2.1 Ermächtigung zum Erlass von Verwaltungsakten (Abs. 1)
Rz. 3
Die in § 94 Abs. 1 aufgeführten Arbeitsgemeinschaften sind zum Erlass von Verwaltungsakten befugt. Diese Kompetenz hatten sie bereits vor Inkrafttreten des § 94. Es handelt sich insoweit um eine Bestandsschutzvorschrift, die ausschließlich auf die in Abs. 1 genannten Arbeitsgemeinschaften anwendbar ist.
2.2 Mitglieder der Arbeitsgemeinschaften (Abs. 1a)
Rz. 4
Nach § 94 Abs. 1a wird allen Sozialversicherungsträgern und deren Verbänden, der Bundesagentur für Arbeit und den in § 19a Abs. 2 SGB I genannten Leistungsträgern ermöglicht, zur gegenseitigen Unterstützung, Abstimmung und koordinierten Zusammenarbeit Arbeitsgemeinschaften zu bilden.
Arbeitsgemeinschaften können als solche nicht wiederum Mitglied von Arbeitsgemeinschaften werden.
Rz. 5
Die Frage, ob Dritte, die weder zu den Leistungsträgern noch zu ihren Verbänden zählen, sich generell an Arbeitsgemeinschaften i. S. d. Sozialgesetzbuchs beteiligen dürfen, ist umstritten (vgl. Sehnert, in: Hauck/Noftz, SGB X, Stand: 11/2014, § 94 Rz. 4). Nach der hier vertretenen Auffassung ist die Möglichkeit der Beteiligung Dritter an Arbeitsgemeinschaften nach § 94 davon abhängig, ob hierfür in den anderen Büchern des Sozialgesetzbuchs eine Rechtsgrundlage besteht. Als Beispiel sei in diesem Zusammenhang § 78 SGB VIII genannt. Danach können neben Trägern öffentlicher Jugendhilfe auch Träger der freien Jugendhilfe Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft sein.
Rz. 6
Nach § 94 Abs. 1a Satz 2 ist die Aufsichtsbehörde vor der Bildung von Arbeitsgemeinschaften und dem Beitritt zu ihnen rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Dadurch ist sichergestellt, dass die Aufsichtsbehörden nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden können. Sie haben damit die Möglichkeit, gegenüber den ihrer Aufsicht unterstehenden potenziellen Mitgliedern einer Arbeitsgemeinschaft gegebenenfalls mit Aufsichtsmaßnahmen einzugreifen.
2.3 Rechtsform der Arbeitsgemeinschaften
Rz. 7
Eine bestimmte Rechtsform ist für die Arbeitgemeinschaft nicht vorgeschrieben. Deshalb stehen alle Möglichkeiten, die das Gesellschaftsrecht bietet, zur Verfügung. Das gilt auch für das häufig gewählte Modell der BGB-Gesellschaft. Ausgeschlossen ist jedoch die Errichtung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft; denn diese kann nur durch einen staatlichen Hoheitsakt geschaffen werden. Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft legen die Rechtsform in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag fest (Dietmaier, in: jurisPK-SGB X, Stand: 13.12.2018, § 94 Rz. 34).
2.4 Örtlicher Wirkungskreis
Rz. 8
Eine Arbeitsgemeinschaft kann örtlich, regional oder überregional tätig sein.
2.5 Aufgabenkreis
Rz. 9
Die unterschiedlichen Aufgaben für die zahlreichen Arbeitsgemeinschaften ergeben sich aus der Zielrichtung der jeweiligen Norm, welche die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft in den anderen Büchern des Sozialgesetzbuchs vorsieht. Die Beschränkung auf die gemeinsame Wahrnehmung von Aufgaben zur Eingliederung Behinderter ist weggefallen. Mit der Bildung von Arbeitsgemeinschaften wird die bessere Vorbereitung, Koordinierung und Durchführung der zu erledigenden Aufgaben sowie die Erzielung von Synergieeffekten bezweckt.
Nach dem Urteil des BVerfG v. 20.12.2007 (2 BvR 2433/04, 2 BvR 2434/04) sind die Verwaltungsträger grundsätzlich verpflichtet, ihre Aufgaben eigenverantwortlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen, also mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen. Eigenverantwortliche Organisation setzt nach Ansicht des BVerfG voraus, dass der jeweils zuständige Verwaltungsträger auf den Aufgabenvollzug hinreichend nach seinen eigenen Vorstellungen einwirken kann.
Rz. 10
Die Maßnahmen der Arbeitsgemeinschaften sind grundsätzlich als schlichtes Verwaltungshandeln zu qualifizieren, für das im Streitfall der Weg zu den Sozialgerichten eröffnet ist. Der Erlass von Verwaltungsakten durch die Arbeitsgemeinschaft ist nur zulässig, wenn die Arbeitsgemeinschaften hierzu als Beliehene besonders ermächtigt sind. Eine Ausnahme von dem Verbot, Verwaltungsakte zu erlassen, besteht für die in § 94 Abs. 1 genannten Arbeitsgemeinschaften.
2.6 Aufsicht (Abs. 2)
Rz. 11
Nach § 94 Abs. 2 Satz 1 unterliegen die Arbeitsgemeinschaften staatlicher Aufsicht.
2.6.1 Umfang
Rz. 12
Die Arbeitsgemeinschaften, die Leistungsträger und ihre Verbände sind nach § 94 Abs. 2 Satz 1 HS 1 an das Gesetz und Recht gebunden, das für sie maßgebend ist. Das bedeutet, dass die Arbeitsgemeinschaften auch das Recht, das für ihre Mitglieder gilt, zu beachten haben. Auf diese Weise wird eine nicht im Einklang mit dem Sozialgesetzbuch stehende Änderung der Ziele und des Zwecks einer Arbeitsgemeinschaft ausgeschlossen. So ist es beispielsweise unzulässig, einer in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung geführten Arbeitsgemeinschaft durch Satzungsänderung einen allein auf Teilnahme am Wirtschaftsprozess und auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Gesellschaftszweck zu geben.
Rz. 13
Es findet lediglich eine Rechtmäßigkeits- und keine Zweckmäßigkeitskontrolle statt . Die Aufsichtsbehörde kann Prüfungen vornehmen und Beanstandungen aussprechen. Das ergibt sich aus der Bezugnahme auf § 88 SGB IV. Verpflichtungsbescheide dagegen sind mangel...