0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Ursprünglich regelte § 255e Besonderheiten bei der Bestimmung des aktuellen Rentenwerts; zunächst für die Zeit vom 1.7.2001 bis zum 1.7.2010, später dann für die Zeit vom 1.7.2005 bis zum 1.7.2011 und zuletzt für die Zeit vom 1.7.2005 bis zum 1.7.2013.
Zur Gesetzesentwicklung mit diesem Regelungsgegenstand bis zum Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze v. 15.7.2009 (BGBl. I S. 1939) vgl. GRA der DRV zu § 255e SGB VI, Stand 8.9.2023, Historie.
Durch Art. 1 Nr. 23 des Gesetzes über den Abschluss der Rentenüberleitung (Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz) wurde § 255e mit Wirkung zum 1.7.2018 aufgehoben. Dies war eine Folgeänderung zur Angleichung der aktuellen Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Regelung konnte daher insgesamt aufgehoben werden (vgl. BT-Drs. 18/11923 S. 31).
Durch Art. 1 Nr. 12 des Gesetzes über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz) v. 28.11.2018 (BGBl. I S. 2016) wurde § 255e mit gänzlich neuem Inhalt geschaffen (BR-Drs. 425/18 S. 5, 33 = BT-Drs. 19/4668 S. 13, 36 f.). Die Vorschrift enthält nunmehr eine Niveauschutzklausel für die Zeit vom 1.7.2019 bis zum 1.7.2025.
Durch Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Rentenanpassung 2022 und zur Verbesserung von Leistungen für den Erwerbsminderungsrentenbestand (Rentenanpassungs- und Erwerbsminderungsrenten-Bestandsverbesserungsgesetz) v. 28.6.2022 (BGBl. I S. 975) wurde § 255e mit Wirkung zum 1.7.2022 im Sinne einer Vorfahrtsregelung der Haltelinie – Sicherungsniveau vor Steuern mindestens 48 % nach § 154 Abs. 3 und 3a – geändert; durch Art. 1 Nr. 5 Buchst. a wurde in Abs. 1 das Wort "Mindestsicherungsniveau" eingefügt. Durch Art. 1 Nr. 5 Buchst. b wurde ein neuer Abs. 2 eingefügt, der die Regelungen zur Ermittlung des erforderlichen aktuellen Rentenwertes für die Einhaltung des Mindestsicherungsniveaus beinhaltet (vgl. auch Gesetzesmaterialien BT-Drs. 20/1680 S. 27 f. = BR-Drs. 170/22 S. 22; zum Begriff der Vorfahrtsregelung vgl. BT-Drs. 20/1680 S. 17 = BR-Drs. 170/22 S. 11).
Durch Art. 7 Nr. 3 des Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetzes (PUEG) v. 19.6.2023 (BGBl. I Nr. 155) ist § 255e mit Wirkung zum 1.7.2023 insoweit neu geregelt worden, als dass in den Erläuterungen der Wert des Nenners NQ SR, also der Begriff der Nettoquote der Standardrente, neu definiert wurde (vgl. BT-Drs. 20/6544 S. 33, 95; vgl. zur Kritik auch BT-Drs. 20/6869 S. 32).
Gültig ist die Vorschrift i. d. F. v. 19.6.2023 ab 1.7.2023.
1 Allgemeines
1.1 Regelungsinhalt und Normzweck
Rz. 2
§ 255e i. d. F. ab 1.1.2019 enthält eine Niveauschutzklausel für die Rentenanpassungen von 2019 bis 2025, mit der in der allgemeinen Rentenversicherung bis zum Jahr 2025 ein Sicherungsniveau vor Steuern von mindestens 48 % (Mindestsicherungsniveau) abgesichert wird. Dabei enthält Abs. 1 die Niveauschutzklausel. Abs. 2 beinhaltet die Modalitäten für die Berechnung des für die Einhaltung des Mindestsicherungsniveaus erforderlichen aktuellen Rentenwerts, einschließlich einer Formel.
Rz. 3
Sinn der Haltelinie "Steuern" ist die Sicherung eines Rentenniveaus, welches 48 % vor Steuern nicht unterschreiten darf (vgl. auch Rz. 14). Das dient dem sozialpolitischen Ziel der Sicherung vor Altersarmut. Falls der aktuelle Rentenwert zu einem Rentenniveau von unter 48 % führt, muss der Rentenwert so hoch festgelegt werden, dass mindestens ein Sicherungsniveau vor Steuern von 48 % erreicht wird. Dazu muss der aktuelle Rentenwert durch eine Rückwärtsrechnung berechnet werden, sodass die verfügbare Standardrente mindestens 48 % des verfügbaren Durchschnittsentgelts beträgt. Zur Ermittlung der Mindestsicherungsniveaus gibt das Gesetz in § 255e Abs. 2 die entsprechende Berechnungsformel vor. Die in die Rentenanpassungsformel eingefügten Faktoren, die die tiefgreifenden demografischen Veränderungen berücksichtigen, wirken weiter. Dies führt tendenziell dazu, dass die Renten weniger stark steigen als die Löhne, wodurch das berechnete Sicherungsniveau vor Steuern, das die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung widerspiegelt, sinkt. Als Grenze für das Sinken wurde daher das beschriebene Sicherungsniveau vor Steuern von 48 % eingeführt (vgl. BR-Drs. 425/18 S. 33 = BT-Drs. 19/4668 S. 36 f.).
1.2 Vorgängervorschriften
Rz. 4
Eine Vorgängerregelung existiert nicht.
1.3 Korrespondierende und ergänzende Vorschriften
Rz. 5
§ 255e ist eine Sonderregelung zu § 68. Die Schutzklausel beeinflusst insoweit auch die Verordnungsermächtigung der Bundesregierung, die durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zum 1. Juli eines Jahres das Sicherungsniveau vor Steuern des jeweiligen Jahres zu bestimmen hat (§ 255f).
Rz. 6
Ergänzende Regelungen finden sich in §§ 255d, 255i und § 255j. Weiter zu beachten ist die Verordnungsermächtigung in § 255f. Weitere zentrale Bezugsnorm ist § 154 Abs. 3 Satz 1, danach darf das Sicherungsniveau vor Steuern in der allgemeinen Rentenversicherung bis zum Jahr 2025 48 % nicht unterschreiten.
1.4 Gemeinsame Rechtliche Anweisungen der DRV
Rz. 7
Die Deutsch...