Rz. 7
Wie in allen Fällen des Verwaltungshandelns durch VA kann die Behörde jeden VA erlassen oder unterlassen und demzufolge jedenfalls belastende VA auch jederzeit widerrufen und zurücknehmen. Diese rechtliche Befugnis wird in § 46 auf den Widerruf als eine Ermessensentscheidung beschränkt, zugleich aber auch für den Bereich der gebundenen Entscheidungen ausgeschlossen, wenn ein VA gleichen materiellen Inhalts erneut erlassen werden müsste. Es träte sonst ein rechtswidriger Zustand ein, der den sofortigen Erlass eines gleichlautenden VA zur Folge hätte. Die Behörde wird insoweit in ihrer Handlungsfreiheit auf die Grundsätze der Recht- und Gesetzmäßigkeit ihres Verwaltungshandelns eingeschränkt. Damit ist der Anwendungsbereich der Vorschrift letztlich auf die seltenen Fälle eines schon ursprünglich nur als Ermessensentscheidung möglichen VA mit belastendem Inhalt beschränkt. Als solche kommen ablehnende, versagende oder entziehende Entscheidungen nach § 66 SGB I wegen fehlender Mitwirkung in Betracht. Auch Bescheide nach § 28e Abs. 5 SGB IV über Vorschüsse auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag vor Fälligkeit nach § 23 SGB IV gegenüber dem Arbeitgeber können darunter fallen. Auch bei medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen wäre ein Widerruf denkbar, etwa wenn die im Ermessen des Leistungsträgers liegende Auswahl der Heilklinik den Betroffenen belastet (und deshalb insoweit ein nicht begünstigender VA vorliegt; vgl. Federl, Mitteilungen der LVA Oberfranken und Mittelfranken, 1981 S. 363, 391).
Rz. 8
War und ist der belastende VA rechtmäßig, kann die Behörde diesen nach ihrem Ermessen für die Zukunft widerrufen. Im Ergebnis kann die Behörde damit ihre schon ursprünglich nur als Ermessensentscheidung mögliche Entscheidung beseitigen oder durch teilweisen Widerruf relativieren, also ihr Ermessen und damit zusammen die Zweckmäßigkeit der Entscheidung neu zugunsten des Betroffenen ausüben.
Rz. 9
Widerrufen wird mit VA der nach Abs. 2 zuständigen Behörde. Gegenstand des Widerrufs ist der die Belastung aussprechende VA. Dabei kann der Widerruf aufgrund einer Anregung des Betroffenen (verfahrensrechtlicher Antrag) oder von Amts wegen herbeigeführt werden. Der Widerruf kann sowohl den gesamten VA erfassen als auch auf einen Teil der inhaltlichen Regelung des ursprünglichen VA begrenzt sein (Änderungswiderruf), womit dann der andere Teil weiterhin wirksam (§ 39 Abs. 1) bleibt. Bei einem Widerruf wird eine mit dem Widerruf verbundene neue Regelung durch einen nicht begünstigenden VA kaum in Betracht kommen, weil dies bei einer entsprechenden Pflicht schon den Widerruf unzulässig machen würde. Eine mit dem vollständigen Widerruf verbundene andere mögliche Regelung stellt einen neuen belastenden VA dar, der Rechtsbehelfe eröffnet.