Rz. 6

Für Angelegenheiten aus dem Vertragsarztrecht (§§ 69 bis 106 SGB V) sind immer sog. Vertragsarztkammern beim Sozialgericht zu bilden. Die Vertragsarztangelegenheiten umfassen die Beziehungen der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten und Krankenkassen sowie ihrer Vereinigungen, Verbände und gemeinsamen Gremien. Dazu gehören neben sog. Statusangelegenheiten (Zulassung, Ermächtigung) auch die Disziplinangelegenheiten, Honorarverteilungsfragen sowie Wirtschaftlichkeitsprüfungen. Ebenfalls zum Vertragsarztrecht zu zählen sind die Streitigkeiten auf Zulassung zur knappschaftlichen Versorgung. Da - insbesondere in der Rechtsprechung (vgl. dazu BSG, Urteil v. 11.5.2011, B 6 KA 25/10 R) - streitig diskutiert wurde, in welchen Fällen bei Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses sowie bei Streitigkeiten z. B. nach § 116b SGB V eine Zuständigkeit der Vertragsarztkammern gegeben ist, hat der Gesetzgeber Abs. 2 durch Anfügung eines Satzes 2 ergänzt und enummerativ Angelegenheiten des Vertragsarztrechts genannt.

Dabei hat sich der Gesetzgeber von folgenden Überlegungen leiten lassen. Aufgrund der in den letzten Jahren gewachsenen Vielfalt und der Mischformen der Leistungserbringung in der gesetzlichen Krankenversicherung (sog. sektorenübergreifende Versorgung) sowie der Einführung des Gemeinsamen Bundesausschusses als einheitlichem Gremium entspricht die gesetzliche Definition des Vertragsarztrechts nicht mehr den geänderten Rahmenbedingungen. Das hat zu Zuständigkeitsstreitigkeiten geführt, die im Hinblick auf die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geforderte Regelungsklarheit bei der Bestimmung des gesetzlichen Richters (BVerfG, Plenarbeschluss v. 8.4.1997, 1 PBvU 1/95) nicht hinnehmbar sind. Daher wird jetzt mit dieser Regelung klargestellt, dass zu den Streitigkeiten des Vertragsarztrechts auch die in den Nr. 1 bis 3 genannten Klagen gehören. Entscheidungen und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses, die allein die vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Versorgung betreffen, wie z. B. die Bedarfsplanungs-Richtlinie, die Arzneimittel-Richtlinie oder die Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung, sind weiterhin dem Vertragsarztrecht zuzuordnen. Dies wird nunmehr in § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ausdrücklich klargestellt. Für diese Zuordnung spricht, dass die entsprechenden Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 8 SGB V Bestandteil der Bundesmantelverträge und damit zugleich Bestandteil der Gesamtverträge nach § 83 SGB V über die vertragsärztliche Versorgung sind. Etwas anderes gilt künftig aufgrund der Bezugnahme in Nr. 2 auf die in Nr. 1 genannten Entscheidungen jedoch für Rechtsstreitigkeiten aufgrund von Entscheidungen und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses einschließlich diese betreffende Aufsichtsangelegenheiten, wenn sie keinen primären Bezug zur vertragsärztlichen oder vertragszahnärztlichen Versorgung aufweisen. Dies gilt insbesondere für Entscheidungen und Richtlinien, die sektorenübergreifend sind oder spezifisch den Krankenhausbereich betreffen. Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit den Richtlinien zur ambulanten Behandlung im Krankenhaus nach § 116b SGB V, Richtlinien nach § 137c SGB V zur Bewertung von Methoden im Krankenhaus und Beschlüsse nach § 137 Abs. 3 SGB V fallen daher künftig nicht unter den Begriff des Vertragsarztrechts. Dies gilt ebenfalls für Richtlinien nach § 137 Abs. 1 und 2 SGB V, soweit diese sich sektorenübergreifend auch auf den Krankenhausbereich beziehen oder spezifisch nur den Krankenhausbereich betreffen.

Korrespondierend hierzu wird in § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 geregelt, dass Aufsichtsangelegenheiten gegenüber dem Gemeinsamen Bundesausschuss insoweit Angelegenheiten des Vertragsarztrechts darstellen, als der Streitigkeit eine der in Nr. 1 genannten Entscheidungen oder Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zugrunde liegt. Allgemeine Aufsichtsangelegenheiten, etwa in Bezug auf die Haushalts- und Wirtschaftsführung des sektorenübergreifend besetzten Gemeinsamen Bundesausschusses, werden demgegenüber nicht den besonderen Spruchkörpern für das Vertragsarztrecht zugewiesen.

Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses, die von Versicherten erhoben werden, sind unabhängig von dem jeweiligen Regelungsgegenstand weiterhin dem Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung und damit den Spruchkörpern für Krankenversicherungsrecht (Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung) zuzuordnen, denn Abs. 2 bildet lediglich eine eng auszulegende Ausnahme von dem Grundsatz, dass Leistungs- und Leistungserbringerrecht den Spruchkörpern der Sozialversicherung zugeordnet sind.

Darüber hinaus wird ausdrücklich klargestellt, dass auch Streitigkeiten im Zusammenhang mit besonderen Formen der ambulanten ärztlichen Versorgung durch Vertragsärztinnen und -ärzte (Verträge nach §§ 73b und 73c) den Vertragsarztangelegenheiten i. S. v. § 10 Abs. 2 Satz 1 zuzuordnen sind. Mit der Gesetzesänderung zum1.1.2...

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