Rz. 33
Satz 1 ordnet für glaubhaft gemachte Pflichtbeitragszeiten nach dem 31.12.1949 an, dass Entgeltpunkte nach den Qualifikationsgruppen der Anl. 13 (Nr. 1) und den Wirtschaftsbereichen nach Anl. 14 (Nr. 2) ermittelt werden.
2.1.2.1 Glaubhaftmachung bei der Ermittlung der Qualifikationsgruppen und der Wirtschaftsbereiche
Rz. 34
Für die Qualifikationsgruppeneinstufung und die Zuordnung einer Tätigkeit zu den Wirtschaftsbereichen ist die Glaubhaftmachung ausreichend. Die bei einer Glaubhaftmachung (im Gegensatz zum Nachweis) verbleibenden Zweifel rechtfertigen es nicht, eine Herabstufung vorzunehmen (zutreffend GRA der DRV zu Anlage 13 zum SGB VI, Stand: 5.7.2017, Abschn. 2). Die Berücksichtigung einer Pflichtbeitragszeit nach § 256b Abs. 1 Satz 1 hinsichtlich einer in der DDR ausgeübten Beschäftigung setzt die Glaubhaftmachung im Einzelnen voraus, dass der Antragsteller in dieser Zeit in der DDR beschäftigt war und hierfür auch Beiträge abgeführt worden sind (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 10.5.2023, L 3 R 407/21, Rz. 35).
2.1.2.2 "Präambel" zur Anlage 13 und deren Bedeutung
Rz. 35
Die Anl. 13 besteht aus 2 unvollständigen Rechtsnormen, nämlich 2 Sätzen, die einen Grundtatbestand – eine Art "Präambel" – (Satz 1) und einen Ergänzungstatbestand (Satz 2) ausgestalten, in die jeweils als weitere "gemeinsam und deshalb ausgeklammerte" Tatbestandsmerkmale die nachgestellten Qualifikationsgruppen einzufügen sind (BSG, Urteil v. 24.7.2003, B 4 RA 61/02 R, Rz. 26; BSG, Urteil v. 14.5.2003, B 4 RA 26/02 R).
Rz. 36
Diese Präambel gilt daher insgesamt für alle Qualifikationsgruppen. Soweit die Auffassung vertreten wird, dies gelte nicht für die Qualifikationsgruppe 3 (Meister), weil die Ausschlussregelung nach Anl. 13 Qualifikationsgruppe 3 in Satz 2 Vorrang vor der Regelung nach Anl. 13 Satz 2 habe (so LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 30.8.2012, L 10 R 618/07; vgl. auch Hess. LSG, Urteil v. 17.5.2013, L 5 R 74/10, Frage offengelassen), ist dem wegen der klaren – auch vom BGS so gesehenen – Funktion der Sätze 1 und 2 als vor die Klammer gezogenen Regelung für alle Qualifikationsgruppen nicht zu folgen (letztlich ist dies auch nicht die Praxis der DRV; vgl. GRA der DRV zu Anlage 13 zum SGB VI, Stand: 5.7.2017, Abschn. 2.4 und 2.7).
2.1.2.2.1 Formale Kriterien erfüllen Qualifikationsmerkmale und Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit – Satz 1 der Präambel
Rz. 37
Satz 1 bestimmt, dass Versicherte in eine der Qualifikationsgruppen der Anl. 13 einzustufen sind, wenn sie
1. deren (formale) Qualifikationsmerkmale erfüllen und
2. eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben.
Diese Grundregel findet sich in der entsprechenden Ausgestaltung mit den maßgeblichen Anforderungen in der jeweils einschlägigen Qualifikationsgruppe wieder (jeweils auch in den Sätzen 1).
Rz. 38
Die formalen Kriterien richten sich daher nach der einschlägigen Qualifikationsgruppe. Dies kann das Diplom, der Facharbeiterbrief oder der Meisterbrief sein. Der Versicherte ist hierfür beweispflichtig und hat das entsprechende Dokument vorzulegen.
Rz. 39
Für die Einstufung einer Tätigkeit in eine bestimmte Qualifikationsgruppe kommt es nicht nur auf die Erfüllung der für die entsprechende Gruppe in der Anlage 13 zum SGB VI aufgeführten formalen Qualifikationsmerkmale, sondern darüber hinaus auch auf die Ausübung der entsprechenden Tätigkeit an (zutreffend LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 24.10.2023, L 11 R 1702/21, Rz. 29, unter Bezugnahme auf BSG, Urteil v. 14.5.2003, B 4 RA 26/02 R, Rz. 32-36). Der Versicherte muss die für die jeweilige Qualifikationsgruppe maßgebliche Tätigkeit auch tatsächlich ausgeübt habe. Das gesetzliche Erfordernis der gleichzeitigen Ausübung einer der jeweiligen Qualifikationsgruppe "entsprechenden Tätigkeit" steht dabei nicht in einem Vorrang-/Nachrangverhältnis zur erworbenen Qualifikation, sondern ist gleichwertig zu lesen und dient daher nicht nur dem Ausgleich eines "augenscheinlichen Missverhältnisses" (BSG, Urteil v. 12.11.2003, B 8 KN 2/03 R, Rz. 31). Es genügt dabei nicht, dass die tatsächliche Beschäftigung mit den Ausbildungsinhalten lediglich "in etwa" übereinstimmt; notwendig aber auch ausreichend ist die Übereinstimmung "im Wesentlichen". Die vom Versicherten verrichtete Tätigkeit muss daher den entsprechenden Ausbildungsinhalten "nahe" kommen (Dankelmann, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., Stand: 27.3.2024, § 256b Rz. 56).
Rz. 40
Die Qualifikation muss dabei jedoch nicht notwendigerweise durch Gesetz vorgeschrieben oder Einstellungsvoraussetzung gewesen sein (BSG, Urteil v. 12.11.2003, B 8 KN 2/03 R, Rz. 32).
Rz. 41
Da es auf den tatsächlichen Inhalt der Tätigkeit ankommt, kann z. B. auch eine als Probearbeitsverhältnis bezeichnete Tätigkeit zum Inhalt haben, dass die einschlägige Tätigkeit ausgeübt wurde (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 5.2.2002, L 18 RA 12/01). Sollte nach dem Vertragsinhalt daher der Mitarbeiter im Probearbeitsverhältnis seine bereits erworbenen Kenntnisse in der Praxis umsetzen und keine neuen Ausbildungsinhalte oder praktische Anschauung vermittelt bekommen, so ist die Tätigkeit nicht etwa mit einer Lehre, Ausbildung oder Praktikantenzeit gleichzusetzen.
Rz. 42
Bei der Zuerkennung der jeweiligen (vom Versicherten begehrte) Qualifikationsgruppe ist letztlich d...