Rz. 2
Die Vorschrift regelt einen Besitzschutz für Folgerenten in einer dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht vergleichbaren Weise. Grundsätzlich sollen Rentenberechtigte, die in naher Vergangenheit bereits eine Rente bezogen hatten, bei einem erneuten Rentenanspruch aus demselben Versicherungsverhältnis mindestens die Rente in bisheriger Höhe weiter erhalten.
Während nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht (§ 30 Abs. 2 Satz 5, § 31 Abs. 2 Satz 2, § 45 Abs. 2 Satz 2 AVG/§ 1253 Abs. 2 Satz 5, § 1254 Abs. 2 Satz 2, § 1268 Abs. 2 Satz 2 RVO) der bisherige Rentenzahlbetrag besitzgeschützt war, stellt § 88 wegen der mit Wirkung zum 1.1.1992 geänderten Rentenformel und der Möglichkeit, Altersrenten als Teilrenten beziehen zu können, auf den Besitzschutz an persönlichen Entgeltpunkten (§ 66 Abs. 1) ab. § 88 Abs. 1 beinhaltet Besitzschutzregelungen für Versichertenrenten, wenn vor einer zu leistenden Rente bereits eine andere Rente gezahlt worden ist. Besitzgeschützt sind hierbei die persönlichen Entgeltpunkte, die der Berechnung der Vorrente zugrunde lagen. Soweit es sich bei der Vorrente um eine Erwerbsminderungsrente oder eine Erziehungsrente gehandelt hat, kommt die Besitzschutzregelung des Abs. 1 nur in Betracht, wenn die Folgerente gemäß § 99 Abs. 1, § 101 Abs. 1 innerhalb von 24 Kalendermonaten nach dem Ende des Vorrentenbezuges beginnt (Abs. 1 Satz 2). Bei Renten für Bergleute (§ 45) als Erwerbsminderungsrenten ist Abs. 1 Satz 2 darüber hinaus nur anzuwenden, wenn ihnen eine Rente für Bergleute vorausgegangen ist (Abs. 1 Satz 3).
Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem erneuten Rentenbeginn und dem Wegfall der vorausgegangenen Rente ist dagegen nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift nicht erforderlich, wenn eine Altersrente bezogen worden ist und nach Wegfall dieser Rente (z. B. wegen Überschreitens der höchsten Hinzuverdienstgrenze i. S. v. § 34 Abs. 3 Satz 4) erneut ein Anspruch auf Versichertenrente (Altersrente, Erwerbsminderungsrente, Erziehungsrente) besteht.
Abs. 2 der Vorschrift regelt den Besitzschutz an persönlichen Entgeltpunkten, wenn sich an eine Versichertenrente unmittelbar oder innerhalb von 24 Kalendermonaten nach dem Wegfall der Rente eine Hinterbliebenenrente anschließt (Abs. 2 Satz 1). Nach Abs. 2 Satz 2 sind die bisherigen persönlichen Entgeltpunkte auch dann besitzgeschützt, wenn eine Witwe, ein Witwer oder eine Waise bereits eine Hinterbliebenenrente bezogen hat und innerhalb von 24 Kalendermonaten nach dem Wegfall dieser Rente (z. B. wegen Wiederheirat, Ende der Ausbildung) für den Berechtigten erneut ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente aus der Versicherung desselben Verstorbenen besteht (z. B. Witwenrente/Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten gemäß § 46 Abs. 3 oder erneuter Waisenrentenanspruch wegen Aufnahme einer Ausbildung).
Rz. 3
§ 88 schließt die Anwendung der Vorschriften über den Widerruf oder die Rücknahme von Verwaltungsakten gemäß §§ 44 bis 48 SGB X nicht aus. Wurde z. B. eine Rente rechtswidrig zu hoch festgestellt und ist eine Rücknahme des Verwaltungsaktes gemäß § 45 SGB X zulässig, sind die neu ermittelten persönlichen Entgeltpunkte einer späteren Besitzschutzprüfung zugrunde zu legen. Soweit die Rücknahme eines Verwaltungsaktes nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X z. B. aus Gründen des Vertrauensschutzes ausscheidet, sind gleichwohl die neu ermittelten – geringeren – persönlichen Entgeltpunkte bei einer späteren Besitzschutzprüfung heranzuziehen; hierbei ist ggf. die Aussparungsregelung des § 48 Abs. 3 SGB X zu beachten. Nach dieser Vorschrift wird der rechtswidrige – zu hohe – Zahlbetrag so lange weitergezahlt, bis die neu ermittelten persönlichen Entgeltpunkte aufgrund der jährlichen Rentenanpassungen diesen Zahlbetrag erreichen.
Bei Prüfung der Besitzschutzregelung des § 88 ist zunächst die Summe der persönlichen Entgeltpunkte gemäß § 66 Abs. 1 für die aktuell zu berechnende Rente zu ermitteln. Die persönlichen Entgeltpunkte ergeben sich, indem die Summe aller nach § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 11 ermittelten Entgeltpunkte mit dem Zugangsfaktor (§ 77, § 264d) vervielfältigt und bei Witwen- und Witwerrenten sowie bei Waisenrenten um einen Zuschlag, dessen Höhe sich aus den §§ 78, 78a, 87 ergibt, erhöht wird (§ 66 Abs. 1 Satz 1). Das Ergebnis ist mit der Summe der persönlichen Entgeltpunkte, die der vorangegangenen Rente zugrunde lagen, zu vergleichen. Soweit die für die Folgerente ermittelten persönlichen Entgeltpunkte insgesamt die persönlichen Entgeltpunkte der Vorrente unterschreiten, sind der Rentenberechnung die besitzgeschützten persönlichen Entgeltpunkte der Vorrente zugrunde zu legen. Die insoweit aufgestockten persönlichen Entgeltpunkte werden zeitlich nicht zugeordnet.
Abs. 3 der Vorschrift ergänzt die in Abs. 1 und 2 enthaltenen Besitzschutzregelungen für Fälle, in denen nach Beginn einer Rente wegen Alters Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden sind, für die bisher (z. B. wegen des Todes des Versicherten vor Erreichen der Regelaltersgrenze)...