Rz. 4
Durch die Rechtsbehelfsbelehrung soll der von einem VA Betroffene darüber unterrichtet werden, dass die Entscheidung der den VA erlassenden Behörde rechtlich überprüfbar ist. Er ist daher durch die Belehrung in der Lage, zur Vermeidung der Bestandskraft (§ 39 Abs. 2) aber auch gezwungen, sich darüber zu erklären, ob er die getroffene Entscheidung für sich akzeptiert. Es handelt sich bei der Vorschrift daher um eine der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG dienende Regelung.
Rz. 5
Die Regelung verlangt die Rechtsbehelfsbelehrung bei einem VA. Andererseits macht aber eine Rechtsbehelfsbelehrung eine Mitteilung nicht zum VA. Aus der Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung auf einem Schreiben folgt daher noch nicht, dass es sich dabei um einen VA handelt.
Rz. 6
Das Erfordernis der Rechtsmittelbelehrung war bisher nach dem Wortlaut der Vorschrift auf schriftliche oder schriftlich bestätigte VA (vgl. Komm. zu § 33) beschränkt. Bei nicht schriftlichen VA ist eine schriftliche Rechtsbehelfsbelehrung nicht möglich und eine mündlich erteilte ist nicht nachweisbar.
Rz. 7
Das Erfordernis der Rechtsbehelfsbelehrung in elektronischen VA in Form von elektronischen Dokumenten, die grundsätzlich seit dem Dritten Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften möglich und zugelassen sind (vgl. Komm. zu § 37 und § 36a SGB I), war bisher nicht ausdrücklich vorgesehen. Die Gesetzesergänzungen über die ausdrückliche Zulassung elektronischer VA sind damit begründet worden, dass auch einfache elektronische Dokumente der Schriftform nicht entsprechen, weil es an einer Verkörperung durch unmittelbar lesbare Schriftzeichen fehlt und deshalb Regelungen erforderlich sind, die die elektronische Form der Schriftform gleichstellen (BT-Drs. 14/9000 S. 26). Die entsprechende Ergänzung ist wohl übersehen worden, weil sich die Ergänzungen und Begründungen an dem VwVfG orientierten, das eine § 36 entsprechende Vorschrift nicht enthält. Es ist vielmehr unter Berücksichtigung der Gesamtsystematik des Gesetzes ausgeschlossen, dass die Rechtsbehelfsbelehrung in einem elektronischen Dokument damit ausdrücklich ausgeschlossen werden sollte. Dieses lässt sich der Gesetzesbegründung auch nicht entnehmen. Das Erfordernis einer Rechtsbehelfsbelehrung ist grundsätzlich jedoch auch in einem elektronischen VA, der keinem gesetzlichen Schriftformerfordernis unterliegt (vgl. Rz. 13), gegeben. Dies ist nun ausdrücklich durch die Anfügung von Satz 2 erfolgt.
Rz. 8
Die Rechtsbehelfsbelehrung soll dem durch den VA beschwerten Beteiligten erteilt werden. Dies ist im Gesetzgebungsverfahren allein zur Klarstellung eingefügt worden (BT-Drs. 8/2034 S. 9; 8/4330 S. 2). Mit der Voraussetzung der Beschwer wird auf einen prozessrechtlichen Begriff abgestellt (§ 54 Abs. 1 SGG), der zu den Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Klage gehört und der (zumindest) die Behauptung einer Verletzung eigener Rechte durch eine Entscheidung erfordert. Dieser Grundgedanke liegt auch der Möglichkeit eines Rechtsbehelfs, auf den die Belehrung hinweisen soll, zugrunde. Nur demjenigen soll ein rechtliches Interesse an einer Überprüfung zustehen, der dadurch in eigenen Rechten beeinträchtigt sein kann. Ein VA, mit dem ein geltend gemachter Anspruch abgelehnt wurde, enthält – unabhängig von seiner objektiven Rechtmäßigkeit – gegenüber dem behaupteten Anspruch eine Beschwer. Keine Beschwer durch den VA liegt vor, wenn einem Antrag vollumfänglich stattgegeben wird, als dessen Folge sich dann jedoch Verpflichtungen ergeben (z. B. Beitragspflicht als Folge der Antragspflichtversicherung in der Rentenversicherung, § 4 SGB VI, oder Begründung einer freiwilligen Krankenversicherung, § 9 SGB V). In diesem Falle ist eine Rechtsbehelfsbelehrung entbehrlich, da ein Rechtsbehelf mangels Beschwer unzulässig wäre.
Rz. 9
Da im Bereich der Sozialversicherung vielfach Anträge oft nur allgemein gehalten sind (z. B. Rentenantrag, der Alters- oder Erwerbsminderungsrente umfassen kann, Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung, der alle Pflegestufen/-grade betreffen kann) und/oder nicht nur die ausdrücklich benannten, sondern auch andere – gegebenenfalls durch Auslegung zu ermittelnden – Ansprüche betroffen sein können, ist eine Rechtsbehelfsbelehrung auch bei (vermeintlich) fehlender Beschwer oftmals angezeigt und nicht schädlich.
Rz. 10
Soweit Dritte als Beteiligte (§ 12) von dem VA betroffen (VA mit Drittwirkung) sind, ist jedenfalls dem Beschwerten eine Rechtsbehelfsbelehrung zu erteilen.
Rz. 11
Die Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht zu erteilen, wenn ein Bescheid gemäß § 96 SGG Gegenstand eines schon anhängigen Klageverfahrens wird. In diesem ist aber der Hinweis erforderlich, dass der (neue) Bescheid Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist. Entsprechendes gilt in den Fällen des § 86 SGG hinsichtlich des Widerspruchsverfahrens.