Rz. 10
Eine vorzeitige Wartezeiterfüllung kommt nach Abs. 2 auch dann in Betracht, wenn volle Erwerbsminderung oder Tod im zeitlichen Zusammenhang mit einer Ausbildung stehen. Der Leistungsfall muss vor Ablauf von 6 Jahren nach Beendigung einer Ausbildung eingetreten sein. Abs. 2 gilt nur für Leistungsfälle, die nach dem 31.12.1972 eingetreten sind (§ 245 Abs. 1). Die vorzeitige Wartezeiterfüllung liegt dann vor, wenn in den letzten 2 Jahren vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung/des Todes für ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet wurden.
Rz. 11
Bei Wegfall der vollen Erwerbsminderung infolge einer Besserung des Gesundheitszustandes – es liegt aber noch teilweise Erwerbsminderung vor – fällt die Rente komplett weg (§ 48 SGB X). Der Leistungsfall der teilweisen Erwerbsminderung ist nach Abs. 2 nicht geschützt. Tritt später wegen derselben Ursache wieder volle Erwerbsminderung oder Tod ein, so gilt die vorzeitige Wartezeiterfüllung auch für diesen späteren Leistungsfall.
Rz. 12
Unter Ausbildung ist jegliche Aus-, Fort- und Weiterbildung zu verstehen, für die ein geordneter, meist staatlich geregelter Ausbildungsgang besteht. Die Ausbildung muss Zeit und Arbeitskraft des Versicherten überwiegend in Anspruch nehmen. Der Begriff der Ausbildung ist weit auszulegen, jedoch von Weiterbildung und Umschulung abzugrenzen. Die Ausbildung kann auch im Ausland zurückgelegt worden sein. Mehrere Ausbildungen lösen wiederholt einen neuen Sechsjahreszeitraum aus. Der Gesetzestext spricht insoweit von "einer Ausbildung". Die Ausbildung braucht nicht abgeschlossen, sondern nur tatsächlich beendet zu sein.
Rz. 13
Innerhalb des 6-Jahres-Zeitraums nach der beendeten Ausbildung oder während dieser muss die volle Erwerbsminderung oder der Tod eingetreten sein. Der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 21.6.2000, B 4 RA 14/99 R), wonach eine vorzeitige Wartezeiterfüllung nicht in Betracht kommt, wenn die volle Erwerbsminderung während der Ausbildung eintritt, wird von den Versicherungsträgern über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht gefolgt. Des Weiteren ist erforderlich, dass in den letzten 2 Jahren vor Eintritt des schädigenden Ereignisses mindestens 12 Pflichtbeiträge aufgrund einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet wurden. Hierzu zählen infolge der erweiternden Definition des Abs. 3 auch Beitragszeiten aufgrund einer Kindererziehung. Die Berechnung der Fristen richtet sich nach § 26 SGB X. Teilmonate können nur dann bei der erforderlichen Vorversicherung berücksichtigt werden, wenn sie innerhalb der tagegenau berechneten Zweijahresfrist liegen.
Rz. 14
Der maßgebende 2-Jahres-Zeitraum verlängert sich nach Satz 2 um Zeiten der schulischen Ausbildung nach dem 17. Lebensjahr um bis zu 7 Jahre. Dies führt dazu, dass Versicherte, die vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit erneut eine schulische Ausbildung/ein Studium aufnehmen und während oder kurz nach Beendigung dieser Ausbildung voll erwerbsgemindert werden oder sterben, vorzeitig die Wartezeit erfüllt haben.