Rz. 17
Gemäß § 14 Satz 1 SGB I hat jeder Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch. Die in § 14 SGB I geregelte Beratungspflicht der Sozialleistungsträger ist allerdings grundsätzlich nicht so weitreichend, dass daraus abgeleitet werden könnte, die Rentenversicherungsträger hätten bei beabsichtigter Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen für Zeiten der schulischen Ausbildung (§ 207 Abs. 1) zwingend Rentabilitätsberechnungen vorzunehmen und/oder Versicherten Vorschläge zur Optimierung ihrer Altersversorgung zu machen.
Rz. 18
Trotz zusätzlicher Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung könnten sich Nachzahlungsbeiträge - insbesondere bei niedriger Beitragszahlung für Zeiten zwischen dem 16. und 17. Lebensjahr – allerdings sogar negativ auf die Höhe des für die Bewertung von beitragsfreien Zeiten maßgebenden Gesamtleistungswertes (§ 71 Abs. 1) und damit mindernd oder nur geringfügig erhöhend auf den Monatsbetrag einer Rente (§ 64) auswirken. Ohne individuelle Beratung ist es Versicherten i. d. R. nicht möglich, diese mit einer Beitragsnachzahlung verbundenen nicht beabsichtigten oder sogar unerwünschten Rechtsfolgen abzuschätzen. Hinzu kommt, dass die Erstattung wirksam gezahlter Nachzahlungsbeiträge grundsätzlich nicht zulässig ist, es sei denn, der Versicherte könnte eine fehlerhafte oder unvollständige Beratung durch den Rentenversicherungsträger glaubhaft machen und im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs eine Beitragserstattung durchsetzen.
Zur Vermeidung sozialrechtlicher Nachteile sollten die Rentenversicherungsträger daher in Einzelfällen vor Erteilung eines Zulassungsbescheides zur Nachzahlung Probeberechnungen durchführen und den betreffenden Versicherten die leistungsrechtlichen Folgen aufzeigen, die sich aus einer Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen ergeben.
Eine Beratung zur Rentabilität der Beitragszahlung könnte z. B. angezeigt sein, wenn
- ein Nachzahlungsantrag konkrete Angaben zum Nachzahlungszeitraum sowie zur gewünschten Beitragshöhe enthält,
- ein Versicherter dies in seinem Nachzahlungsantrag ausdrücklich wünscht.
Bei krassem Missverhältnis zwischen beabsichtigtem Beitragsaufwand (§ 209 Abs. 2) im Vergleich zu den individuellen Auswirkungen der Nachzahlungsbeiträge auf Rentenansprüche sowie Rentenhöhe sollte der Rentenversicherungsträger dem Versicherten aufgrund seiner Beratungspflicht (§ 14 SGB I) ggf. andere Gestaltungsmöglichkeiten zur Optimierung seiner Altersversorgung vorschlagen.
Darüber hinaus könnte sich die Nachzahlung freiwilliger Beiträge auch auf andere Bereiche der Sozialen Sicherung auswirken (z. B. auf Leistungen öffentlich-rechtlicher Zusatzversorgungssysteme, Anspruch auf Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung). Zu etwaigen negativen Folgen außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Rentenversicherung sollte dem Versicherten deshalb empfohlen werden, sich von der für die Leistung jeweils zuständigen Stelle beraten zu lassen.