Rz. 2
Neben dem Personenkreis der Behinderten sind die Versicherten, die Versorgungsberechtigten und die Hinterbliebenen antragsberechtigt, nicht jedoch die Sozialleistungsträger. Die Sozialleistungsträger haben allein die Möglichkeit, von sich aus im Verlaufe des Rechtsstreits ein – weiteres – Sachverständigengutachten in Auftrag zu geben. Umgekehrt hat allerdings auch der antragsberechtigte Personenkreis des § 109 neben dem aus dieser Vorschrift erwachsenden Recht die Möglichkeit, ein sog. Privatgutachten einzuholen und es dem Gericht zur Verwertung als Urkunde vorzulegen.
Rz. 2a
In der gerichtlichen Praxis ist gelegentlich die Unterscheidung schwierig, ob ein Antrag nach § 109 gestellt ist oder ein Antrag gestellt bzw. eine Anregung formuliert wird, der/die auf die Durchführung von Ermittlungen von Amts wegen abzielt. Die bloße Anregung oder ein bloßer Vorschlag, einen bestimmten Arzt zu hören, stellt regelmäßig noch keinen Antrag nach § 109 dar (vgl. LSG Hessen, Urteil v. 6.10.1998, L 4 SB 1196/96, juris). Hat der zuständige Richter Zweifel, so wird er nach § 106 Abs. 1 vorgehen und sich den unklaren Antrag erläutern lassen. Klarheit ergibt sich oft spätestens dann, wenn der zuständige Richter in der Annahme, einen Antrag nach § 109 vor sich zu haben, nach § 109 Abs. 1 Satz 2 verfährt und einen Kostenvorschuss anfordert.
Zulässig ist es, den Antrag nach § 109 nur hilfsweise für den Fall zu stellen, dass das Gericht keine Ermittlungen nach § 103 (mehr) vornimmt bzw. der Klage nicht aus anderen Überlegungen heraus stattgibt.
Zulässig ist es auch, den Antrag darauf zu beschränken, dass ein Gutachten nach Aktenlage eingeholt werde. Ebenso wenig begegnet es Bedenken, wenn der Antragsteller – gleich dem im Rahmen eines nach § 103 erteilten Gutachtenauftrags untersuchten Probanden – einzelne Untersuchungen ablehnt (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 25.1.2001, L 2 B 48/00, E-LSG B-206). In den beiden letztgenannten Fällen handelt es sich um nichts anderes als – zulässigerweise – selbst auferlegte Antragsbeschränkungen. Der Antragsteller hat allerdings in diesen Fällen jeweils – auch insofern gleich der Sachlage bei einem von Amts wegen eingeholten Gutachten – die beweisrechtlichen Nachteile seines Verhaltens zu tragen (vgl. Kommentierung zu § 103 Rz. 10 f.).
Unproblematisch ist es auch, wenn ein bereits früher einmal gestellter, dann aber zurückgenommener Antrag erneut gestellt wird.
Rz. 3
Das Antragsrecht nach § 109 Abs. 1 Satz 1 gilt für jede Instanz gesondert. § 153 Abs. 1 verweist für das Berufungsverfahren auf § 109, § 165 Satz 1 für das Revisionsverfahren auf § 153, wobei wegen § 163 die Vorschrift des § 109 im Revisionsverfahren nicht bedeutsam ist.
Rz. 4
Ein in der ersten Instanz gestellter Antrag, dem das Gericht – etwa wegen § 109 Abs. 2 – nicht stattgegeben hat, wirkt nicht in die zweite Instanz fort. Dies folgt bereits aus der Eigenständigkeit der Verfahren. Daher ist auch der Auffassung nicht zu folgen, das Antragsrecht sei verbraucht, wenn bereits in erster Instanz ein Gutachten auf demselben Fachgebiet auf Antrag und im Kostenrisiko des Versicherten eingeholt worden sei, so dass das Gericht dem wiederholenden Antrag nur stattzugeben brauche, wenn besondere Gründe dies rechtfertigten (so BSG, Urteil v. 6.5.1958, 10 RV 813/56, SozR § 109 Nr. 18; LSG BW, Urteil v. 14.10.1998, L 2 U 688/98, HVBG-INFO 1999 S. 3095 ff.; LSG BW, Urteil v. 6.2.2006, L 1 U 2572/05, HVBG-INFO 2006 S. 873 ff.; LSG Schleswig-Holstein, Urteil v. 20.7.2000, L 5 U 42/99, HVBG-INFO 2000 S. 2732 ff.; LSG NRW, Beschluss v. 27.3.2006, L 17 U 256/05, juris).
Das Fortwirken eines Antrags nach § 109 – innerhalb derselben Instanz – kann vom Gericht nicht unterstellt werden, wenn zwischenzeitlich Ermittlungen von Amts wegen geführt worden sind. Das Gericht wird vielmehr Nachfrage halten, ob der Antrag bekräftigt wird. Diese Nachfrage kann konkludent erfolgen, indem für das von dem benannten Arzt einzuholende Gutachten ein Kostenvorschuss angefordert wird. Wird der Kostenvorschuss eingezahlt, so ist jedenfalls damit der Antrag gestellt.
Rz. 5
Der Antrag muss auf die gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes gerichtet sein. § 109 beinhaltet also nicht die Möglichkeit, die Anhörung eines Arztes als Zeugen über etwa in der Vergangenheit erhobene Befunde durchzusetzen.
Der zu hörende bestimmte Arzt muss nicht mit vollem Namen und voller Anschrift bezeichnet werden. Es genügt, dass er eindeutig identifizierbar ist. Treffen die Angaben in dem Antrag auf mehrere Ärzte zu, so ist der Antrag nicht wirksam gestellt. Die Formulierung, es werde Antrag nach § 109 gestellt, der zu hörende Arzt werde noch benannt, ist ebenso wenig ausreichend. Der Antrag ist wirksam vielmehr erst mit der Benennung des Arztes gestellt, was im Hinblick auf § 109 Abs. 2 bedeutsam sein kann.
Andere Personen als Ärzte, z. B. Heilpraktiker, Psychologen oder Pflegefachkräfte, unterfallen nicht dem Tatbestand des § 109 (vgl. BSG, Beschluss v. 17.3.2010, B 3 P 33/09 B, juris; LSG NRW, Urt...