2.1 Unterscheidung zwischen allgemeinen Wahlen und Wahlen in besonderen Fällen (Abs. 1)
Rz. 2
Nach der Regelung des Abs. 1 ist bei den Sozialversicherungswahlen zwischen allgemeinen Wahlen und Wahlen in besonderen Fällen zu unterscheiden (Satz 1).
Allgemeine Wahlen sind nach Satz 2 die Wahlen, die im gesamten Wahlgebiet regelmäßig und einheitlich stattfinden, also die unter der Bezeichnung "Sozialversicherungswahlen" in einem 6-jährigen Turnus stattfindenden Wahlen. Dabei werden die Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane der Sozialversicherungsträger, die Versichertenältesten und die Vertrauenspersonen gewählt. Der Turnus ergibt sich aus der Amtsdauer der Organmitglieder sowie der Versichertenältesten und Vertrauenspersonen, die sechs Jahre beträgt (§§ 58 ff.). Einheitlichkeit bedeutet, dass die Wahlvorbereitungen und die Wahlhandlungen bei allen Versicherungsträgern gleich ablaufen.
Als Wahlen in besonderen Fällen bezeichnet das Gesetz
- Wahlen zu den Organen neu errichteter Versicherungsträger ( insb. aufgrund von Neubildungen als Folge von Konzentrationsmaßnahmen ) sowie
- Wahlen, die erforderlich werden, weil eine Wahl für ungültig erklärt worden ist ( aufgrund von Wahlanfechtung und sozialgerichtlicher Feststellung ), sog. Wiederholungswahlen (Satz 2).
2.2 Grundsätze des Wahlverfahrens (Abs. 2)
Rz. 3
Die Wahlen zu den Selbstverwaltungsorganen sind, den allgemeinen Grundsätzen demokratischer Wahlen entsprechend, frei und geheim (Satz 1). Die übrigen im Grundgesetz genannten Wahlrechtsgrundsätze (geheim, gleich, allgemein, unmittelbar) gelten für die Sozialversicherungswahlen (BVerfGE 30 S. 227, 246).
Die Wahlen werden, wie das auch bei den Bundestagswahlen im Ergebnis geschieht, nach den Grundsätzen der Verhältniswahl durchgeführt, die eine Sitzverteilung sicherstellt, die den für eine Liste abgegebenen Stimmenanteilen entspricht. Allerdings gilt wie auch bei den Bundestags- und Landtagswahlen eine 5 %-Klausel, nach der nur die Vorschlagslisten berücksichtigt werden, auf die mindestens ein solcher Stimmenanteil entfallen ist (Satz 3). Dies soll eine Stimmenzersplitterung verhindern. Es ist aber in der verfassungsrechtlichen Diskussion durchaus umstritten, ob eine 5 %-Klausel noch angemessen ist.
Rz. 4
Das Wahlergebnis wird nach dem Höchstzahlverfahren nach d´Hondt ermittelt. Hiernach wird bei der Ermittlung der Zahl von Sitzen, die auf die einzelnen Listen entfallen, wie folgt vorgegangen:
- Die Zahl der Stimmen, die eine Liste erzielt hat, wird für jede Liste der Reihe nach durch die Zahlen 1, 2, 3, 4, 5 usw. dividiert. Die Ergebnisse sind die sog. Höchstzahlen. Diese sind jeweils einer der Listen zugeordnet.
- Bildet man nun aus den Höchstzahlen sämtlicher Listen – beginnend mit der höchsten Zahl – eine absteigende Reihenfolge, so ergibt sich daraus die Sitzverteilung für die Listen.
Rz. 5
Bei einer Wahl sind auf die Liste A 50.000, auf die Liste B 30.100 Stimmen entfallen. Es sind 10 Sitze zu vergeben.
Die Teilung durch die Zahlen 1, 2, 3, 4 , 5, 6, 7 und 8 ergibt für die Liste A die Höchstzahlen 50.000, 25.000, 16.667, 12.500, 10.000, 8.333, 7.143 und 6.250 sowie
für die Liste B die Höchstzahlen 30.100, 15.050, 10.033, 7.525, 6.020, 5.017, 4.333 und 3.763.
Aus der Kombination der Zahlen beider Listen ergibt sich folgende Reihenfolge (Zuordnung der Zahlen zur Liste A oder B jeweils über den Zahlen) :
A |
B |
A |
A |
B |
A |
B |
A |
A |
B |
50.000 |
30.100 |
25.000 |
16.667 |
15.050 |
12.500 |
10.033 |
10.000 |
8.333 |
7.525 |
Das Ergebnis ist also: Der Liste A stehen 6 Sitze, der Liste B 4 Sitze zu. Dies entspricht den prozentualen Stimmenanteilen beider Listen, das etwa im Verhältnis 60 : 40 steht.