Rz. 20
Die gesetzliche Übermittlungsbefugnis nach § 75 ist der Einwilligung nachrangig. Die Übermittlung ist nur dann ohne Einwilligung der betroffenen Person zulässig, wenn das Einholen einer Einwilligung der betroffenen Person unzumutbar ist. Ein verwaltungsmäßiger Aufwand begründet keine Unzumutbarkeit. Auch gilt nicht die Besorgnis, dass der Rücklauf der Einwilligungen nicht im gewünschten Umfang erfolgen könnte. Als nicht zumutbar wird regelmäßig das Einholen einer Einwilligung angesehen, wenn dadurch der Zweck der Forschung oder Planung gefährdet oder unmöglich gemacht würde.
An die Prüfung, ob das Einholen einer Einwilligung zumutbar ist, sind hohe Anforderungen zu stellen, da hier andernfalls – also bei Unzumutbarkeit – Sozialdaten ohne Wissen und ggf. ohne Wollen der betroffenen Person auch an private Stellen (bei Forschungsvorhaben, vgl. Rz. 16) übermittelt werden dürfen. Gerade im Bereich der Forschung steigt der Informationsbedarf ständig und wird ausdrücklich vom Gesetzgeber gefördert, da die Forschung Bedeutung hat für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung. Aus diesem Grund werden der Forschung, die bei ihren Untersuchungen auf Sozialdaten angewiesen ist, weitere rechtliche Möglichkeiten eröffnet, die die Effektivität und Langfristigkeit der Forschungsergebnisse fördern sollen (BT-Drs. 18/12611). Vermehrt sollen hierzu auch besondere Kategorien von personenbezogenen Daten, insbesondere medizinische, biometrische oder auch genetische Daten übermittelt werden. Dies kommt im Sozialleistungsbereich regelmäßig aufgrund der Forderungen des § 76 Abs. 1 ohnehin nur mit Einwilligung in Betracht. Zusätzlich wurden zum 25.5.2018 in § 75 Abs. 3 für die besonderen Kategorien personenbezogener Daten besondere Schutzmaßnahmen beim Empfänger eingeführt (Rz. 29, 30).
Rz. 21
Für die Einwilligung selbst gelten die Anforderungen des Art. 7 DSGVO i. V. m. § 67b (vgl. die dort. Komm.).
Für andere Formen der Einwilligung (etwa die konkludente oder die stillschweigende Einwilligung) bleibt kein Raum. Die Sozialleistungsträger müssen sicherstellen, dass nur die Sozialdaten derjenigen betroffenen Personen in das jeweilige Forschungs- oder Planungsprojekt einfließen, von denen eine Einwilligungserklärung vorliegt.
Rz. 22
Oftmals kann der Zweck der Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten nicht vollständig angegeben werden. Daher sollte es betroffenen Personen erlaubt sein, ihre Einwilligung für bestimmte Bereiche wissenschaftlicher Forschung zu geben, wenn dies unter Einhaltung der anerkannten ethischen Standards der wissenschaftlichen Forschung geschieht (EG 33 DSGVO). Dies ist insbesondere im Hinblick auf die weitere Verwendung der übermittelten Sozialdaten nach § 75 Abs. 4a von Bedeutung (vgl. Rz. 39 ff.).
Rz. 23
Aus diesem Grund sollten die betroffenen Personen laut EG 33 DSGVO auch Gelegenheit erhalten, ihre Einwilligung nur für bestimme Forschungsbereiche oder Teile von Forschungsprojekten in dem vom verfolgten Zweck zugelassenen Maße zu erteilen.