Rz. 4
Die Staatsaufsicht dient ausschließlich dem öffentlichen Interesse. Sie hat die Bindung der Selbstverwaltungskörperschaften an die Staatsmacht zu gewährleisten. Deshalb ist das Aufsichtsverhältnis auch so gestaltet, dass Rechtsbeziehungen ausschließlich zwischen der Aufsichtsbehörde und dem Versicherungsträger bestehen.
Rz. 5
Grundsätzlich schreitet die Aufsichtbehörde nach pflichtgemäßer Ermessensausübung von Amts wegen ein, wenn ihr ein entsprechender Sachverhalt bekannt wird. Jedoch können auch Versicherte, aber auch Dritte, die nicht eine unmittelbare Verletzung ihrer Rechte durch einen Versicherungsträger geltend machen und sich zum Zwecke der aufsichtsbehördlichen Überprüfung einer Angelegenheit an die zuständige Aufsichtsbehörde wenden. Die Aufsichtsbeschwerden sind ihrer Rechtsnatur nach Petitionen (Art. 17 GG); sie sind an Formen und Fristen nicht gebunden. Selbst eine anonyme Anzeige stellt eine Anregung zu aufsichtsbehördlichem Tätigwerden dar. Wird eine Aufsichtsbeschwerde nicht von dem Betroffenen, sondern von einem Dritten erhoben, sollte sich die Aufsichtsbehörde die Bevollmächtigung (§ 13 SGB X) nachweisen lassen. Das gilt insbesondere, wenn das Sozialgeheimnis des Betroffenen zu besorgen ist.
Beschwerdeführer haben keinen Anspruch auf ein bestimmtes aufsichtsbehördliches Tätigwerden (BSGE 26 S. 237, 240). Es muss ihnen überlassen bleiben, vermeintliche Rechtsverstöße der Versicherungsträger ggf. gerichtlich zu verfolgen. Petenten können mithilfe der Aufsichtsbehörde ein bestimmtes Verhalten eines Versicherungsträgers nicht erzwingen, aber die Aufsichtsbeschwerde führt zu einem für den Beschwerdeführer kostenlosen Verfahren, in dem seine Angelegenheit umfassend überprüft wird. Die vom Versicherten angeregte aufsichtsbehördliche Überprüfung kann auch zu seiner Schlechterstellung führen, weil für die Aufsichtsbehörde das Verbot der reformatio in peius nicht gilt.
Beschwerdeführer sind vom Ergebnis der aufsichtsbehördlichen Prüfung und der Art der Erledigung zu unterrichten. Die Antwort der Aufsichtsbehörde ist aber kein Verwaltungsakt. Durch sie wird der Petent im Rechtssinne weder begünstigt noch beschwert. Ein Rechtsbehelf ist deshalb nicht gegeben.
Rz. 6
Bis zum rechtskräftigen Abschluss eines gerichtlichen Verfahrens zwischen einem Dritten und einem Versicherungsträger ist die Aufsichtsbehörde grundsätzlich nicht gehindert, tätig zu sein. Das liegt an der unterschiedlichen Aufgabenstellung von Gericht und Aufsicht. Die Gerichte urteilen lediglich über den an sie herangetragenen Einzelfall. Das Interesse der Aufsicht ist darüber hinaus auf die ordnungsgemäße Durchführung der Sozialversicherung gerichtet und umfasst jeden Rechtsverstoß.
Das Bundessozialgericht (BSGE 25 S. 224) vertritt die Auffassung, die Aufsichtsbehörde dürfe mit einer Aufsichtsanordnung grundsätzlich nicht der Entscheidung des Gerichts über ein zwischen dem Versicherungsträger und einem Dritten streitiges Rechtsverhältnis vorgreifen.