0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 224 i. d. F. des RRG 1992 v. 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261) begründete eine Verpflichtung des Arbeitgebers, unter bestimmten Voraussetzungen Altersrente wegen Arbeitslosigkeit zu erstatten. Diese Bestimmung ist jedoch durch Art. 1 Nr. 42 des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) v. 25.7.1991 (BGBl. I S. 1606) mit Wirkung zum 1.1.1992 gestrichen worden und nicht in Kraft getreten. Die eine Erstattungspflicht der Bundesanstalt bzw. Bundesagentur für Arbeit begründende Regelung des § 224 ist durch Art. 24 Abs. 1 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit v. 20.12.2000 (BGBl. I S. 1827) mit Wirkung zum 1.1.2001 in das SGB VI eingeführt worden.
Das Gesetz erfuhr eine erste redaktionelle Änderung durch Art. 5 Nr. 9 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848), indem mit Wirkung zum 1.1.2004 das Wort "Bundesanstalt" durch das Wort "Bundesagentur" (für Arbeit) ersetzt wurde. Auf der Grundlage des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) v. 9.12.2004 (BGBl. I S. 3242) sind mit Wirkung zum 1.1.2005 Abs. 3 und 4 begrifflich an die Neuorganisation der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst worden. Darüber hinaus ist der in Abs. 2 Satz 1 geregelte Zeitpunkt der Zahlung der Teilbeträge geändert worden.
Abs. 1 Satz 2 ist durch Art. 4 Nr. 15 Viertes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 3057) mit Wirkung zum 1.1.2012 dahingehend geändert worden, dass die Wörter "Kranken- und Pflegeversicherung" durch das Wort "Krankenversicherung" ersetzt wurden. Die Ausgleichspflicht der Bundesagentur für Arbeit beschränkt sich damit auf die Beteiligung der Rentenversicherung an den Beiträgen zur Krankenversicherung der Rentner nach § 249a SGB V und die Zahlung von Zuschüssen nach § 106 an die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. privat versicherten Rentner. Sie erfasst nicht mehr die Beiträge zur Pflegeversicherung, da diese seit dem 1.4.2004 nicht mehr von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung mitgetragen werden, sondern von den Rentnern alleine zu zahlen sind (§ 59 Abs. 1 SGB IX).
1 Allgemeines
Rz. 2
§ 224 regelt den zur sachgerechten Risikozuordnung zwischen Renten- und Arbeitslosenversicherung notwendigen Finanzausgleich für arbeitsmarktbedingte Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Der Regelung liegt folgender rechtlicher Hintergrund bezüglich des Anspruchs auf Renten wegen (voller) Erwerbsminderung nach § 43 zugrunde:
Rz. 3
Der Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ist nicht nur auf den in § 43 Abs. 2 Satz 2 geregelten Fall beschränkt, wonach volle Erwerbsminderung vorliegt, wenn das krankheitsbedingt geminderte Restleistungsvermögen des Versicherten auf einen täglichen Arbeitseinsatz von unter 3 Stunden reduziert ist. Voll erwerbsgemindert ist über den Wortlaut des Gesetzes hinaus auch der Versicherte, der noch 3, aber keine 6 Stunden täglich mehr erwerbstätig sein kann (und der damit nach dem Wortlaut des § 43 Abs. 1 Satz 2 nur teilweise erwerbsgemindert ist), wenn er einen seinem Restleistungsvermögen entsprechenden (Teilzeit-)Arbeitsplatz nicht innehat und damit arbeitslos ist (Arbeitsmarktrente; vgl. hierzu die Gesetzesbegründung zu § 43 in BT-Drs. 14/4230 S. 23, 25, sowie BSG, Urteil v. 19.10.2011, B 13 R 78/09 R). Obwohl der Gesetzgeber mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit v. 20.12.2000 (BGBl. I S. 1827) auch das Ziel verfolgte, das Risiko der Vermittlung eines Arbeitsplatzes eindeutig(er) der Arbeitslosenversicherung und das der krankheitsbedingten Erwerbsminderung klarer der gesetzlichen Rentenversicherung zuzuordnen, behält auch § 43 die von der Rechtsprechung des BSG zum (früheren) Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit entwickelte sog. konkrete Betrachtungsweise bei (vgl. BSGE 30 S. 167; 30 S. 192; 43 S. 75; 95 S. 112 st. Rspr., zuletzt BSG, Urteil v. 19.10.2011, B 13 R 78/09 R, sowie Urteil v. 9.5.2012, B 5 R 68/11 R). Diese Rechtsprechung des BSG, die zunächst noch zu den entsprechenden Bestimmungen der RVO und des AVG ergangen war, war von der Grundvorstellung des BSG getragen, dass der deutsche Arbeitsmarkt im Wesentlichen durch Vollzeitarbeitsplätze geprägt sei und Teilzeitarbeitsplätze nur in geringer Zahl vorhanden seien. Demnach müsse bei einem vollschichtig leistungsfähigen Versicherten vom Grundsatz her davon ausgegangen werden, dass er – trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen – noch eine reale Chance der Vermittelbarkeit eines leidensgerechten Arbeitsplatzes besitze, auch wenn er arbeitslos sei.
Rz. 4
Diese Rechtsprechung ist nunmehr – bezogen auf die nach § 43 maßgebliche Zeitgrenze von 6 Stunden – in § 43 Abs. 3 verankert, wonach ein 6-stündiges Leistungsvermögen vom Grundsatz her den Tatbestand der Erwerbsminderung ausschließt (vgl. hierzu Komm. zu § 43). Bei arbeitslosen Versicherten, die jedoch untervollschichtig leistungsfähi...