Rz. 102
Bereits mit dem durch das Rentenreformgesetz (RRG 1992) v. 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261) zum 1.1.1992 einfügten § 262 (Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsentgelt) verfolgte der Gesetzgeber – ähnlich wie jetzt mit dem Grundrentenzuschlag – das Ziel einer Kompensation von niedriger erzielten Arbeitsverdienste in der Erwerbsbiografie durch die Anhebung der Entgeltpunkte (BT-Drs. 11/4124 S. 76, 201 – hier noch geregelt in § 257; vgl. instruktiv auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 27.3.2015, L 14 R 122/13, § 262 war insoweit eine Nachfolgeregelung zur Rente nach Mindesteinkommen 1972, die der Gesetzgeber mit dem Rentenreformgesetz v. 16.10.1972, BGBl. I S. 1965, einführt hatte – vgl. insoweit § 55a des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes, § 54b Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz und § 10a Knappschaftsrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz). Bereits mit § 262 durchbrach der Gesetzgeber daher das im Rentenrecht herrschende Äquivalenzprinzip nach § 63 Abs. 1, auch wenn beide Regelungen den Bezug zur Beitragszahlung aufrechterhalten. Im Falle der Grundrente müssen 33 Jahre mit Grundrentenzeiten vorhanden sein, während bei § 262 mindestens 35 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten vorhanden sein müssen.
Rz. 103
Der Grundrentenzuschlag nach § 76g unterscheidet sich von den in § 262 geregelten Mindestentgeltpunkten bei geringem Arbeitsentgelt dadurch, dass es die Mindestentgeltpunkte nur für Zeiten vor Januar 1992 gibt. Die Mindestentgeltpunkte fallen daher nicht so hoch aus, wie es beim Grundrentenzuschlag der Fall wäre. Die praktische Bedeutung des § 262 nimmt mit zunehmend sich entfernendem Stichtag (1.1.1992) ab. Künftig werden Versicherte immer weniger in den Genuss des § 262 kommen. Außerdem begrenzt § 262 die Anhebung bei den Mindestentgeltpunkten auf 50 %. Die Absenkung um 12,5 % bei der Grundrente nach § 76g Abs. 4 Satz 6 relativiert dies jedoch wieder. § 262 sieht im Übrigen auch keine Untergrenze vor, wie das bei der Grundrente mit durchschnittlich 0,3 Rentenpunkten der Fall ist (§ 76g Abs. 3 Satz 1). Außerdem erfolgt bei § 262 keine Einkommensanrechnung, wie sie für die Grundrente nach § 97a vorgesehen ist.
Rz. 104
Nach der gesetzgeberischen Intention sollen bei der Ermittlung der Grundrentenbewertungszeiten nach Abs. 3 auch die zusätzlichen Entgeltpunkte nach § 262 berücksichtigt werden (vgl. BT-Drs. 19/18473 S. 37, BR-Drs. 85/20 S. 34). Damit geht der erhöhende Wert aus § 262 in die Grundrentenbewertungszeit ein und erhöht deren Wert (vgl. auch Komm. zu Rz. 54).
Rz. 105
Da § 76g und § 262 diejenigen besserstellen soll, die nach langjähriger Versicherung aus unterdurchschnittlichem Einkommen über eine nur geringe Rentenanwartschaft verfügen, ist es erforderlich, eine Grenze zu definieren, oberhalb derer kein Zuschlag an Entgeltpunkten gewährt wird (hierauf hatte der Gesetzgeber ausdrücklich auch in den Gesetzeserwägungen hingewiesen, vgl. BT-Drs. 19/18473 S. 38, BR-Drs. 85/20 S. 35). Deshalb sehen beide Vorschriften derartig Begrenzungen vor; § 76g Abs. 4 Satz 5 legt insoweit den Höchstwert auf 0,0667 Entgeltpunkte fest, § 262 zieht insoweit die Grenze bei 0,0625 Entgeltpunkten.
Rz. 106
76g Abs. 5 und § 262 Abs. 2 regeln im Übrigen die gleichmäßige Zuordnung des Zuschlags an Entgeltpunkten auf die Kalendermonate (vgl. auch BT-Drs. 19/18473 S. 39, BR-Drs. 85/20 S. 36).