0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist durch das Rentenreformgesetz 1992 v. 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261) in der Fassung des RÜG v. 25.7.1991 (BGBl. I S. 1606) mit Wirkung zum 1.1.1992 in Kraft getreten. Durch das RÜG-Ergänzungsgesetz v. 24.6.1993 (BGBl. I S. 1038) wurde Abs. 2 Nr. 3 rückwirkend zum 1.1.1992 eingefügt. Das RV-Nachhaltigkeitsgesetz v. 21.7.2004 (BGBl. I S. 1791) hat Abs. 1 Satz 3 mit Wirkung zum 1.8.2004 aufgehoben.
1 Allgemeines
Rz. 2
Von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten sind in den alten Bundesländern Mütter und Väter der Geburtsjahrgänge vor 1921 ausgeschlossen (§ 249 Abs. 4). Der Ausschluss dieser Eltern von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ist auf verfassungsrechtliche Bedenken und starke sozialpolitische Kritik gestoßen. Der Gesetzgeber hat deshalb durch das Kindererziehungsleistungsgesetz – KLG – v. 12.7.1987 (BGBl. I S. 1585) besondere Regelungen (Art. 2 § 62 ArVNG, Art. 2 § 35 KnVNG, § 28b Abs. 2 FRG) eingefügt, die die Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 in den Leistungsbezug aufnehmen. Es werden jedoch – anders als mit den Kindererziehungszeiten – keine rentenrechtlichen Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Es handelt sich bei der Leistung für Kindererziehung auch nicht um eine Rente, sondern um eine eigenständige Geldleistung des steuerfinanzierten Familienlastenausgleichs, die durch die gesetzliche Rentenversicherung zu erbringen ist (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f SGB I). Bei den Kindererziehungsleistungen handelt es sich um steuerfreie Leistungen (§ 3 Nr. 67 Buchst. c EStG). Eine Ungleichbehandlung gegenüber Kindererziehungsleistungen nach § 56 besteht nicht (BFH, Urteil v. 5.12.2012, X B 169/11).
Zusätzlich sind unter bestimmten Voraussetzungen auch die Mütter in den berechtigten Personenkreis einbezogen worden, die die für eine Anspruchsberechtigung maßgeblichen Gebiete nur deshalb verlassen haben, weil hierfür Verfolgungsgründe des Nationalsozialismus ursächlich waren. Für das Beitrittsgebiet sind Besonderheiten in §§ 294a und 295a geregelt.
2 Rechtspraxis
2.1 Personenkreis
Rz. 3
Anspruch auf eine Leistung für Kindererziehung haben ausschließlich die vor dem 1.1.1921 geborenen Mütter für jedes von ihnen lebend geborene Kind. Anspruchsberechtigt sind somit ausschließlich die leiblichen Mütter. Väter sowie Adoptiv-, Stief- und Pflegeelternteile gehören nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, SozR 3-5750 Art. 2 § 62 Nr. 8). Anders als bei der Kindererziehungszeit wird die Kindererziehungsleistung nicht wegen einer bestimmten Erziehungsdauer, sondern allein wegen der Geburt eines Kindes gewährt. Es muss sich um eine Lebendgeburt gehandelt haben. Die Voraussetzungen hierfür liegen vor, wenn "nach der Scheidung vom Mutterleib entweder das Herz geschlagen oder die Nabelschnur pulsiert oder die natürliche Lungenatmung eingesetzt hat" (vgl. § 29 Personenstandsverordnung). Der Leistungsgewährung steht nicht entgegen, wenn das Kind kurz nach der Geburt oder zu einem späteren Zeitpunkt verstorben ist. Unerheblich ist auch, wenn die Mutter das Kind nicht bei sich behalten hat.
Rz. 4
Da das Gesetz insoweit keine Ausschlusstatbestände nennt, gehören zum anspruchsberechtigten Personenkreis u. a. auch Mütter, die im Zeitpunkt der Geburt des Kindes versicherungsfrei (z. B. als Beamtin) oder von der Versicherungspflicht befreit waren oder wegen über- oder zwischenstaatlicher Regelungen nicht den deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht unterlagen.
Die Staatsangehörigkeit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt ist grundsätzlich unerheblich für die Leistungsgewährung. Der Leistungsgewährung steht außerdem nicht entgegen, wenn bei einer anderen Person (z. B. dem nach 1920 geborenen Vater) für dasselbe Kind bereits eine Kindererziehungszeit angerechnet worden ist. Eine mehrfache Begünstigung wegen desselben Kindes ist in diesen Fällen gesetzlich nicht ausgeschlossen.
2.2 Geburtsort
Rz. 5
Die Geburt des Kindes muss grundsätzlich im Bundesgebiet nach dem Stand vom 3.10.1990 erfolgt sein. Das bedeutet, dass auch Geburten im Gebiet der ehemaligen DDR oder im französisch verwalteten Saarland zu berücksichtigen sind. Die unter deutscher Flagge fahrenden Seeschiffe gelten ebenfalls als inländisches Staatsgebiet.
2.2.1 Geburt im "Gebiet der Bundesrepublik Deutschland"
Rz. 6
Zum Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zählen ohne zeitliche Beschränkung alle Gebiete, die nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten zur Bundesrepublik Deutschland gehören.
(1) Geburt am 2.11.1932 in München
(2) Geburt am 1.2.1946 in Saarbrücken
(3) Geburt am 8.9.1951 in Leipzig
Es können somit auch Geburten berücksichtigt werden
- im Saarland/Saargebiet während der Verwaltung dieses Gebietes durch den Völkerbund und von 1945 bis zum 31.12.1956,
- in der ehemaligen DDR und Berlin (Ost) bis zum 2.10.1990,
- in den in der Zeit vom 23.3.1949 bis zum 31.7.1963 durch die Niederlande verwalteten Gebieten Deutschlands (Elten, Großverhagen, Havert, Hoengen, Hillesberg, Isenbruch, Millen, Mindergangelt, Schalteruch, Stein, Süsterseel, Tüddern, ...