Rz. 32
Nach § 32 Abs. 1 und Abs. 3 haben Versicherte keine Zuzahlung zu leisten, wenn sie
- zum Zeitpunkt der Antragstellung noch keine 18 Jahre alt sind (Rz. 15) oder
- Übergangsgeld beziehen, dass nach § 66 Abs. 1 berechnet wurde (Rz. 30 f.).
Daneben bestimmt § 32 Abs. 4, dass der Träger der Rentenversicherung von der Zuzahlung absehen kann, wenn diese den Versicherten oder den Rentner bei Rehabilitationsleistungen nach § 15 oder § 31 Abs. 1 Nr. 2 unzumutbar belasten würde. Hierzu hat der Rentenversicherungsträger eine Zuzahlungsrichtlinie ("Richtlinien für die Befreiung von der Zuzahlungspflicht bei Leistungen der medizinischen Rehabilitation und sonstigen Leistungen zur Teilhabe" i. d. F. v. 1.7.2023, Text: Rz. 43) erlassen. Sie dient dem Zweck, eine gleichmäßige Verwaltungspraxis und Ermessensausübung im Rahmen des § 32 Abs. 4 sicherzustellen. Zugleich konkretisiert die Zuzahlungsrichtlinie den in § 32 Abs. 4 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriff der unzumutbaren Belastung. Es handelt sich daher um eine ermessensleitende und norminterpretierende Verwaltungsvorschrift. Die daraus folgende Selbstbindung der Rentenversicherungsträger in Bezug auf die nach § 32 Abs. 4 zu treffende Ermessensentscheidung entfaltet über den Anspruch auf Gleichbehandlung bzw. Vertrauensschutz für die von ihr betroffenen Personen eine begrenzte Außenwirkung (LSG Hessen, Urteil v. 26.10.2012, L 5 R 142/12). Im Übrigen ist auch das LSG Sachsen-Anhalt der Ansicht, dass die Zuzahlungsrichtlinie dem Sinn und Zweck der Ermächtigung des § 32 Abs. 4 genügt (Beschluss v. 22.10.2012, L 3 R 280/09 NZB).
Wann eine unzumutbare Belastung vorliegt, regeln die Rentenversicherungsträger in § 1 und § 2 ihrer Zuzahlungsrichtlinie v. 1.7.2023 (Text: Rz. 43).
Dabei unterscheidet § 2 der Zuzahlungsrichtlinie zwischen einer vollständigen (Rz. 33 ff.) und einer teilweisen Zuzahlungsbefreiung (Rz. 39 ff.).
2.5.1 Vollständige Zuzahlungsbefreiung (§ 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 Zuzahlungsrichtlinie)
Rz. 33
Nach § 32 Abs. 3 sind Versicherte von der Zuzahlungspflicht befreit, wenn sie Übergangsgeld beziehen, das nach § 66 Abs. 1 Satz 3 SGB IX gemindert ist (vgl. Rz. 30 f.). Darüber hinaus befreit § 1 Abs. 1 der Zuzahlungsrichtlinie die sonstigen Bezieher von Übergangsgeld. Dazu zählen z. B. Übergangsgeldbezieher, die Übergangsgeld
erhalten und nebenher kein weiteres zusätzliches Erwerbseinkommen (Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen) beziehen. Voraussetzung für die vollständige Befreiung von der Zuzahlung ist der tatsächliche Bezug von Übergangsgeld. Kommt es aufgrund von Ruhensvorschriften (z. B. Anrechnung von Einkommen) nicht zur Zahlung des Übergangsgeldes, kann für diesen Tag keine Befreiung von der Zuzahlungspflicht erfolgen.
Rz. 33a
Nach § 2 Abs. 1 der Zuzahlungsrichtlinie (Text: Rz. 43) werden darüber hinaus auf Antrag Versicherte/Rentner von der Zuzahlungspflicht vollständig befreit, wenn
- deren monatliches Netto-Erwerbseinkommen oder deren Erwerbsersatzeinkommen 40 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 SGB IV nicht übersteigt. Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen sind zusammenzurechnen. Einzelheiten hierzu: vgl. Rz. 34 ff.
- sie Bürgergeld (bis 31.12.2022 Arbeitslosengeld II) beziehen, unabhängig von Art und Höhe dieser Leistung (Rz. 38).
2.5.1.1 Netto-Erwerbseinkommen von unter 40 % der Bezugsgröße
Rz. 34
Nach § 2 Abs. 1 der Zuzahlungsrichtlinie (vgl. Rz. 43) werden auf Antrag Versicherte und Rentner von der Zuzahlungspflicht vollständig befreit, wenn deren monatliches Netto-Erwerbseinkommen (Rz. 35) 40 % der monatlichen Bezugsgröße (§ 18 Abs. 1 SGB IV) nicht übersteigt.
Die monatliche Bezugsgröße i. S. d. Richtlinie beträgt im Jahr 2024 bundeseinheitlich 3.535,00 EUR; 40 % hiervon ergeben 1.414,00 EUR.
Für die Befreiung von der Zuzahlung sind grundsätzlich die Einkommensverhältnisse des Versicherten oder Rentners im Kalendermonat vor der Antragstellung maßgebend (§ 4 Satz 2 der Zuzahlungsrichtlinie, vgl. Rz. 43). Als Antragstellung gilt der Tag des Eingangs des Antrags beim Rentenversicherungsträger. Wird der Antrag bei einer Krankenkasse oder einem anderen unzuständigen Sozialleistungsträger gestellt, gilt als Zeitpunkt der Antragstellung der Tag, an dem der Antrag bei dem unzuständigen Träger eingeht. Verringern sich die Einnahmen bis zur Aufnahme in die Rehabilitationseinrichtung, kann der Versicherte durch einen erneuten Antrag beantragen, dass die Einkommensverhältnisse im Kalendermonat vor Beginn der entsprechenden Rehabilitationsleistung berücksichtigt werden (AGDR 3/2019, TOP 15; vgl. Formular G0162 der Deutschen Rentenversicherung, Rz. 45).
Nimmt ein Ehegatte oder Lebenspartner i. S. d. LPartG an einer onkologischen Nachsorgeleistung i. S. d. § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI teil, sind bei der Prüfung der Zuzahlungsbefreiung die Einkommensverhältnisse des Versicherten/Rent...