Rz. 81
Satz 1 Nr. 2 Buchst. a normiert die Rentenversicherungspflicht von behinderten Menschen, die in anerkannten Werkstätten i. S. d. § 219 SGB IX (vormals § 136 SGB IX) für Behinderte oder in Blindenwerkstätten i. S. d. § 226 SGB IX oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind (vgl. hierzu auch GRA der DRV zu § 1 SGB VI, Stand: 28.11.2023, Anm. 3). Zum 28.11.2023 sind andere Leistungserbringer nach § 60 SGB IX als Alternativen zu Werkstätten für behinderte Menschen im SGB IX zugelassen worden. Menschen mit Behinderungen, die bei einem anderen Leistungsanbieter tätig sind, sollen wie Menschen mit Behinderungen, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig sind, gleichermaßen zum versicherungspflichtigen Personenkreis gehören. Deshalb ist Satz 1 Nr. 2 Buchst. a insoweit erweitert worden. Diese Regelung beruht auf der Intention, die in Satz 1 Nr. 2 benannten behinderten Personen, für die arbeitnehmerähnliche Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen, in die Sozialversicherung einzubeziehen (BSG, Urteil v. 17.12.1996, 12 RK 2/96). Nach dem Wortlaut des § 1 Nr. 2 werden alle Menschen mit einer Behinderung i. S. d. § 2 Abs. 1 SGB IX erfasst (auf den in § 2 Abs. 1 SGB IX niedergelegten Begriff der Behinderung verweist daher zutreffend auch Vor, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 1 Rz. 68), also nicht nur Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50, die daher nach § 2 Abs. 2 SGB IX als schwerbehindert gelten, sondern auch alle Menschen, die einen niedrigeren GdB als 50 aufweisen. Eine Behinderung ist im SGB IX definiert: "Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können"; § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. "Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht"; § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB IX.
Rz. 82
Es bedarf jedoch keiner förmlichen Feststellung der Behinderung oder eines bestimmten Grades der Behinderung. Indem die Vorschrift bewusst nicht von Beschäftigung spricht, bezieht sie jede nicht unerhebliche Arbeit, die auf die Herstellung eines Produkts oder die Erbringung einer Dienstleistung von wirtschaftlichem Wert gerichtet ist, ein. Sie beschränkt sich jedoch auf die behinderten Menschen, die ihrer Behinderung gerecht am Arbeitsleben teilnehmen (BSG, Urteil v. 22.4.1992, 5 RJ 40/91). Für behinderte Menschen, die aufgrund der Art und Schwere ihrer Behinderung entsprechende arbeitnehmerähnliche Tätigkeiten nicht ausüben können, wird jedoch keine Rentenversicherungspflicht begründet. Somit ist es diesem Personenkreis, soweit nicht vor Eintritt der Behinderung Rentenanwartschaften erarbeitet werden können, weiterhin verwehrt, aufgrund einer Pflichtversicherung eigene Rentenanwartschaften zu erwerben. Die Relevanz dieser Prüfungspunkte ist bereits präjudiziert, da Leistungen nur unter Berücksichtigung von § 219 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in Betracht kommen; danach steht die Werkstatt allen behinderten Menschen i. S. d. § 219 Abs. 1 SGB IX unabhängig von Art oder Schwere der Behinderung nur dann offen, sofern erwartet werden kann, dass sie spätestens nach Teilnahme an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen werden.
Rz. 83
Der Versicherte muss daher durch die Werkstattleistungen befähigt werden, im Arbeitsbereich der Werkstatt zu arbeiten, also (prognostisch) die Fähigkeit besitzen, ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Arbeitsleistung zu erbringen, sog. Werkstattfähigkeit (vgl. auch BSG, Urteil v. 24.4.1996, 5 RJ 56/95). Dabei muss das sog. Eingangsverfahren nach § 57 SGB IX von jedem behinderten Menschen obligatorisch durchlaufen werden (Schramm, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. 2018, § 219 Rz. 23), sodass regelmäßig die Werkstattfähigkeit bereits bejaht wurde, wenn ein Betroffener bereits im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen eingesetzt ist. Daneben ist es in der praktischen Anwendung kaum denkbar, dass ein Betroffener einen niedrigen GdB unterhalb der Schwelle zum schwerbehinderten Menschen i. S. d. § 2 Abs. 2 SGB IX aufweist und dennoch in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig ist. § 219 Abs. 1 Satz 2 SGB IX regelt die grundsätzliche Voraussetzung für die Eröffnung der Leistungen innerhalb der Werkstatt. Danach steht die Werkstatt nur denjenigen behinderten Menschen offen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können.
Rz. 84
Für den Personenkreis derjenigen Menschen, die einen GdB unterhalb von 50 aufweisen, ist zu erwarten, dass sich für diese Personen die Rentenversicherungspflicht daher regelmäßig bereits aus einer Beschäftigung...