Rz. 3
Kinder des verstorbenen Versicherten (Rz. 4) haben nach dessen Tod (Rz. 5) einen Anspruch auf Halbwaisenrente, wenn sie noch einen unterhaltspflichtigen Elternteil haben (Rz. 6) und die allgemeine Wartezeit (Rz. 7) erfüllt ist.
2.1.1 Kinder
Rz. 4
Kinder sind eheliche, nichteheliche und adoptierte Kinder des verstorbenen Versicherten. Die insoweit maßgeblichen familienrechtlichen Beziehungen bestimmen sich nach den einschlägigen Vorschriften des BGB, d. h. im Falle leiblicher Kinder nach §§ 1591 bis 1600d BGB und im Falle angenommener Kinder nach §§ 1741 bis 1766 BGB. Kindschaftsverhältnisse nach ausländischem Recht sind nach § 34 Abs. 1 SGB I zu beurteilen. Kind ist auch eine Waise, die erst nach dem Tode des Versicherten geboren wird, aber im Zeitpunkt des Todes bereits gezeugt war (vgl. BSG, 3/12 RK 1/74, MDR 1976 S. 258). Die in Abs. 3 genannten Personen (Stiefkinder, Pflegekinder, Enkel, Geschwister) werden Kindern unter den dort genannten Voraussetzungen gleichgestellt.
2.1.2 Tod eines Elternteils
Rz. 5
Voraussetzung für den Anspruch auf Halbwaisenrente ist der Tod eines Elternteils. Dieser Elternteil muss Versicherter der gesetzlichen Rentenversicherung gewesen sein (vgl. auch Rz. 7; zur Todesvermutung bei Verschollenheit vgl. Komm. zu § 49). Elternteil i. S. d. § 48 ist jede Person, zu der ein Kindschaftsverhältnis der in Abs. 1 oder der in Abs. 3 genannten Art bestanden hat. Ein Kind kann somit mehr als 2 Elternteile in diesem Sinne besitzen (z. B. leibliche Eltern und Pflegeeltern). Der Tod eines jeden Elternteils in diesem Sinne kann Grundlage für den Rentenanspruch nach § 48 sein (vgl. Rz. 8 f.).
2.1.3 Vorhandensein eines unterhaltspflichtigen Elternteils (Nr. 1)
Rz. 6
Im Unterschied zur Vollwaise besitzt die Halbwaise noch (mindestens) einen, jedenfalls dem Grunde nach, unterhaltspflichtigen Elternteil. Gerade hieraus begründet sich die unterschiedliche Höhe der Halb- und Vollwaisenrente (vgl. hierzu Rz. 27 f.), denn die Vollwaise kann im Gegensatz zur Halbwaise nicht auf einem lebenden Elternteil gegenüber bestehende Unterhaltsansprüche zurückgreifen (BSG, SozR 2200 § 1269 Nr. 4). Da ein Kind mehr als 2 Elternteile i. S. d. § 48 haben kann, spielt es für den Anspruch auf Halbwaisenrente keine Rolle, ob noch mehr als ein unterhaltspflichtiger Elternteil lebt. So besteht z. B. nach dem Tod eines Pflegeelternteils ein Halbwaisenrentenanspruch, auch wenn noch ein leiblicher Elternteil lebt oder sogar noch beide leibliche Elternteile vorhanden sind.
Der noch vorhandene Elternteil muss dem Kind gegenüber gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet sein. Diese Unterhaltsverpflichtung richtet sich – soweit bundesdeutsches Recht Anwendung findet – nach §§ 1601 ff. BGB; der Unterhaltsanspruch des Kindes kann sich aber auch aus ausländischem Recht ergeben. Es kommt nur auf die dem Grunde nach bestehende Unterhaltspflicht an; die Leistungsfähigkeit des Elternteils wie auch die Bedürftigkeit des Kindes sind ohne Bedeutung (BT-Drs. 11/4124 S. 164). Dabei ist unerheblich, ob der unterhaltspflichtige Elternteil erreichbar, sein Aufenthalt bekannt oder unbekannt oder der Unterhaltsanspruch durchsetzbar ist (BSG, SozR 2200 § 1269 Nr. 4). Allerdings hat ein nichteheliches Kind, dessen Vater nicht bekannt und auch nicht mit Aussicht auf Erfolg ermittelbar ist, keinen unterhaltspflichtigen Elternteil. Nach Anerkennung der Vaterschaft ist es jedoch auch in diesem Falle unerheblich, ob der aktuelle Aufenthalt des Vaters bekannt ist (BSG, a. a. O.).
2.1.4 Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (Nr. 2)
Rz. 7
Der verstorbene Versicherte muss die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Abs. 1 Nr. 2, § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3). Hierauf werden Kalendermonate mit Beitragszeiten (§ 51 Abs. 1) und mit Ersatzzeiten (§ 51 Abs. 4) angerechnet. Die allgemeine Wartezeit gilt als erfüllt, wenn der verstorbene Versicherte bis zum Tode eine Rente bezogen hat (§ 50 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2). Ferner gilt sie in den Fällen der §§ 53, 245 als vorzeitig erfüllt, wenn der Versicherungsfall wegen Todes durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit, wegen einer Wehrdienstbeschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz als Wehrdienstleistender oder Soldat auf Zeit, wegen einer Zivildienstbeschädigung nach dem Zivildienstgesetz als Zivildienstleistender oder wegen eines Gewahrsams i. S. d. § 1 Häftlingshilfegesetz eingetreten ist (vgl. hierzu Komm. zu § 46 sowie zu § 53). Ist zuerst ein Elternteil verstorben, der die allgemeine Wartezeit nicht zurückgelegt und auch die Voraussetzungen des § 53 nicht erfüllt hat, kommt ein Anspruch auf Rente nach Abs. 1 nicht in Betracht. Die Waise hat jedoch nach dem Tod des 2. Elternteils – sofern dieser die allgemeine Wartezeit oder die Voraussetzungen des § 53 erfüllt hat – Anspruch auf Vollwaisenrente.