Rz. 16
Der Gerichtsvergleich muss vor dem Gericht, dem Vorsitzenden, dem beauftragten oder ersuchten Richter geschlossen werden. Eine ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts ist nicht Voraussetzung, da es insoweit nur auf die Beurkundungstätigkeit des Gerichts ankommt.
Rz. 17
Nach § 101 Abs. 1 ist der Vergleich zur Niederschrift zu erklären. Für die Niederschrift gelten über § 122 die Vorschriften der §§ 159 bis 165 ZPO. Ein gerichtlicher Vergleich ist gemäß § 122 SGG i. V. m. § 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO zu protokollieren und nach § 122 SGG i. V. m. § 162 Abs. 1 ZPO vorzulesen bzw. vorzuspielen oder zur Durchsicht vorzulegen und anschließend von den am Vergleich Beteiligten zu genehmigen. Eine Berichtigung analog § 138 ist möglich (LSG Bayern, Beschluss v. 29.9.2008, B 569/08 R, NZS 2009, 588 = Breith 2009, 478).
Rz. 18
Ist der Vergleich zwar vorgelesen und genehmigt worden, im Protokoll aber versehentlich der Genehmigungsvermerk nicht aufgenommen worden, so kann das Protokoll nach § 122 SGG i. V. m. § 164 ZPO auf Antrag oder von Amts wegen berichtigt werden. Ist der Vergleich tatsächlich nicht vorgelesen und genehmigt worden, so handelt es sich nicht um einen gerichtlichen Vergleich (BSG, Urteil v. 28.11.2002, B 7 AL 26/02 R, SozSich 2004 S. 143). Es liegt dann aber ein außergerichtlicher Vergleich vor (vgl. BSG, Urteil v. 28.11.2002; BSG, SozR § 101 Nr. 4). Das gilt erst recht, wenn der gesamte Vergleich nicht protokolliert worden ist. Das Gleiche gilt außerdem, wenn die nach § 122 SGG i. V. m. § 163 ZPO erforderliche Unterschrift des Richters fehlt. Allerdings kann die Unterschrift grundsätzlich nachgeholt werden. Nicht einheitlich beantwortet wird die Frage, in welchen Fällen die Unterschrift des Richters nicht mehr nachgeholt werden kann. Hierzu wird vertreten, eine Nachholung scheide bereits aus, wenn der Richter an ein anderes Gericht versetzt wird (Leitherer, in: Meyer-Ladewig, § 101 Rn. 9a). Nach a. A. ist eine Nachholung nur dann nicht mehr möglich, wenn der Richter ein anderes Amt übernimmt, nicht dagegen bei Versetzung an ein anderes Gericht (Pawlak in: Hennig, § 101 Rn. 17; Zöller, § 163 Rn. 8). Der letzteren Auffassung ist Vorzug zu geben. Eine Unterschrift der Beteiligten ist entbehrlich (LSG Sachsen, Urteil v. 3.7.2013, L 3 AS 353/10).
Rz. 19
Umstritten ist auch, wie der gerichtliche Vergleich bei Verzicht der Beteiligten auf eine mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 abzuschließen ist. Nach überwiegender Meinung gilt die übliche Form für den gerichtlichen Vergleich auch im schriftlichen Verfahren (LSG Sachsen, Beschluss v. 9.12.2010, L 6 AS 438/10 B KO, NZS 2011, 796; Leitherer, in: Meyer-Ladewig, § 101 Rn. 9). Es wird aber auch vertreten, im schriftlichen Verfahren genügten allein die Schriftsätze der Beteiligten (Peters/Sautter/Wolff, § 101 Anm. 1b, S. II/61-49). Dem kann nicht zugestimmt werden, da der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung sich nur auf die Entscheidung des Gerichts durch Urteil bezieht und die Beteiligten keine von § 101 abweichende Form des gerichtlichen Vergleichs vereinbaren können. Das SGG enthält keine Ausnahmeregelung hinsichtlich der Form des Vergleichs wie beispielsweise § 106 Satz 2 VwGO. Das Gericht ist durch die Einverständniserklärung nach § 124 Abs. 2 auch nicht gebunden. Sollten die Beteiligten nach Abgabe der Erklärung einen Termin zur Beurkundung eines Vergleichs beantragen, so steht es im Ermessen des Gerichts, dem stattzugeben.
Ob ein Gerichtsvergleich nach § 202 SGG i. V. m. § 278 Abs. 6 Satz 1 ZPO in der ab dem 1.9.2004 geltenden Fassung auch dadurch geschlossen werden kann, dass die Beteiligten einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen (2. Alt.) oder die Beteiligten dem Gericht einen schriftlichen Vorschlag unterbreiten (1. Alt.), ist auch nach der Klarstellung des Abs. 1 Satz 2 durch das BUK-NOG v. 19.10.2013 (hierzu Rz. 1) weiter umstritten (vgl. hierzu die Aufsätze von Müller, NZS 2014 S. 166; Hahn, NZS 2014 S. 368; Breitkreuz, ASR 2014 S. 52). Jedenfalls ist nach der Gesetzesbegründung eine weitere Vergleichsmöglichkeit geschaffen worden: Das Gericht kann einen Vorschlag in Form eines Beschlusses unterbreiten, der von den Beteiligte schriftlich gegenüber dem Gericht anzunehmen ist. Daneben dürfte aber auch weiterhin über § 202 i.V.m. § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO die Möglichkeit bestehen, einen schriftlichen Ver-gleichsvorschlag des Gerichts anzunehmen (2. Alt.) oder dem Gericht einen schriftlichen Vorschlag zu unterbreiten (1. Alt.); so auch Müller, NZS 2014 S. 166; a A.: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 26.8.2013, L 20 SO 50/12. Das Gericht stellt dies dann durch Beschluss fest. § 101 Abs. 1 ist insoweit nicht als abschließend anzusehen; es sind nur bestimmte Formen eines gerichtlichen Vergleichs geregelt. Das hindert nicht, ergänzende Vorschriften heranzuziehen. Da die Erklärungen unmittelbar gegenüber dem Gericht abgegeben werden, entstehen keine größeren Beweisprobleme als bei einer protokolli...