäße Übermittlung der für die Publikation in der Lauertaxe bestimmten Daten Sorge zu tragen. Aus anfänglichen unrichtigen Herstellerpreisangaben resultierende Berechnungen des Herstellerabschlags durch die Apotheken und Krankenkassen unter Heranziehung des § 130a Abs 2 SGB 5 mit den Folgewirkungen auf den Erstattungsanspruch der Apotheker muss ein pharmazeutisches Unternehmen gegen sich geltend lassen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 9. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 16.285,07 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Herstellerrabattes nach § 130a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) für den Zeitraum Juli bis November 2003 für das Fertigarzneimittel “Pamidronat XY.".
Die Klägerin ist eines von fünf standeseigenen Rechenzentren der Apotheken in Deutschland. Sie betreibt ein Unternehmen zur Abrechnung von Rezepten gegenüber den Kostenträgern für die ihr angeschlossenen Apotheken. Hinsichtlich der Abrechnungsaufträge zwischen Apotheken und der Klägerin sind Abrechnungsbedingungen vereinbart, welche die Klägerin berechtigen, die Forderungen der Apotheken aus den ihnen übergebenen Rezepten gegenüber den Kostenträgern im eigenen Namen außergerichtlich und gerichtlich geltend zu machen.
Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der Firma XY. Pharma Deutschland GmbH; diese war wiederum die Rechtsnachfolgerin der Firma ZZ. GmbH.
Die Beklagte betreibt, wie ihre Rechtsvorgängerinnen, ein pharmazeutisches Unternehmen, welches Arzneimittel herstellt, u. a. auch das Fertigarzneimittel “Pamidronat XY.", ein...