2.1 § 110 Abs. 1
Rz. 2
Ort der mündlichen Verhandlung ist, wie § 110 Abs. 2 inzidenter zu entnehmen ist, der Gerichtssitz (vgl. BSG, Beschluss v. 15.5.1998, B 11 AL 91/98 B, juris). Das BSG (a. a. O.) folgert hieraus, dass die Angabe des Ortes im Urteil entbehrlich ist, sofern die mündliche Verhandlung am Gerichtssitz stattgefunden hat.
Die Verwaltung hat die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass genügend Sitzungsmöglichkeiten vorhanden sind. Die mündliche Verhandlung findet – entsprechend der Bestimmung des Kammervorsitzenden – jedoch nicht notwendigerweise in einem Verhandlungssaal des Gerichtsgebäudes statt. Abgesehen von dem Tatbestand des § 110 Abs. 2 gilt über § 202 die Vorschrift des § 219 ZPO, wonach die Verhandlung an einem anderen Ort als der Gerichtsstelle abgehalten werden kann, wenn die Einnahme eines Augenscheins an Ort und Stelle, die Verhandlung mit einer am Erscheinen vor Gericht verhinderten Person oder eine sonstige Handlung einen anderweitigen Sitzungsort erforderlich macht. Allerdings dürfen Gerichtssitzungen grundsätzlich nur im Bundesgebiet stattfinden. Im Regelfall untersagt das Völkerrecht die Abhaltung von Sitzungen außerhalb des Staatsgebietes (vgl. Möhlenbruch, NZS 2011 S. 417 ff.).
Die ehrenamtlichen Richter wirken weder an der Bestimmung des Ortes noch an der Bestimmung der Zeit der mündlichen Verhandlung mit.
Rz. 3
Bei Bestimmung der Zeit der mündlichen Verhandlung ist der Vorsitzende in Ausübung seiner richterlichen Unabhängigkeit frei. Der verständige Vorsitzende wird sich im Hinblick auf die Verpflichtung aus Art. 19 Abs. 4 GG, effektiven Rechtsschutz zu leisten, von der Dauer der Anhängigkeit eines Streitverfahrens leiten lassen. Andere Gesichtspunkte bei der Zusammenstellung von Sitzungsterminen werden oftmals die Bildung von Fallgruppen innerhalb einer Sitzung, die Schwierigkeit einer Streitsache in materiell-rechtlicher Hinsicht, örtliche Gesichtspunkte betreffend die Anreise, Zusammenstellung verschiedener Streitsachen nach Prozessbeteiligten u.Ä. sein.
Unzulässig ist die Einflussnahme der Dienstaufsicht auf eine konkrete Terminierung. Die Dienstaufsicht hat sich vielmehr jeder direkten, indirekten oder auch nur mentalpsychischen Einwirkung zu enthalten (BGH, Dienstgericht des Bundes, Urteil v. 20.6.2001, RiZ [R] 2/00, DRiZ 2002 S. 226).
Auf Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende sind gemäß § 202 SGG i. V. m. § 216 Abs. 3 ZPO Termine nur in Notfällen anzuberaumen.
Rz. 4
Nicht untersagt ist es, verschiedene Streitsachen auf denselben Zeitpunkt zu laden. Diese in der ordentlichen Gerichtsbarkeit vielfach praktizierte Terminierungsweise wird der Vorsitzende in der Sozialgerichtsbarkeit jedoch allenfalls dann anwenden, wenn er konkrete Hinweise darauf hat, dass Beteiligte, Zeugen oder Sachverständige, deren Erscheinen zum Termin für eine Entscheidung unerlässlich ist, sich ihrer Erscheinensverpflichtung entziehen werden, so dass er sich zügig einer anderen Streitsache zuwenden kann. Wenn eine Streitsache aber ungeachtet des Nichterscheinens entscheidungsreif erscheint, kann das Gericht jedenfalls nach einer Wartezeit von 20 Minuten ein Urteil verkünden. Der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG, § 62 ist nicht verletzt, wenn ein nicht erschienener Beteiligter sein Ausbleiben nicht angekündigt oder eine Verspätung nicht angezeigt hat (vgl. LSG NRW, Urteil v. 27.1.1993, L 11 Ka 29/92, Breithaupt 1993 S. 692 ff.). Bei Mängeln in der Ausführung der richterlichen Terminsbestimmung jedoch kann in der Entscheidung der Streitsache nach Nichterscheinen eines Beteiligten ein Verfahrensmangel liegen (BSG, Urteil v. 28.1.1993, 2 RU 45/92, HV-INFO 1993 S. 905 f.; BSG, Urteil v. 17.7.1997, 7 RAr 34/97, juris). Ein Verfahrensmangel ist wiederum nicht gegeben, wenn ein Beteiligter während einer dem Gericht nicht angezeigten Urlaubsabwesenheit geladen worden ist. Der Beteiligte ist im Regelfall gehalten, das Gericht von seiner Abwesenheit zu unterrichten oder aber Vorsorge zu treffen, dass er von dem Inhalt der an ihn gerichteten Post Kenntnis erlangt (BSG, Beschluss v. 14.11.2008, B 12 KR 82/07 B, juris).
Rz. 5
Die Anberaumung des Verhandlungstermins ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar. Es handelt sich um eine prozessleitende Verfügung, für die § 172 Abs. 2 gilt. Ebenso wenig vorgesehen ist die Beschwerdemöglichkeit gegen die Nichtanberaumung eines Termins. Geklärt sein dürfte die Frage, ob die Terminsbestimmung der vollen Namensunterschrift des Vorsitzenden bedarf oder ob eine Paraphe ausreicht. Hatte der 5. Senat des BSG zunächst die Auffassung vertreten, dass die bloße Paraphierung nicht ausreicht (vgl. BSG, Urteil v. 5.12.1989, 5 RJ 26/89, SozR 1500 § 63 Nr. 3), so ist dem der 8. Senat in zwei Entscheidungen entgegengetreten (BSG, Urteil v. 22.8.1990, 8 RKn 14/88, SozR 3 2200 § 1248 Nr. 2, und BSG, Urteil v. 30.1.1991, 8 RKn 14/90, SozR 3 5750 Art. 2 § 62 Nr. 5). Der 5. Senat hat sich dieser Sichtweise sodann angeschlossen (BSG, Urteil v. 22.4.1992, 5 BJ 84/91, juris). Die Rechtspr...