2.1 Haushaltsgrundsätze
2.1.1 Jährlichkeit
Rz. 5
Der Grundsatz der Jährlichkeit bedeutet, dass für jedes Haushaltsjahr ein Haushaltsplan aufzustellen ist. Außerdem wird festgelegt, dass das Haushaltsjahr dem Kalenderjahr entspricht. Dieser Grundsatz ist bereits im Gesetzestext (§ 67 Abs. 1) explizit vorgegeben.
Die Jährlichkeit geht mit dem Grundsatz der zeitlichen Spezialität einher. Das bedeutet, dass alle Einnahmen in den Haushaltsplan eingestellt werden dürfen, die für dieses Haushaltsjahr zu erwarten sind. Ausgabeermächtigungen und Verpflichtungsermächtigungen dürfen nur insoweit veranschlagt werden, als sie für den zu planenden Zeitraum benötigt werden. Dies gilt sowohl für die Aufstellung als auch für den Vollzug des Haushaltsplans (§ 18 Abs. 1 SVHV; Bundesagentur für Arbeit: § 45 Abs. 1 BHO). Ausgabeermächtigungen und Verpflichtungsermächtigungen stehen grundsätzlich ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Haushaltsplanes zur Verfügung. Sie verfallen grundsätzlich am Ende des Haushaltsjahres, soweit sie bis dahin nicht ausgeschöpft wurden. Als Ausnahmen von der Jährlichkeit des Haushalts kommen in Betracht:
- Ausgabereste bei übertragbaren Ausgaben (§ 18 Abs. 2 SVHV bzw. § 45 Abs. 2 BHO bei der Bundesagentur für Arbeit). Übertragbar sind Ausgaben für Investitionen, Ausgaben aus zweckgebundenen Einnahmen oder andere im Haushaltsplan durch Haushaltsvermerk für übertragbar erklärte Ausgaben, wenn dies ihre wirtschaftliche und sparsame Verwendung fördert (vgl. § 8 SVHV bzw. § 19 BHO bei der Bundesagentur für Arbeit).
- Mehrausgaben bei übertragbaren Ausgaben (Vorgriffe – § 15 Abs. 2 SVHV bzw. § 37 Abs. 6 BHO bei der Bundesagentur für Arbeit). Vorgriffe sind auf die nächstjährige Bewilligung für den gleichen Zweck anzurechnen. Die Voraussetzungen für eine über- oder außerplanmäßige Ausgabenbewilligung (§ 73 Abs. 1 SGB IV i. V. m. § 15 SVHV; bei der Bundesagentur für Arbeit i. V. m. § 37 Abs. 1 und 3 BHO) müssen erfüllt sein.
- Fortgeltende Verpflichtungsermächtigungen. Nicht in Anspruch genommene Verpflichtungsermächtigungen können, soweit der Haushaltsplan für das Folgejahr nicht rechtzeitig in Kraft gesetzt werden kann, über das Jahresende hinaus in Anspruch genommen werden bis zum Inkraftsetzen des Haushaltsplans dieses Folgejahres (§ 18 Satz 2 SVHV bzw. § 45 Abs. 1 Satz 2 BHO bei der Bundesagentur für Arbeit).
Eine Verkürzung des Verfügungszeitraums kann eintreten, wenn der Grund für die Ausgabeermächtigung entfallen ist oder Haushaltsvermerke wirksam werden.
Rz. 6
Der Haushaltsplan muss grundsätzlich vor Beginn des Haushaltsjahres, für das er gelten soll, festgestellt werden. Soweit der Haushaltsplan zu Beginn des Jahres noch nicht in Kraft getreten ist, sind die Vorschriften über die vorläufige Haushaltsführung nach § 72 anzuwenden.
2.1.2 Vollständigkeit, Genauigkeit und Wahrheit
Rz. 7
Alle Einnahmen, alle Ausgaben, alle benötigten Verpflichtungsermächtigungen und alle benötigten Planstellen müssen im Haushaltsplan veranschlagt werden. Der Grundsatz der Vollständigkeit ist dabei in Abs. 1 formuliert. Auf die Einhaltung des Grundsatzes der Vollständigkeit hat bereits das LSG für das Land Niedersachsen hingewiesen (LSG Niedersachsen, Urteil v. 19.1.1983, L 4 Kr 19/81). Ebenso weist das BSG auf die Einhaltung dieses Grundsatzes hin (BSG, Urteil v. 13.7.1999, B 1 A 1/99 R). In seiner Entscheidung bringt das BSG insbesondere zum Ausdruck, dass zur Einhaltung des Vollständigkeit die Angabe aller bei einem Versicherungsträger tätigen Beamten notwendig sei. Dabei komme es nicht darauf an, ob er für diese Beamten als Dienstherr fungiere. Entscheidend sei vielmehr die Frage, wer die Bezüge dieser Beamten zu tragen habe (§ 145 Abs. 3 SGB VI a. F.).
Im Übrigen sind die Grundsätze der Genauigkeit und Wahrheit zu berücksichtigen. Die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben sind gewissenhaft zu schätzen, soweit sie in ihrer Höhe noch nicht feststehen. Bei der Schätzung sind sowohl Erfahrungswerte anzusetzen als auch Entwicklungen und evtl. beabsichtigte Veränderungen (z. B. bei der Feststellung der Verwaltungskosten bevorstehender Tarifverhandlungen) mit einzubeziehen. Es dürfen keine vorhersehbaren Einnahmen oder Ausgaben bewusst außer Ansatz bleiben (Verbot der Bildung sog. schwarzer Kassen). Maßgebend für die Veranschlagung ist zur Vermeidung präjudizieller Wirkungen grundsätzlich das zum Zeitpunkt der Feststellung des Haushaltsplans geltende Recht sowie das Recht, für das das Gesetzgebungsverfahren so weit gediehen ist, dass von einem Inkrafttreten im Laufe des Haushaltsjahres ausgegangen werden muss. So waren bereits die voraussehbaren Ausgaben für die "Mütterrente" im Haushaltsplan aufzunehmen sowie die sich aus der Beitragsnachzahlung (§ 282 SGB VI Nachzahlung wegen Kindererziehung) möglichen Mehreinnahmen. Auch vorgesehene Veränderungen des Beitragssatzes (z. B. die Einführung bzw. Veränderung des Zusatzbeitrages in der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. die mit dem GKV-Versichertenentlastungsgesetz zum 1.1.2019 eingeführte paritätische Teilung des Zusatzbeitrags zur Krankenversicherung) sind ggf. ein...