0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 95 wurde mit Wirkung zum 1.7.1983 mit dem Gesetz v. 4.11.1982 (BGBl. I S. 1450) in das SGB X eingeführt und erfuhr seither keine Änderungen. Im Zusammenhang mit der Neufassung des SGB X v. 18.1.2001 (BGBl. I S. 130) wurde er neu bekanntgemacht.
1 Allgemeines
Rz. 2
In § 95 wird der Inhalt der sich aus § 86 ergebenden Pflicht zur Zusammenarbeit auch für den Bereich der Planung und Forschung konkretisiert. Verpflichtet zur Zusammenarbeit bei Planung und Forschung sind die hiervon betroffenen oder eigenen Einrichtungen der planenden oder forschenden Sozialleistungsträger, deren Verbände und die in § 86 genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen. In verschiedenen Einzelgesetzen finden sich vergleichbare Vorschriften, etwa in § 68 Abs. 3 SGB XII oder in § 6 KHG, die als Spezialgesetze § 95 nach § 37 SGB I vorgehen. Ergänzend ist jedoch § 95 anwendbar (Dietmair, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, Stand: 1.12.2017, § 95 Rz. 4 f.).
Rz. 3
Beteiligt werden sollen nach § 95 Abs. 1 Satz 2 auch die öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften und die gemeinnützigen und freien Einrichtungen. Die Vorschrift ist seinerzeit auf Bedenken des Bundesrates gestoßen, da sie in ihrer ursprünglichen Fassung eine Pflicht zur Abstimmung vorgesehen hatte. Die Länder hatten hierin eine Verletzung der kommunalen Planungshoheit gesehen, weswegen die Vorschrift entsprechend abgeschwächt wurde. Abstimmungen sollen nunmehr nur noch im Benehmen (unter Beteiligung) miteinander durchgeführt werden (BT-Drs. 9/95 S. 43). § 95 Abs. 1 Satz 2 sichert den Adressaten lediglich eine Berechtigung, am Planungsverfahren beteiligt zu werden. Weitere Beteiligungsrechte, insbesondere im Hinblick auf eine Einflussnahme auf das Planungsergebnis vermittelt die Vorschrift nicht. Letztlich werden die planenden Stellen verpflichtet, lediglich Stellungnahmen der im Gesetz genannten betroffenen Stellen einzuholen und diese bei der eigenen Planung zu berücksichtigen. Wie die Berücksichtigung der Äußerungen der zu beteiligenden Stellen erfolgt, entscheidet die planende Stelle im eigenen Ermessen.
Die betroffenen Stellen haben durch die Vorschrift lediglich ein einklagbares Recht, gehört zu werden.
Rz. 4
Es handelt sich bei § 95 Abs. 1 Satz 1 und 2 um eine Soll-Vorschrift. Als solche ist die Vorschrift im Regelfall verbindlich. Die Adressaten der Vorschrift dürfen nur in atypischen Fällen ein Ermessen dahingehend ausüben, ob und inwieweit sie von dem Abstimmungsgebot abweichen wollen (vgl. Sehnert, in: Hauck/Noftz, SGB X, Stand: 12/2011, § 95 Rz. 9).
2 Rechtspraxis
2.1 Planungen
Rz. 5
Planungen sind auf Verwaltungshandeln bezogene Absichten und deren Verwirklichung. Die Pflichten aus § 95 beziehen sich nur auf Planungen, nicht auf das an deren Ende stehende Ergebnis, den Plan. Die Abstimmung der betroffenen Stellen muss daher keine Auswirkung auf den letztlich verabschiedeten Plan haben (Herbst, in: KassKomm, SGB X, Stand: 103. EL März 2019, § 95 Rz. 16). Gegenstand von Planungen können z. B. Krankenhausbedarfsplanungen, Planungen im Bereich der Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung sowie der Bedarf von Einrichtungen der Jugendhilfe wie auch von Rehabilitationseinrichtungen sein.
2.1.1 Gemeinsame überörtliche Pläne
Rz. 6
§ 95 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 enthält den Appell an die in § 86 genannten Stellen, gemeinsame überörtliche Pläne in ihrem Aufgabenbereich über soziale Dienste und Einrichtungen, insbesondere deren Bereitstellung und Inanspruchnahme, anzustreben. Sonstige Einrichtungen sind alle Einrichtungen, in denen Sach- oder Dienstleistungen für die Sozialleistungsberechtigten erbracht werden, z. B. Reha-Einrichtungen, Kurheime etc.
2.1.2 Beteiligung freier Träger und Gebietskörperschaften
Rz. 7
Nach § 95 Abs. 1 Satz 2 sollen auch die jeweiligen Gebietskörperschaften sowie die gemeinnützigen und freien Einrichtungen und Organisationen an der Planung, insbesondere hinsichtlich der Bedarfsermittlung, beteiligt werden. Gebietskörperschaften sind Gemeinden, Landkreise und Regierungsbezirke in ihrer Eigenschaft als Verwaltungseinheiten des Landes. Freie Träger sind die in § 17 Abs. 3 SGB I genannten gemeinnützigen und freien Vereinigungen und Organisationen.
2.2 Forschung
Rz. 8
Über § 95 Abs. 2 werden die in § 86 genannten Stellen verpflichtet, auch im Bereich der Forschung Abstimmungen vorzunehmen. Dies gilt nicht nur für die von den Trägern selbst vorgenommene Forschung, sondern auch bezüglich der Vergabe von Aufträgen an Dritte. Hiermit sollen Forschungsausgaben wirtschaftlich bestritten werden. Unkoordinierte Forschungen unterschiedlicher Träger zu gleichen Objekten sollen vermieden werden. An der Forschung interessierte Träger sollen ihre Interessen gegenüber anderen forschenden Trägern äußern können. Auch hier ist der Regelungsgehalt der vorgeschriebene Gedankenaustausch. Der forschende Träger ist letztlich nicht aufgrund der Vorschrift verpflichtet, an ihn herangetragene Anregungen zu berücksichtigen.
2.3 Rechtsfolgen
Rz. 9
Verstöße gegen § 95 führen nicht zur Rechtswidrigkeit des Plans. Die unter Verstoß gegen § 95 erlassene Planung kann jedoch rechtsaufsichtlich beanstandet werden, wenn wegen des vorgenannten Versto...