Rz. 7
Gemäß Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 a. F. unterlag eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaates abhängig beschäftigt wird oder im Gebiet eines Mitgliedstaates eine selbständige Tätigkeit ausübt, grundsätzlich den Sozialrechtsvorschriften dieses Staates. Von diesem Grundsatz waren in der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 a. F. Ausnahmen vorgesehen. In Ausnahmefällen stellte der Träger, den die zuständige Behörde desjenigen Mitgliedstaates bezeichnet, eine Bescheinigung darüber aus, dass diese Rechtsvorschriften weiterhin für den Betroffenen gelten (sog. A1/E 101-Bescheinigung). Diese Regelungen galten auch für Personen aus den mittel- und osteuropäischen Staaten, welche am 1.5.2004 der Europäischen Union beigetreten sind. Zwar genossen diese für eine Übergangszeit von maximal 7 Jahren kein Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit. Es bestand aber Dienstleistungsfreiheit. Alle im Ausland ausgestellten E 101-Bescheinigungen sollen bei einer zentralen Stelle erfasst werden. Zu diesem Zweck wird eine Ausfertigung der A1/E 101-Bescheinigung durch den ausstellenden Träger an die Datenstelle gesandt (Beschluss der Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer v. 17.3.2005). Auch in einigen anderen EU-Mitgliedstaaten (Belgien, Niederlande, Finnland und Schweden) werden alle im Ausland ausgestellten A1/E 101-Bescheinigungen bereits zentral erfasst und – soweit Zweifel auftreten – überprüft. Eine wesentliche Erscheinungsform der Schwarzarbeit ist die Verletzung sozialrechtlicher Pflichten. Durch den Missbrauch der A1/E 101-Bescheinigungen werden oft sozialversicherungsrechtliche Pflichten umgangen. In der Datenstelle sind bereits alle in Deutschland tätigen Arbeitnehmer, die zur Sozialversicherung angemeldet wurden, erfasst. Demgegenüber stellen sich die Kontrollmöglichkeiten bei in Deutschland tätigen ausländischen Arbeitnehmern schwierig dar.
Rz. 7a
Die Datenstelle der Rentenversicherung (DSRV) war bisher für die Speicherung der in den Entsendebescheinigungen A1/E 101 enthaltenen Daten bei Entsendung von Personen nach Deutschland zuständig, Im vorläufig weiterbestehenden Anwendungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, also insbesondere im Verhältnis zu den EWG-Staaten Liechtenstein, Norwegen, Island und der Schweiz, soll dies auch künftig gelten. Im Anwendungsbereich der neuen Verordnung (EG) Nr. 883/2004 soll die DSRV darüber hinaus auch zuständig sein für die Speicherung der in der Bescheinigung A 1 oder den entsprechenden strukturierten Dokumenten enthaltenen Daten aller Personen, die in Deutschland eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, ohne den deutschen Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit zu unterliegen. Hierbei handelt es sich nicht nur um Personen, die nach Deutschland zur Ausübung einer vorübergehenden Tätigkeit entsandt worden sind, sondern z. B. auch um Beamte und Wehrdienstleistende eines anderen Mitgliedstaates nach Art. 11 Abs. 3 Buchst. b und d, für Mehrfachbeschäftigte nach Art. 13 sowie die von einer Ausnahmevereinbarung nach Art. 16 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 betroffenen Personen. Die Speicherung der Daten dient der Überprüfung einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit in Deutschland, für die keine deutsche Sozialversicherung durchgeführt wurde, durch die Kontrollbehörden (BR-Drs. 846/10 S. 35).
Rz. 8
Um sozialversicherungsrechtliche Zuwiderhandlungen festzustellen, werden im Rahmen des Prüf- und Ermittlungsverfahrens Anfragen an die zuständigen ausländischen Sozialversicherungsträger gestellt. Diese zeitraubende Verfahrensweise kann in Einzelfällen den Prüfungserfolg gefährden, weil der Zugriff auf die geprüfte Person nicht mehr oder nur noch mit unverhältnismäßigem Prüfungsaufwand möglich ist, da diese inzwischen Deutschland wieder verlassen hat. Durch die zentrale Erfassung von Bescheinigungen für nach Deutschland entsandte Arbeitnehmer wird der Prüfungsablauf durch die Kontrollbehörden erheblich erleichtert. Bisher kaum feststellbare Sachverhalte können auf diese Weise ermittelt werden. So kann beispielsweise eine unzulässige regelmäßige Entsendung eines Arbeitnehmers (sog. Kettenentsendung) nachgewiesen werden. Darüber hinaus lässt sich auch die Echtheit der von ausländischen Arbeitnehmern bei der Kontrollbehörde vorgelegten Entsendebescheinigung bereits durch einen Abgleich mit der zentralen Datenbank feststellen. Außerdem kann die Datenbank Grundlage für eine Risikoanalyse der Kontrollbehörden sein. Sie ermöglicht die Feststellung einer häufig auftretenden Tätigkeit von Personen mit einer A1/E 101-Bescheinigung bei einem Betrieb im Inland sowie einer häufigen Entsendung von Arbeitnehmern aus einem bestimmten Unternehmen im Ausland und enthält damit entscheidende prüfungslenkende Erkenntnisse zur Beurteilung unzulässiger Arbeitnehmerüberlassungen.
Rz. 9
Die Regelung in Abs. 3 bietet die Rechtsgrundlage für die zentrale Erfassung der von den zuständigen ausländischen Stellen zugesandten Kopien der A1/E ...