Rz. 7
Vorschriften zum Zeugenbeweis finden sich in der ZPO in den §§ 373 ff. bis 401. § 118 erklärt diese Vorschriften für entsprechend anwendbar mit Ausnahme der §§ 379, 387 Abs. 3 und 391 ZPO. Das Zivilprozessreformgesetz hat Änderungen gebracht zu §§ 375, 378, 380, 381 und 390 ZPO. Hervorzuheben ist dabei die Ersetzung der Beschwerde durch die sofortige Beschwerde, was die Textfassung von §§ 380 Abs. 3 und 390 Abs. 3 ZPO beeinflusst hat.
Jede natürliche Person kommt grundsätzlich als Zeuge in Betracht. Auf die Geschäftsfähigkeit kommt es nicht an. Bei Kindern hat das Gericht aber in besonderem Maße zu prüfen, ob die Vernehmung erforderlich erscheint oder anderweitige im Wesentlichen ebenso geeignete Beweismittel zur Verfügung stehen. Die Beteiligten des Rechtsstreits kommen als Zeugen nicht in Betracht. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die ZPO mit den §§ 445 ff. ZPO eigene Vorschriften zur Parteivernehmung kennt, die von § 118 für im sozialgerichtlichen Verfahren nicht anwendbar erklärt werden. Ein – notwendig – Beigeladener kann jedoch als Zeuge zu solchen Tatsachen befragt werden, die seine durch § 75 geschützten Interessen nicht berühren. Dies ist dann der Fall, wenn er Tatsachen bekunden soll, die ausschließlich für andere Beteiligte von Bedeutung sind (BSG, Beschluss v. 10.5.2000, B 6 KA 49/99 B, juris).
Ein Zeuge soll über Wahrnehmungen aussagen, die er in der Vergangenheit gemacht hat. Wenn etwa ein Arzt dazu befragt werden soll, welche Befunde er bei einem Kläger erhoben hat, so beinhaltet die betreffende Ladung nicht die Aufforderung an den Arzt, den Kläger einzubestellen und sich überhaupt erst das Wissen zu verschaffen, welches dem Gericht unterbreitet werden soll. Wenn der Arzt dies trotzdem tut, hat er weder Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen, die ihm durch die Einbestellung entstanden sind, noch Anspruch auf eine Vergütung für die Untersuchung.
§ 373 ZPO ist in seiner Formulierung durch die im zivilprozessualen Verfahren geltende Parteienmaxime bestimmt. Im sozialgerichtlichen Verfahren hat die Benennung eines Zeugen nur den Charakter einer Anregung und Arbeitserleichterung gegenüber dem Gericht. Das Gericht ist vielmehr, wenn es zu der Erkenntnis gelangt, dass die Vernehmung einer bestimmten Person als Zeuge erforderlich ist, verpflichtet, selbst alle erforderlichen Ermittlungen zur Identifizierung dieser Person durchzuführen. Es kann die Beteiligten dabei um Mithilfe bitten und diese Unterstützung wird vernünftigerweise nicht verweigert werden. Eine Verpflichtung der Beteiligten besteht insofern jedoch grundsätzlich nicht. Oft ist das Gericht mangels anderer Möglichkeiten auf die Kooperation eines der Beteiligten angewiesen. Erforderlich ist dann etwa, um eine Ladung wirksam vornehmen zu können, die Angabe der vollständigen Personalien und Anschrift (vgl. BSG, Beschluss v. 10.5.2000, B 6 KA 49/99 B, juris).
Rz. 7a
Der Anregung, einen bestimmten Zeugen zu hören, braucht das Gericht grundsätzlich nur dann keine Beachtung zu schenken, wenn das angebotene Beweismittel schlechterdings untauglich ist, wenn es auf die unter Beweis gestellte Tatsache nicht ankommt oder wenn diese ohne Folgen für die rechtliche Würdigung als wahr unterstellt werden kann (vgl. BSG, Urteil v. 23.8.2001, B 13 RJ 59/00 R, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 17; BSG, Urteil v. 14.3.2002, B 13 RJ 15/01 R, juris).
Im sozialgerichtlichen Verfahren ist es oft erforderlich, Mitarbeiter eines – beklagten – Sozialleistungsträgers als Zeugen zu hören. Das Gericht hat in diesen Fällen dem § 376 ZPO besondere Beachtung zu schenken. Entgegen vereinzelt vorzufindender Praxis ist die erforderliche Aussagegenehmigung nach § 376 Abs. 3 ZPO durch das Prozessgericht einzuholen und nicht vom Zeugen selbst zu besorgen.
Rz. 7b
Eine wichtige Vorschrift ist § 377 ZPO. § 377 Abs. 2 ZPO normiert die notwendigen Bestandteile einer Zeugenladung. § 377 Abs. 3 ZPO gibt dem Gericht die Möglichkeit, unter bestimmten engen Voraussetzungen eine schriftliche Beantwortung der Beweisfrage anzuordnen. Die schriftliche Zeugenanhörung steht grundsätzlich der persönlichen Vernehmung gleich. Eine Ladung hat nach durchgeführter schriftlicher Vernehmung nur noch dann zu erfolgen, wenn dies zur weiteren Klärung der Beweisfrage notwendig ist (vgl. LSG BW, Urteil v. 1.3.2000, L 5 AL 2625/99, juris).
Auch § 378 ZPO hat eine gerade für das sozialgerichtliche Verfahren nicht zu unterschätzende Bedeutung. Das in der sozialgerichtlichen Praxis leider wiederholt vorkommende Problem, dass Ärzte der gerichtlichen Bitte nach § 106 Abs. 3 Nr. 3, einen Befundbericht zu erstatten, nicht nachkommen, lässt sich oft nicht anders lösen als durch eine Ladung dieses Arztes zur Zeugenvernehmung (vgl. LSG Hessen, Beschluss v. 14.12.2010, L 4 SF 11/10 B, juris). Um zu verhindern, dass der Arzt sanktionslos sich dahin einlassen kann, er könne sich bei der Größe seines Patientenstammes an Einzelheiten des Krankheitsbildes des Klägers nicht erinnern, fordert das Gericht ihn mit der Ladung auf, ge...